Brandstifter - Paretsky, S: Brandstifter - Burn Marks
nicht folgen konnte. Peppys enttäuschtes Jaulen verfolgte mich die Straße hinunter.
Ich ging die anderthalb Kilometer bis zum Restaurant zu Fuß. Als ich einem großen Loch im Asphalt auswich, rutschte ich auf einem weggeworfenen Hotdog aus. Die kleinen Freuden des Großstadtlebens. Ich wischte den Staub von den Hosenbeinen. Der Stoff war beschädigt, aber nicht zerrissen. Kein Grund für eine Einlieferung ins Krankenhaus.
Robin wartete vor dem Restaurant auf mich, elegant sah er aus, in lässigen grauen Flanellhosen und marineblauem Blazer. Er war früh gekommen, um nach einem Tisch zu fragen, und der Geschäftsführer rief eben seinen Namen aus, als wir hineingingen. So sollte es sein. Wer in einer Glückshaut geboren ist, braucht sich nicht anzustrengen. Robin bestellte ein Bier, ich ließ mir einen Rum mit Tonic bringen und Tarama, eine Spezialität des Calliope.
»Wie bist du Detektivin geworden?« fragte er, nachdem wir das Essen bestellt hatten.
»Ich war Pflichtverteidigerin.« Ich strich etwas Tarama auf ein Stück Toast. »Prozeßabteilung. Eine scheußliche Arbeit – oft bekommt man erst fünf Minuten vor dem Prozeß Informationen über den Menschen. Man hat immer mehr Fälle am Hals, als man mit Erfolg bewältigen kann. Und manchmal plädiert man sich für Schlägertypen, von denen man hofft, daß sie nie wieder ans Tageslicht kommen, die Seele aus dem Leib.«
»Warum hast du dann nicht einfach eine eigene Kanzlei aufgemacht?« Er nahm sich einen Löffel Tarama. »Das ist gut«, mümmelte er mit vollem Mund. »Das habe ich noch nie probiert.«
Das Tarama war gut – gerade so salzig, daß es gut zu Bier oder Rum paßte. Ich aß noch etwas davon und trank mein Glas leer, ehe ich antwortete.
»Ich war fünf Jahre lang Pflichtverteidigerin – ich wollte nicht in einer eigenen Kanzlei ganz von vorn anfangen. Außerdem hatte ich für einen Freund einen Fall aufgeklärt, und dabei wurde mir klar, daß mir diese Arbeit lag und mich wirklich befriedigte. Dazu kommt noch, daß ich mein eigener Chef bin.« Ich hätte das als ersten Grund nennen sollen – er ist nach wie vor der wichtigste. Vielleicht, weil ich, ein Einzelkind, daran gewöhnt war, meinen Kopf durchzusetzen? Oder der leidenschaftliche Drang nach Unabhängigkeit, den meine Mutter wie ihre olivenfarbene Haut meiner DNS eingeprägt hatte?
Als der Kellner Salate und eine Flasche Wein serviert hatte, fragte ich Robin, wie er zu einem Fachmann für Brandstiftung geworden war. Er zog eine Grimasse.
»Ich kenne niemand, dessen erste Wahl das Versicherungswesen ist, vielleicht mit Ausnahme der Kinder, deren Väter Versicherungen besitzen. Mein Lieblingsfach war Kunstgeschichte. Das Geld reichte nicht, um mich auf die Universität zu schicken. Also fing ich bei der Ajax an. Sie ließen mich Formulare für Policen entwerfen, damit sie aus meiner künstlerischen Ader Kapital schlagen konnten.« Er grinste kurz. »Aber damit habe ich so schnell wie möglich Schluß gemacht.«
Während des Essens fragte er mich nach meiner früheren Arbeit für die Ajax. Jetzt war es an mir, das Gesicht zu verziehen. Die Firma wußte nicht recht, ob sie mich lieben oder hassen sollte, nachdem ich den stellvertretenden Direktor für Schadensregulierung als den Drahtzieher bei einem Betrugsskandal entlarvt hatte. Robin war fasziniert; eine Menge Klatsch sei immer im Umlauf gewesen, aber niemand habe den niederen Chargen je erzählt, was der stellvertretende Direktor tatsächlich getan habe.
Während der griechischen Fischsuppe verbrachte er etwas Zeit damit, mich dazu zu überreden, daß ich in die Schützengräben der Ajax zurückkehrte. Ich wußte, daß ich einen großen Auftrag brauchte, nicht bloß die paar Kröten aus den unverlangten Anfragen, die in den letzten Tagen bei mir eingegangen waren. Ich wußte, daß ich im Augenblick nicht dazu aufgelegt war, neue Klienten anzuwerben. Ich wußte, daß ich zustimmen würde. Aber ich bat ihn, mich morgen vormittag im Büro anzurufen und mir die Einzelheiten zu nennen.
»Es war ein strapaziöser Tag«, erklärte ich. »Heute abend möchte ich die Detektivarbeit einfach vergessen.«
Es schien ihm nichts auszumachen. Während wir zu Ende aßen, wandte sich das Gespräch dem Baseball und der Kindheit zu. Als wir im Klub nebenan tanzten, sprachen wir nur noch wenig. Gegen Mitternacht beschlossen wir, es sei an der Zeit, die paar Blocks nach Norden zu meiner Wohnung zu gehen. Robin ließ sein Auto vor dem Restaurant
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