Brandstifter - Paretsky, S: Brandstifter - Burn Marks
beim Auftragsdienst hätte anfragen müssen, ob mich die Streeter Brothers bald in ihren Terminplan einschieben konnten. Ich trug die letzte Handvoll Kartoffeln zum Münztelefon am Eingang des Coffeeshops.
Dieses Mal meldete sich Tim Streeter. »Wir können morgen früh als erstes damit anfangen, Vic, aber Sie müssen die Jungs instruieren, ihnen eine Beschreibung und vielleicht auch Hinweise darauf geben, welche Orte sich Ihre Tante aussuchen könnte.«
Mir wurde flau im Magen. Bis morgen früh schien mir eine entsetzlich lange Zeit zu sein. Ich konnte jedoch nicht protestieren – sie taten mir einen Riesengefallen. Ich sagte Tim, ich werde mich um acht an der Kreuzung zwischen der Indiana Avenue und der Cermak Road mit ihm treffen, und legte auf.
Vielleicht war es heute abend noch hell genug dafür, mich selbst auf die Suche zu machen. Ich konnte in August Crays Büro Station machen und dann nach Hause fahren, um den Tempo zu übernehmen. Ich rief die Autovermietung an. Sie schlossen um sechs, würden den Tempo aber vor die Tür stellen, die Schlüssel unter die Stoßstange geklebt. Falls jemand ihn klaute, ehe ich dorthin kam, hatten sie nicht viel verloren.
Ich bezahlte – weniger als zehn Dollar, obwohl ich dem noblen Teil vom South Loop gefährlich nahe war – und nahm das Sandwich mit, um es auf dem Weg zu Crays Büro zu essen.
Die Hausnummer, die Freeman Carter mir genannt hatte, war im nördlichen Teil der LaSalle Street. Ich nahm einen Bus zur Van Buren Street und stieg dann in die Dan-Ryan-Hochbahn – um diese Tageszeit brachte sie mich schneller um den Loop herum als ein Taxi. Es war kurz vor halb fünf, als ich in der Clark Street ausstieg und die drei Blocks zu Crays Büro zu Fuß ging. Ich hoffte, daß noch jemand im Büro war, auch wenn Cray schon gegangen war.
Ich ging einer Flut von Arbeitern auf dem Heimweg entgegen. In der Halle mußte ich mich an die Wand drücken, um der den Aufzügen entströmenden Menge auszuweichen. Ich fuhr mutterseelenallein in den achtundzwanzigsten Stock hinauf und ging über weichen grauen Teppichboden zur Suite 2839. Die schwere Holztür trug das schlichte Schild: »Grundstücksverwaltung«. Vermutlich leiteten sie von hier aus so viele verschiedene kleine Firmen, daß man nicht alle Namen an der Tür auflisten konnte.
Der Türknopf ließ sich nicht drehen, deshalb drückte ich auf einen Summer, der diskret in den rechten Türrahmen eingelassen war. Nach einer langen Pause fragte eine blecherne Stimme, wer da sei.
»Ich interessiere mich dafür, in Farmworks zu investieren«, sagte ich. »Ich möchte August Cray sprechen.«
Die Tür klickte. Ich ging durch einen schmalen Empfangsbereich, der ziemlich ungastlich wirkte: zwei unbequeme Stühle, kein Tisch, keine Zeitschriften – nicht einmal ein Fenster, aus dem wartende Kunden schauen konnten.
Ein Schiebefenster in der linken Wand ermöglichte es den Büromenschen, Besucher anzuschauen, ohne den ganzen Körper zu zeigen. Als ich hereinkam, war es geschlossen. Ich schaute mich um und sah in einer Ecke der Decke eine kleine Fernsehkamera. Ich lächelte und winkte hinauf, und Sekunden später öffnete Star Wentzel die Tür neben dem Schiebefenster. Ihr blondes Haar war zurückgekämmt und wurde von einer juwelenbesetzten weißen Spange gehalten. Sie trug einen langen engen Rock, der ihre dürren Beckenknochen betonte. Sie sah aus wie ein High-School-Mädchen in den Fünfzigern, nicht wie eine Beteiligte an einem betrügerischen Baugeschäft.
»Was machen Sie denn hier?« wollte sie wissen.
Ich lächelte. »Ich könnte Ihnen dieselbe Frage stellen. Ich will zu August Cray – dem offiziellen Vertreter von Farmworks. Und da sind Sie, in Trauer um Ihre Mutter, aber Sie tragen es mit Fassung und kommen ins Büro.«
»Ich kann Mutter nicht wieder lebendig machen, wenn ich zu Hause bleibe«, sagte sie mürrisch.
»Natürlich nicht, Star. Können wir hineingehen? Ich möchte immer noch mit August Cray sprechen.«
»Er ist nicht da. Könnten Sie nicht mir sagen, was Sie wünschen?«
Das war eindeutig ein eingeübter Satz – sie rasselte ihn ohne die bisherige Feindseligkeit herunter. Ich lächelte.
»Ich bin gekommen, um in Farmworks zu investieren. Das ist eine Firma mit Zukunft. Ich habe gehört, sie bekommt ein riesiges Stück vom neuen Stadionprojekt ab – ich hätte auch ganz gern ein paar Millionen wie Boots und Ralph.«
Sie strich mit der Hand über einen vorstehenden Hüftknochen. »Ich weiß nicht,
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