Brandstifter - Paretsky, S: Brandstifter - Burn Marks
…«
Mein Gedanke brach ab und mit ihm erstarb meine Stimme. Ein Bulle wußte, daß Elena ausgerissen war, weil er eigens, um mit ihr zu sprechen, ins Michael Reese gegangen war. Genauso, wie er mir vor zwei Wochen ihre Adresse entlockt hatte, damit er zu ihr gehen konnte.
Die Polizei scherte sich einen Dreck darum, wenn eine heruntergekommene alte Säuferin in einer Nobelgegend jungen Männern nachstellte. Michael hatte sich dafür interessiert.
McGonnigals Reaktion auf das Goldarmband ging mir wie ein Blitz durch den Kopf, und ich sah alles so detailliert vor mir, daß ich glaubte, was in mir war, müsse auch ohne Worte nach außen kommen. Ich wußte sogar wieder, wo ich das Armband schon gesehen hatte: Er hatte es im Februar getragen, als ich zu seiner Geburtstagsparty gegangen war, die seine Freunde für ihn gegeben hatten. McGonnigal mußte geglaubt haben, ich hätte das Armband mitgebracht, um mit meiner seit langem abgekühlten Liebelei mit Michael anzugeben. Deshalb hatte er mir nicht gesagt, daß es Furey gehörte.
Nur hatte nicht Furey es in meiner Wohnung hinterlassen. Das waren Elena und Cerise gewesen. Als sie bei mir schliefen, hatten sie es unter die Matratze gelegt, wie man das eben so macht. Und am Morgen, als es Cerise so schlecht ging, vergaßen sie es.
»Vic – was ist los? Du bist doch nicht ohnmächtig geworden, oder?« Lotty sprach scharf; mir wurde bewußt, daß ich stumm und taub mit dem Hörer in der Hand dastand.
»Nein. Nein. Ich habe eben bloß etwas begriffen, was mir schon lange hätte aufgehen müssen.«
»Am dringendsten brauchst du jetzt eine warme Mahlzeit und Schlaf. Ich könnte dich doch abholen – du bekommst Suppe und ein Bett in meinem Gästezimmer. Dann hast du morgen die Kraft, über die neuesten Modelle von Tigerfallen nachzudenken.«
Das Angebot war so verlockend, daß ich es nicht ablehnen konnte, obwohl mein Kopf wegen Michael raste. Ich zog die Jeans wieder an und warf ein paar Sachen in meinen Rucksack – darunter auch ein Ersatzmagazin für die Smith & Wesson.
Elena hatte Cerise am Abend von Boots’ Barbecue in meine Wohnung gebracht. Michael war zu meinem Haus zurückgefahren und wartete auf mich, als ich hielt. Er bekam einen Notruf und konnte nicht bleiben; das sagte er jedenfalls. Ein Dreifachmord. Das würde ich irgendwann nachprüfen – falls ich heute nacht überlebte. Ich zweifelte schon jetzt daran, daß der Mord je geschehen war.
Nein – er war in den Hausflur gegangen und hatte dort Elena und Cerise angetroffen, die auf Elenas Matchsack saßen. Sie waren mit dem Märchen über Cerises Baby hergekommen, in der Hoffnung, Geld aus der Versicherung herauszuquetschen. Dann sahen sie Michael, setzten ihn unter Druck. Sie hatten ihn vor dem Brand am Indiana Arms gesehen, so mußte es gewesen sein. Er hatte einen Draht zu Roland Montgomery. An ihn würden die Kameraden sich wenden, wenn sie wollten, daß ein Gebäude niedergebrannt wurde. Warum die Kumpel in den Fall verwickelt waren, konnte ich nicht sagen. Aber sie mußten wohl Boots hin und wieder einen Gefallen getan haben, als Ausgleich für die Verträge. Und Michael tat den Kumpeln hin und wieder einen Gefallen, weil sie noch immer die netten Jungs von nebenan waren.
Elena hatte ihn erkannt, als er nach Boots’ Party in den Hausflur kam. Sie liebe Jungen mit wunderschönen Augen, hatte sie vermutlich gesagt, also kein Wort davon und zu niemandem, daß sie ihn erkannt habe. Doch er müsse ihr aus der Klemme helfen, ihr ein bißchen was geben, damit sie sich was zu trinken kaufen könne.
Er gab den beiden das Armband als Schweigegeld. Aber am nächsten Tag machte er Jagd auf Cerise, brachte sie zur Rapelec-Baustelle, pumpte sie voll Heroin und ließ sie sterbend liegen. Nein, das stimmte nicht ganz. Er mußte das Heroin zu jemandem gebracht haben – vielleicht den Kumpeln oder ihrem Wachdienstleiter. August Cray! Der amtliche Vertreter von Farmworks war der Wachdienstleiter auf der Rapelec-Baustelle.
Jedenfalls mußte Michael geglaubt haben, er könne das Armband zurückbekommen, aber Cerise hatte es nicht. Deshalb war Bobbys Team so schnell dort gewesen, als der Nachtwächter sie gefunden hatte – Michael mußte der erste sein, der sie zu sehen bekam. Ein anderer Kriminalpolizist hätte das Armband, hätte sie es bei sich gehabt, vielleicht identifizieren können.
Aber dann? Das erklärte nicht alles, ergab aber auf grauenhafte Weise einen gewissen Sinn. Er mußte Elena finden, um sie
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