Brandherd
Sie mal«, sagte ich. Fielding und dann McGovern beugten sich über das Mikroskop.
»Hat einer von Ihnen je so was gesehen?«, fragte ich.
Ich zog die Folie von den entwickelten Fotos ab, um sicherzugehen, dass sie alle brauchbar waren.
»Das erinnert mich an Lametta, wenn es alt und knittrig geworden ist«, meinte Fielding.
»Stammt von dem Gegenstand, der sie geschnitten hat, was immer es gewesen ist«, war alles, was McGovern dazu einfiel.
»Würde ich auch denken«, stimmte ich zu. Ich entfernte das weiße Stoffviereck vom Objektträger und bewahrte die Späne zwischen Wattebäuschen auf, die ich in einer metallenen Beweiskapsel verschloss.
»Noch was fürs Labor«, sagte ich zu McGovern.
»Wie lange wird das denn dauern?«, wollte sie wissen. »Falls es irgendeinen Engpass geben sollte, könnten wir das auch in Rockville erledigen.«
»Es wird keinen Engpass geben.« Ich sah Fielding an und sagte:
»Ich glaube, von jetzt an komme ich allein zurecht.«
»Okay«, sagte er. »Dann mach ich mich mal an die Nächste.«
Ich öffnete den Hals, um nach eventuellen Verletzungen der Organe und Muskeln zu sehen. Ich begann mit der Zunge, die ich entfernte, während McGovern weite r stoisch zusah. Es war eine üble Prozedur und nur was für starke Nerven.
»Nichts dran«, sagte ich, während ich die Zunge abspülte und mit einem Tuch trocken tupfte. »Keine Bissmale, die auf Würgen schließen lassen. Keine anderen Verletzungen.«
Ich schaute in die schimmernden glatten Wände der Luftröhre hinein und fand keinen Ruß, was bedeutete, dass sie nicht mehr geatmet hatte, als Hitze und Flammen sie erreichten. Aber ich fand auch Blut, und das war eine weitere ominöse Neuigkeit.
»Noch eine prämortale Verletzung«, sagte ich.
»Kann nicht irgendwas auf sie draufgefallen sein, als sie schon tot war?«, fragte McGovern.
»So ist das nicht zustande gekommen.«
Ich trug die Verletzung in ein Diagramm ein und diktierte den Sachverhalt in das Aufnahmegerät.
»Blut in der Luftröhre bedeutet, dass sie es eingeatmet hat - oder angesaugt«, erklärte ich. »Was logischerweise bedeutet, dass sie noch atmete, als sie die Verletzung davongetragen hat.«
»Welche Art von Verletzung?«, fragte sie dann.
»Eine Stichverletzung. Die Kehle durchstochen oder durchgeschnitten. Ich sehe keine weiteren Anzeichen für Verletzungen an der Schädelbasis, an der Lunge oder am Hals, keine Quetschungen oder gebrochenen Knochen. Ihr Zungenbein ist intakt, und die Knochen des Kehlkopfes sind zusammengewachsen, was möglicherweise darauf schließen lässt, dass sie älter als zwanzig ist und höchstwahrscheinlich nicht mit den Händen oder einer Schlinge erwürgt wurde.«
Ich begann erneut zu diktieren.
»Die Haut unter dem Kinn und die Oberflächenmuskulatur sind weggebrannt«, sprach ich in das kleine Mikro an meinem Kittel.
»Hitzekoaguliertes Blut in der distalen Trachea, in den primären, sekundären und tertiären Bronchien. Hämoaspiration und Blut im Ösophagus.«
Ich machte den y-förmigen Körperlängsschnitt, um den dehydrierten, zerstörten Körper zu öffnen, und größtenteils erwies sich die restliche Autopsie als Routine. Wenn die Organe auch gekocht waren, war ihr Zustand doch im Bereich des Erwartbaren, und die Fortpflanzungsorgane bestätigten das Geschlecht als weiblich. Auch im Magen hatte sie Blut; ansonsten war er leer und schlauchartig, was darauf schließen ließ, dass sie gewöhnlich nicht sehr viel gegessen hatte. Doch stieß ich auf keinerlei Krankheiten oder weitere alte oder frische Verletzungen. Die Körpergröße ließ sich nicht mit letzter Gewissheit bestimmen, doch vermochte ich sie anhand der Tabellen von Trotter und Gleser zu schätzen, mit deren Hilfe man von der Oberschenkellänge auf die Statur des Opfers schließen kann. Ich setzte mich an einen Schreibtisch in der Nähe und durchblätterte Bass' Human Osteology, bis ich die entsprechende Tabelle für weiße Amerikaner weiblichen Geschlechts gefunden hatte. Ausgehend von einem fünfzig Komma zwei Millimeter Oberschenkelknochen-Durchmesser und einer Länge von einundfünfzig Zentimetern, war eine Körpergröße von ein Meter achtundsiebzig anzusetzen.
Das Gewicht ließ sich nicht so exakt bestimmen, da es keinerlei Tabelle, kein Diagramm und keine wissenschaftliche Formel gab, die mir Aufschluss hätte geben können. Tatsächlich erschließen wir das Körpergewicht nur anhand der vorhandenen Kleidung, und in diesem Fall hatte das Opfer Jeans
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