Brandstifter - Paretsky, S: Brandstifter - Burn Marks
desinteressiert. Im zweiten Stock durchquerten wir den Bereich der Mordkommission schweigend. Officer Neely klopfte und machte die Tür zu Bobbys winzigem Büro auf.
»Miss Warshawski, Sir. Soll ich mitschreiben?«
Bobby telefonierte. Er schüttelte den Kopf und zeigte auf einen Stuhl. Officer Neely ließ die Tür laut hinter sich zuschnappen.
Bobbys Schreibtisch und die Wände waren übersät mit Fotos – Bilder von gelben Vögeln im Flug, zahnlückige Kinder, die grinsend mit seiner Polizeimütze posierten. Eileen Hand in Hand mit ihrer ältesten Tochter als Braut. Er liebte es, sie immer wieder neu zu gruppieren, damit er sie mit neuen Augen betrachten konnte. Sonst hielt ich immer Ausschau nach den Schnappschüssen von Tony und Gabriella – oder auch nach dem Foto, das mich zeigte: mit fünf auf Tonys Schoß. Heute lag mir nichts daran. Ich saß da und hielt mich mit beiden Händen an dem Metallstuhl fest, während ich darauf wartete, daß er das Gespräch beendete. Gleich nach Montgomery war Bobby der letzte Mensch, mit dem ich heute sprechen wollte.
»Okay, Vicki, sag mir, was los ist, und mach’s kurz. Dein Anwalt hat mich angerufen, deshalb wußte ich, daß du hier bist, aber ich bin gar nicht begeistert darüber, daß ich deinetwegen einem Kollegen in die Quere komme.«
Ich holte tief Luft und lieferte ihm eine einigermaßen zusammenhängende Version der Ereignisse des Tages. Bobby grunzte und stellte ein paar Fragen, zum Beispiel, woher ich gewußt hatte, daß es eine Bombe war, und wie lange es gedauert hatte, bis Monty nach Jerrys Meldung über Funk gekommen war.
Als ich fertig war, verzog Bobby das Gesicht. »Du sitzt ganz schön in der Patsche, Vicki. Ich sage dir immer wieder, du sollst die Finger nicht in Polizeiangelegenheiten stecken, und das beweist wieder einmal, wie recht ich habe. Jetzt soll ich für dich die Kastanien aus dem Feuer holen, das du selbst angezündet hast –«
»Was meinst du damit?« Ich war so wütend, daß mein Kopf einen halben Meter über meinem Körper zu schweben schien. »Ich habe diese Bombe nicht, ich wiederhole,
nicht
an meinen Motor angeschlossen. Jemand hat es getan, aber statt zu versuchen, von einem ziemlich guten Zeugen eine Beschreibung von demjenigen zu bekommen, der es getan hat – der es getan haben könnte –, versucht die Polizei, mir versuchten Selbstmord anzuhängen.«
»Ich behaupte ja gar nicht, daß du den Sprengsatz gelegt hast, Vicki. Ich kenne dich gut genug, ich weiß, so verrückt bist du nun auch wieder nicht. Aber wenn du die Finger von der Brandstiftung und einer Menge anderer Dinge gelassen hättest, wie ich es dir gesagt habe, wärst du gar nicht erst in diesen Schlamassel geraten.«
Er schaute mich streng an, ganz Daddy und ungezogenes Kind. »Jetzt muß ich mich dir zuliebe mit einem Kollegen anlegen, mit dem die Zusammenarbeit sowieso nicht einfach ist. Zum Ausgleich verlange ich von dir, mir zu versprechen, daß du dich ab sofort aus dieser Sache heraushältst. Ganz davon zu schweigen, was du dir selber eingehandelt hast, seit du damit angefangen hast, in diesem Brand von vor drei Wochen herumzustochern, machst du mein ganzes Team verrückt. Gestern abend bist du mit irgendeinem verfluchten Schmuckstück hier gewesen, und die Jungs sind deshalb total von der Rolle. Das kann ich nicht dulden. Verstanden?«
Ich preßte die Lippen zusammen. »Ich habe ein Männerarmband hergebracht, das ich unter meiner Couch gefunden habe, weil ich gedacht habe, Finchley könne es verloren haben, als er letzte Woche mit Montgomery bei mir war. McGonnigal ist ausgeflippt, als er es gesehen hat, weil er wußte, daß es Furey gehört, und dachte, ich will damit angeben. Mir ist erst gestern abend klargeworden, daß es Furey gehört, und wie es in meine Wohnung gekommen ist.
Er hat es Elena gegeben, Bobby. Elena und der toten Drogensüchtigen, die du auf der Rapelec-Baustelle gesehen hast. Es ging nur um eine kleine Erpressung, er hat es ihnen gegeben, damit sie nicht melden, daß sie ihn –«
Bobby schlug heftig mit der Handfläche auf den Schreibtisch. Ein Bild wackelte und kippte um. »Jetzt reicht es mir!« brüllte er. »Das ist eine widerliche Unterstellung. Du bist zu lange mit Samthandschuhen angefaßt worden, das ist dein Problem. Deshalb heckst du Verschwörungstheorien aus, wenn es nicht nach deinem Kopf geht. Du solltest es wirklich besser wissen, solltest nicht hier hereinmarschieren und mir mit solcher Sch- – mit so was kommen.
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