Brandherd
Abspülen erwies sich seine Farbe als ein sehr leuchtendes Orange, und darauf befand sich eine abstrakte Zeichnung.
»Sieht für mich aus wie eine Herrenuhr«, bemerkte Fielding.
»Auch Frauen tragen so große Uhren«, sagte ich. »Ich auch. Damit ich was erkennen kann.«
»Könnte das vielleicht 'ne Art Sportuhr sein?«
»Schon möglich.«
Wir drehten den C-Arm in alle Richtungen, und während die Röntgenstrahlen den Leichnam und den ganzen Schmutz und den verbrannten Stoff, die ihn umgaben, durchleuchteten, setzten wir unsere Ausgrabung fort. Ich stieß auf etwas, das der Form nach wie ein Ring aussah, der irgendwo unter der rechten Gesäßhälfte sein musste , doch als ich ihn zu greifen versuchte, war nichts da . Da die Leiche auf dem Rücken gelegen hatte, war ein großer Teil der hinteren Partien unversehrt geblieben, die Kleidung eingeschlossen. Ich schob die Hände unter das Gesäß und zwängte die Finger in die Gesäßtaschen der Jeans, aus der ich eine halbe Mohrrübe und so etwas wie einen schlichten Ehering hervorzog, der auf den ersten Blick aus Stahl zu sein schien. Dann erkannte ich, dass es Platin war.
»Der sieht auch aus, als gehörte er einem Mann«, meinte Fielding.
»Es sei denn, sie hatte richtig dicke Finger.«
Er nahm mir den Ring aus der Hand, um ihn näher zu betrachten.
Der Gestank von verbranntem, verwesendem Fleisch stieg von dem Tisch auf, als ich noch weitere seltsame Hinweise darauf entdeckte, was diese Frau gemacht haben mochte, ehe sie starb. Da gab es dunkle, derbe Tierhaare, die an nassem, schmutzigem Jeansstoff hafteten, und wenn ich auch nicht sicher sein konnte, so war ich doch ziemlich überzeugt, dass es Pferdehaare waren.
»Nichts eingraviert«, sagte er und ließ den Ring in einer Beweistüte verschwinden.
»Nein«, bestätigte ich mit wachsender Neugier.
»Wenn man nur wüsste, weshalb sie ihn in der Hosentasche hatte, statt ihn zu tragen.«
»Gute Frage.«
»Es sei denn, sie hätte gerade irgendetwas gemacht, was sie veranlasst hat, ihn abzunehmen«, überlegte er laut. »Manche Leute nehmen doch ihren Schmuck ab, wenn sie sich die Hände waschen.«
»Vielleicht hat sie ja die Pferde gefüttert.«
Ich sammelte mehrere Haare mit der Pinzette ein.
»Vielleicht das schwarze Fohlen, das heil davongekommen ist?«, mutmaßte ich.
»Na schön«, sagte er und hörte sich äußerst skeptisch an. »Und dann was? Sie beschäftigt sich mit dem kleinen Kerl, füttert ihn mit Mohrrüben, und dann bringt sie ihn nicht in seine Box zurück? Wenig später steht alles in Flammen, einschließlich der Ställe und der Pferde in ihren Boxen? Doch das Fohlen entkommt?«
Er warf mir über den Tisch hinweg einen Blick zu.
»Selbstmord?«, spekulierte er weiter. »Und sie hat es nicht über sich gebracht, auch das Hengstfohlen umzubringen? Wie heißt es noch - Windsong?«
Im Augenblick ließ sich jedoch keine dieser Fragen beantworten, und so machten wir weiter Röntgenaufnahmen von Gegenständen und Pathologie, um zu einem endgültigen Fallbericht zu gelangen. Die meiste Zeit jedoch erforschten wir, was wir in Originalgröße auf dem Bildschirm sahen, und stießen dabei auf Nieten von Jeans und eine intrauterine Verhütungsvorrichtung, die nahe legte, dass sie sexuell mit Männern verkehrt hatte.
Zu unseren Funden gehörten ein Reißverschluss und ein geschwärzter Klumpen von Baseballgröße, der, wie sich herausstellte, aus einem kleingliedrigen stählernen Armband und einer Schlangenkette bestand, an der drei Kupferschlüssel hingen. Abgesehen von den Konfigurationen der Schädelknochen, die bei jedem menschlichen Wesen so unverwechselbar sind wie die Fingerabdrücke, und einer einzigen Porzellankrone am rechten Schneidezahn entdeckten wir nichts irgendwie Auffälliges, das eine Identifizierung hätte ermöglichen können.
Es war fast zwölf, als wir sie über den Flur in de n Autopsiesaal zurückrollten und ihren Tisch in die hinterste Ecke, wo wenig Betrieb war, an das Sektionsbecken heranschoben. An anderen Becken ging es laut und betriebsam zu. Wasser trommelte auf den Edelstahl, und Trittleitern wurden hin und her geschoben, während andere Ärzte Organe sezierten und wogen und ihre Befunde in winzige Mikros diktierten. Einige Ermittlungsbeamte schauten zu. Man unterhielt sich dabei auf die typisch respektlose Art und in Satzfetzen. Unsere Kommunikation war so zufällig und zerrissen wie die Leben unserer Fälle.
»'tschuldigung, aber ich muss mal gerade an deinen
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