Brandstifter - Paretsky, S: Brandstifter - Burn Marks
zurück, nachdem sie gesehen worden waren. Ich ließ zu, daß Mr. Contreras mich in seinen übel durchgesessenen senfgelben Sessel nötigte.
Ich lehnte mich in die weichen, muffigen Kissen zurück und ließ die Gedanken schweifen. Das Wohnzimmer meines Nachbarn war nicht viel anders als das von Saul Seligman – dieselben weichen, zu plüschigen Möbel, dieselben Überbleibsel ihrer toten Frauen, die jeden Zentimeter ausfüllten. Und bis auf Seligmans Schürhaken waren sich die Überbleibsel erstaunlich ähnlich, insbesondere die Atelierfotos der jeweiligen Hochzeiten.
Ich empfand zärtliches Mitleid mit den beiden alten Männern, die jeder auf seine Weise versuchten, eine Vertrautheit zu erhalten, die ihnen der Tod ihrer Frauen genommen hatte. Seligman hatte mir vorgeworfen, ich sei wie alle anderen, verlange von ihm, daß er sein Herz für einen Dollar verkaufe, aber ich –
Ich fuhr aus dem senfgelben Sessel hoch. Ich hatte dem, was er sagte, nicht genug Beachtung geschenkt. Das war mein Problem. Jemand hatte ihn dazu bringen wollen, daß er das Gebäude verkaufte. Ich hatte nicht richtig hingehört, hatte seine Klagen an mir abprallen lassen. Mrs. Donnelly jedoch hatte Bescheid gewußt. Es war Farmworks gewesen, das das Indiana Arms kaufen wollte.
Ihre Tochter arbeitete bei Farmworks. Hatte die Mutter gesagt, das Gebäude stehe vielleicht zum Verkauf, um die Tochter zu fördern? Oder hatte sie Farmworks Zugang zu Mr. Seligman verschafft? Wie auch immer, irgend etwas, das mit dem Verkauf oder zumindest mit dem Brand zusammenhing, hatte das gerissene kleine Grinsen in ihrem Gesicht verursacht; irgend etwas hatte sie daran erinnert, daß ihre Tochter Star profitieren werde. Aber als sie sich an ihren Kontaktmann (Kontaktfrau?) bei Farmworks wandte, in Sorgen darüber, daß ich ein Bild von Star besaß, hatte er (sie?) Mrs. Donnelly umgebracht und auf der Suche nach Unterlagen, die sich auf das Kaufangebot bezogen, das Büro durchwühlt.
Ich ging im Zimmer auf und ab, stieß mit dem Schienbein gegen einen zugedeckten Vogelkäfig. Ich fluchte kurz und prallte gegen eine Vitrine, die mitten im Zimmer unter einem alten Bettüberwurf stand.
Saul Seligman hatte mit der Immobilienverwaltung nichts mehr zu tun. Er erzählte zwar, er fahre an den meisten Nachmittagen in die Firma, aber in Wahrheit verließ er nur selten das Haus. Ich hatte ihn nie in Schuhen gesehen, immer nur in den abgetragenen Schlafzimmerpantoffeln. Trotzdem hatte er Mrs. Donnelly keine Vollmacht gegeben. Sie hätte zum Verkaufen seine Zustimmung gebraucht.
Wer auch immer sie umgebracht hatte, er hatte Seligman in Ruhe gelassen, weil alle wußten, daß er nicht in der Lage war, die richtigen Schlußfolgerungen zu ziehen. Er hatte keine Unterlagen – sie waren alle an Rita Donnelly gegangen. Vielleicht hatte sie ihn ihren Auftraggebern sogar als altersschwachsinnig geschildert.
Aber warum hatten sie das Indiana Arms gewollt? Was hatte es mit dem Gebäude auf sich, daß jemandem so viel daran lag? Es war bloß ein baufälliger Schuppen im heruntergekommenen Dreieck zwischen McCormick Place und dem Ryan. Natürlich, es war die Gegend, in die MacDonald und Boots das Stadion bauen wollten. Falls sie damit durchkamen, würde der Wert aller Grundstücke dort ins Astronomische steigen.
Ich blieb vor dem Vogelkäfig stehen, ehe ich noch einmal dagegen stieß. Ich konnte es nicht fassen. Ich konnte nicht fassen, wie lange ich so begriffsstutzig hatte sein können.
Old MacDonald had a Farm.
Ihm gehörte so gut wie jedes andere Stück Land in Chicago, verflucht noch mal, warum nicht auch eine Farm? Er hatte eine kleine Holdinggesellschaft, die nebenher Geschäfte tätigen konnte, ohne die öffentliche Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, die MacDonalds Baugesellschaft unausweichlich anzog. Warum sollte er sie nicht Farmworks nennen? Genau der richtige Name für jemanden, der einen makabren Sinn für Humor hatte. Und falls das Indiana Arms das letzte Gebäude war oder eines der letzten, die seinem Baugeschäft im Wege standen, dann war es am einfachsten, den Plunder niederzubrennen.
Wunsch und Grasso bekamen viele Aufträge vom County. Ernies Daddy war mit Boots in Norwood Park aufgewachsen, die beiden waren in Verbindung geblieben. Ernie und Ron waren groß geworden, indem sie sich bei den Demokraten lieb Kind machten – in Chicago konnte das alles heißen, vom Stimmenfang bis dazu, einem Kneipenbesitzer die Beine zu brechen, der sich weigerte, die
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