Brandstifter - Paretsky, S: Brandstifter - Burn Marks

richtigen Leute zu schmieren. Als sie das Geschäft von Ernies Daddy übernahmen, vergrößerte es sich folglich im Verlauf von Boots’ Karriere. Er und sein Freund Ralph mußten nur wollen, daß sie Alma Mejicana für das Ryan-Projekt mit Lastwagen, Maschinen und Personal aushalfen, und sie waren mit Freuden dazu bereit.
    »Was ist denn los mit Ihnen, Engelchen?« Ich fuhr herum, als ich Mr. Contreras’ rauhe Stimme hinter mir hörte. »Sie wissen doch, daß ich seit zehn Jahren keinen Kanarienvogel mehr halte. Ich habe den Käfig nur aufgehoben, weil Clara Kanarienvögel so liebte. Sie denken doch nicht daran, sich einen Vogel anzuschaffen? Vielleicht glauben Sie, man muß sich nicht viel um sie kümmern, nicht so wie um die Prinzessin, aber es geht nicht, daß Sie ein Tier halten, wenn Sie dauernd fort sind.«
    »Ich habe nicht über Kanarienvögel nachgedacht«, sagte ich friedlich. »Jemand oben?«
    »Wir sind auch die Küchentreppe hinaufgegangen, falls Sie sich gefragt haben, wo wir so lange bleiben. Niemand da. Hatte den Eindruck, daß jemand versucht hat, Ihre Schlösser aufzukriegen, aber sie sind in Ordnung. Vielleicht sollten Sie aber hier unten übernachten. Ich komme bestimmt nicht zur Ruhe, wenn ich mich dauernd frage, was Ihnen passieren könnte.«
    »Oben bin ich auch in Sicherheit«, versicherte ich ihm. »Die Kerle wissen, daß Sie sie gesehen haben. Sie kommen bestimmt nicht zurück. Selbst wenn sie einen anderen Trupp auftreiben könnten, hätten sie bestimmt Angst davor, daß Sie die Polizei auf ihre Spur bringen könnten. Ich schließ alles ab und spanne ein Seil über den Treppenabsatz, okay?«
    Es war nicht okay, und er erklärte mir lang und breit, warum. Ich konnte nicht entscheiden, ob er sich wirklich Sorgen machte oder ob er nur eine größere Rolle in meinem Leben spielen wollte. Wie auch immer, ein möglicher Einbruch war mir lieber als eine Nacht auf seiner durchgesessenen Couch neben dem leeren Vogelkäfig.
    »Dann schlafe ich hier, Süße. Wenn jemand kommt, bellt die Prinzessin, und wir sind im Handumdrehen oben.«
    Ich fragte mich kurz, ob die beiden mitten in der Nacht einen heiteren Zusammenstoß mit Rick und Vinnie erleben würden. Dafür hätte sich das Aufstehen gelohnt. Ich bedankte mich ernst für seine Sorge und ergriff die Flucht.

40 Von Haus und Hof vertrieben
    Ich ließ mir ein Bad ein, aber meine Gedanken rasten so, daß ich mich nicht entspannen konnte. Ich stieg aus der Wanne und versuchte, Murray zu erreichen. Er war nicht da, weder in der Redaktion noch zu Hause. Ich dachte daran, Bobby anzurufen, konnte mir aber seine Reaktion nur allzugut vorstellen. Beschuldigungen gegen den Vorsitzenden des County-Rats und seine reichen Kameraden? Das war noch schlimmer, als den Jungs in seiner Truppe den Kopf zu verdrehen. Das gehört sich einfach nicht, Vic, alte Schreckschraube – wenn du auch nur eine Spur Klasse hättest, würdest du das begreifen.
    Ich schaute aus dem Fenster. Trotz meiner tapferen Worte zu Mr. Contreras fühlte ich mich allein hier oben, einsam und verletzbar. Ich fragte mich, ob die beiden Männer, die mich hatten besuchen wollen, wirklich vorhatten, mir aufzulauern, oder ob sie in Wahrheit ein harmloses Vertreterduo gewesen waren. Waren sie die Antwort, die mir Ralph MacDonald innerhalb von vierundzwanzig Stunden versprochen hatte? Führte der Mann, der auf der Straße herumbummelte, wirklich nur seinen Hund spazieren, oder wartete er, daß ich herauskam?
    Ich ließ das Rollo los und ging wieder zum Telefon, um Lotty anzurufen.
    »Vic! Ich habe mir schon solche Sorgen gemacht, weil ich tagelang nichts von dir gehört habe. Wie geht es dir?«
    »Das weiß ich nicht genau. Ich habe einen Tiger am Schwanz gepackt und glaube nicht, daß ich stark genug bin, mich mit ihm herumzuschlagen.«
    »Was für einen Tiger?« fragte Lotty.
    Ich erzählte ihr, wohin mich meine Überlegungen geführt hatten. »Ich habe ein bißchen Angst, Lotty. Und ich mache mir immer noch Sorgen um meine Tante. Sie muß gesehen haben, wer das Feuer gelegt hat. Sie hat es vermutlich mit einer netten kleinen Erpressung versucht, gemeinsam mit Cerise. Und jetzt versteckt sie sich an irgendeinem unsicheren Ort. Ich weiß nicht, wie ich sie finden soll. Die Bullen helfen mir. Das heißt, ein Bulle hilft mir«, verbesserte ich mich, weil mir einfiel, daß Finchley nicht einmal gewußt hatte, daß Elena wieder weggelaufen war. »Und jetzt ist mein Auto kaputt, und ich kann nicht einmal