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Brandstifter - Paretsky, S: Brandstifter - Burn Marks

Brandstifter - Paretsky, S: Brandstifter - Burn Marks

Titel: Brandstifter - Paretsky, S: Brandstifter - Burn Marks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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stehen, wollte es am Morgen holen – wir hatten beide zuviel getrunken, und außerdem war es eine schöne Spätsommernacht.
    Eine halbe Stunde brauchten wir für die sechs Blocks, wir gingen langsam mit eingehakten Armen und blieben alle paar Häuser stehen, um uns zu küssen. Als wir meine Haustür schließlich erreichten, bat ich Robin dringlich flüsternd, er solle still sein – ich wollte nicht, daß Mr. Contreras oder Vinnie, der Bankmensch, auf uns aufmerksam wurden. Während Robin hinter mir stand, die Arme um meine Taille gelegt, wühlte ich in der Tasche nach den Schlüsseln.
    Vor dem Haus schlug eine Autotür. Wir traten zur Seite, als sich auf dem Gehweg Schritte näherten. Ein Suchscheinwerfer nagelte uns am Hauseingang fest.
    »Bist du das, Vicki? Tut mir leid, dich zu stören, aber wir müssen miteinander reden.« Diese ironische Stimme war mir fast so vertraut wie die meines Vaters. Sie gehörte Lieutenant Bobby Mallory, dem Leiter der Kriminalpolizei im Zentralrevier von Chicago. Ich spürte, wie meine Wangen im Dunkeln brannten – ganz gleich, wie abgebrüht man ist, es macht einen nervös, wenn man von einem der ältesten Freunde seines Vaters in einer leidenschaftlichen Umarmung überrascht wird.
    »Ich bin ungeheuer geschmeichelt, Bobby. In der Stadt gibt es zweieinhalb Millionen Seelen, darunter auch deine sieben Enkel. Aber wenn du nicht schlafen kannst, kommst du zu mir.«
    Bobby ignorierte mich. »Sag deinem Freund hier gute Nacht – wir machen eine kleine Spazierfahrt.«
    Robin machte einen ehrenwerten Versuch, sich einzumischen. Ich packte ihn am Arm. »Sie buchten dich mit Straßenräubern und anderem Pack im Cook County ein, wenn du ihn schlägst – das ist ein Police Lieutenant. Bobby – Robin Bessinger, von der Ajax-Versicherung. Robin – Bobby Mallory, Chicagos tüchtigster Polizist.«
    Im Scheinwerferlicht wirkte Bobbys rotes Gesicht grauweiß; Falten, die mir sonst nicht auffielen, zeichneten sich als tiefe Furchen ab. Schließlich wurde er bald sechzig. Seine Frau hatte mich zu der Überraschungsparty eingeladen, die sie Anfang Oktober für ihn plante, aber ich hatte mir trotz dieses Datums nicht vorgestellt, daß Bobby alt wurde. Ich schob die Beklommenheit beiseite, die mich beim Gedanken an sein Altern überkam, und sagte lauter, als ich beabsichtigt hatte: »Wohin fahren wir, und warum, Bobby?«
    Ich konnte sehen, wie er mit dem Wunsch kämpfte, mich einfach zu packen und mit Gewalt in den wartenden Wagen zu schleppen. Die meisten Leute wissen nicht, daß man, solange man nicht festgenommen ist, mit keinem Polizisten mitkommen muß, bloß weil er das sagt. Und die meisten Leute wehren sich nicht einmal dann, wenn sie es wissen. Selbst ein guter Bulle wie Bobby hält das mit der Zeit für eine Selbstverständlichkeit. Bürger wie ich sorgen dafür, daß er seine Macht aus der richtigen Perspektive sieht.
    »Sag deinem Freund, er soll die Fliege machen.« Er ruckte mit dem Kopf nach Robin.
    Falls ich ihm in diesem Punkt gehorchte, würde er sich an die Spielregeln halten. Kein toller Kompromiß, aber immerhin ein Kompromiß. Ich bat Robin grollend zu gehen. Er war einverstanden, unter der Bedingung, daß ich ihn sofort anrief, wenn die Polizei mit mir fertig war. Aber als er das Ende des Gehwegs erreichte, blieb er stehen und beobachtete uns. Ich war gerührt.
    »Okay, er ist weg. Worüber mußt du mit mir reden?«
    Bobby runzelte die Stirn und kniff die Lippen zusammen. Nur ein verärgerter Reflex. »Der Nachtwächter fand gegen halb zehn in Nähe einer Baustelle eine Leiche. Sie hatte was bei sich, was sie mit dir in Verbindung bringt.«
    Ich sah plötzlich das Bild meiner Tante vor mir, sternhagelvoll, von einem Auto überfahren, sterbend auf der Straße liegend. Ich legte eine Hand an die Hauswand, um mich zu stützen. »Elena?« fragte ich töricht.
    »Elena?« Bobby war einen Augenblick verdutzt. »Oh, Tonys Schwester. Nur wenn sie sich fünfzig Jahre jünger gemacht und sich zur Feier des Ereignisses die Haut hat färben lassen.«
    Ich brauchte einen Moment, bis ich begriff. Eine junge Schwarze. Cerise. Sie war nicht die einzige junge Schwarze, die ich kannte, aber von keiner der anderen konnte ich mir vorstellen, daß sie tot neben einer Baustelle lag. »Wer war es?«
    »Das wollen wir von dir hören.«
    »Was habt ihr gefunden, das sie mit mir in Verbindung bringt?«
    Bobby kniff wieder die Lippen zusammen. Er wollte es mir einfach nicht sagen – alte Gewohnheiten

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