Brandstifter - Paretsky, S: Brandstifter - Burn Marks
der Zeitung gesehen, bei der Grundsteinlegung für irgendeins der Projekte, die er finanzierte, oder wie er Chicagos Symphonieorchester gerade einen Riesenscheck überreichte. Ich fragte mich nur, was er hier machte – ich hätte ihn für einen Republikaner gehalten.
Als ich das sagte, schaute mich Marissa mit kalter Mißbilligung an, aber MacDonald lachte. »Boots und ich sind alte Kumpel – uralte Kumpel. Der Junge würde es mir nie verzeihen, wenn ich die Republikaner wählen würde. Und er würde es mir jetzt nicht verzeihen, wenn ich ihm nicht eine Weile dabei zuschaute, wie er Rauchringe bläst. Marissa?« Er streckte den linken Arm aus. »Und – Vic, nicht wahr?« Er beugte den rechten Arm.
Wer weiß, vielleicht hatte er Lust, etwas über ein paar meiner Fälle zu hören – vielleicht brauchte er Ermittlungen im Wert von mehreren Millionen Dollar und wußte es nur noch nicht. Nicht nur das, Marissa würde kochen – das allein war Grund genug, mitzuzockeln. Ich nahm den Arm und ließ mich zur Grillgrube führen.
Das Barbecue war auf der dem Erfrischungszelt entgegengesetzten Seite des Hauses aufgebaut worden. Eine stattliche Menge wimmelte im dicken, beißenden Rauch herum – ich konnte im Gewühl die arme tote Kuh nicht sehen, nahm aber an, daß sie vor sich hin briet.
Die Leute standen in einem zwanglosen Hufeisen um eine kleine Tribüne herum – eigentlich ein großer Baumstumpf, auf den ein paar Bretter genagelt worden waren –, wo Boots stand, den rechten Arm um Rosalyns Schulter gelegt. Er war groß und hatte, weil er nun in die Jahre kam, etwas Majestätisches bekommen – Silberhaar, das sich wie eine Löwenmähne über dem zerklüfteten Gesicht wellte, breite, meistens in Wildleder verpackte Schultern und ein tiefes, herzhaftes Lachen. Er warf den Kopf zurück und brüllte jetzt vor Lachen. Das war sein Markenzeichen, die Pose, die er für Wahlkampfplakate einnahm, aber selbst eine Ungläubige wie ich fand sein Lachen ansteckend, obwohl ich den Witz nicht mitbekommen hatte.
Zu der Menge in seiner Nähe gehörten Männer und Frauen aller Altersschichten und Rassen. Als Boots aufhörte zu lachen, rief Rosalyn etwas auf spanisch und bekam gutgelaunten Beifall. Wie ich erwartet hatte, trug sie ausgebleichte Jeans. Ihr Zugeständnis an die Party war ein gestärktes weißes Hemd mit mexikanischer Kordelkrawatte. Sie sah noch genau so aus wie am Logan Square, die bronzefarbene Haut sauber, die Augen klar. Vielleicht war ich zu pessimistisch – vielleicht war sie so schlau, daß sie abschätzen konnte, wie sie sich an die Demokraten hängen und am eigenen Programm festhalten konnte.
Rosalyn sprang von der Kiste, auf der sie gestanden hatte, und geriet außer Sicht – sie ist nicht viel größer als einsfünfzig. Als sie und Boots Hände drückten und witzige Bemerkungen austauschten, zog Marissa MacDonald weg von mir. Ich lächelte vor mich hin. Es mußte das erste Mal sein, daß ich Marissa regelrecht eifersüchtig machte, und das auch noch wegen eines Milliardärs, für den ich mich nicht interessierte. Jedenfalls nicht besonders.
Weiter hinten sah ich die beiden Bauunternehmer, die mit Michael und den Jungs gesprochen hatten. Sie ließen mich nicht aus den Augen; als sie merkten, daß ich sie anschaute, lächelten sie wachsam. Ich deutete ein Winken an und glaubte, jetzt sei der Augenblick gekommen, in dem ich nach Chicago zurückfahren konnte. Ehe es mir gelang, die Flucht zu ergreifen, tauchten Rosalyn und Boots neben mir auf. Rosalyn sah mich und klatschte in die Hände.
»Vic! Wie wunderbar. Ich war
hingerissen,
als ich gehört habe, daß du vielleicht herkommst.« Sie umarmte mich schwungvoll, dann drehte sie sich um und stellte mich Boots vor. »Vic Warshawski. Sie hat früher für dich gearbeitet, Boots, als Pflichtverteidigerin. Aber du bist jetzt selbständig, nicht wahr? Als Ermittlerin, habe ich gehört?«
Ich fühlte mich wie ein Wunderkind, das den Nachbarn vorgeführt wird. Es gelang mir, eine Art Antwort zu murmeln.
»Als Ermittlerin für was, Vic?« Boots verwöhnte mich mit Leutseligkeit.
»Privatdetektivin. Vor allem Ermittlungen im Finanzbereich.«
Boots brach in sein legendäres Lachen aus und schüttelte mir die Hand. »Tut mir leid, daß das County Sie verloren hat, Vic – wir tun nicht genug, um unsere guten Leute zu halten. Aber ich hoffe, Sie haben Erfolg.«
»Danke, Sir«, sagte ich artig. »Alles Gute für den Wahlkampf, Roz.«
Boots erhaschte plötzlich
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