Brandung des Herzens
zurückkehrte, um sie auf Ishmaels Rücken zu heben.
»Möchten Sie das Gewehr behalten?« fragte er mit gedämpfter Stimme.
»Ja, bitte. Wenn es Ihnen nichts ausmacht...«
»Ich hole das Futteral.«
Wenige Minuten später führte Caleb die Pferde in schnellem Schritt in nördlicher Richtung weiter. Kaum waren sie außer Hörweite der beiden Männer, da berührte Caleb Deuce mit seinen Sporen und ließ ihn galoppieren. Er behielt das Tempo bei, solange das Gelände und die Beleuchtung es gestatteten. Als sich eine dicke Wolkenschicht vor den Mond schob, fiel Deuce in Trab zurück. Nur wenn das Land steil anstieg, gestattete Caleb ein etwas langsameres Tempo.
Nicht ein einziges Mal saß er ab, um den Pferden eine Ruhepause zu gönnen. Bevor der Morgen graute, wollte Caleb soviel Land wie möglich zwischen Willow und die beiden Männer legen, die müßig an ihrem kleinen Feuer gehockt und mit Sinnen, geschärft vom jahrelangen Leben außerhalb des Gesetzes, auf die Geräusche der Nacht gelauscht hatten.
Während sich die dunklen Stunden der Nacht scheinbar endlos lange dahinzogen, klammerte Willow sich müde und benommen an den Sattel, hielt sich mit Hilfe von Sattelknauf und Steigbügeln im Gleichgewicht, versuchte, Ishmael die Strapaze zu erleichtern, indem sie sich mit ihm bewegte statt gegen ihn. Die ersten schwachen Anzeichen der Morgendämmerung waren niemals willkommener gewesen. Eifrig beobachtete Willow jeden Hinweis auf die bevorstehende Morgendämmerung.
Als Caleb den ausgetretenen Pfad verließ und sie an einen kleinen Bach führte, stöhnte Willow beinahe vor Wohlbehagen bei dem Gedanken an warmes Essen und eine Möglichkeit, sich der Länge nach auf dem Boden auszustrecken. Fast schwerfällig stieg sie aus dem Sattel und lehnte sich danach einen Augenblick erschöpft gegen ihren geduldigen Hengst, bevor sie langsam in ein nahegelegenes Dickicht verschwand.
Caleb sah die Steifheit von Willows Bewegungen und dachte daran, länger als die wenigen Minuten Rast zu machen, die er eingeplant hatte. Dann erinnerte er sich an die muskulösen, temperamentvollen Pferde, die neben dem Lagerfeuer der Banditen angepflockt gewesen waren, und er wußte, er durfte das Risiko nicht eingehen. Jene Pferde hatten eine breite, kräftige Brust und lange Beine und waren in hervorragendem Zustand, fähig, den ganzen Tag zu laufen. Seine eigenen Pferde hatten Tage harten, anstrengenden Ritts hinter sich.
Nachdem Caleb Willows Sattel auf eine der Fuchsstuten gelegt hatte, lud er die Ausrüstung von seinen eigenen großen Pferden ab und vertauschte Reitsattel gegen Packsattel. Bis
Willow aus dem Gebüsch zurückkehrte, war er bereit, erneut loszureiten. Als sie begriff, daß sie nach einem langen, die ganze Nacht dauernden Ritt nicht kampieren würden, mußte sie sich auf die Lippen beißen, um ihren Protest zu ersticken.
Willows erste Anstrengung, aufzusitzen, scheiterte. Bevor sie es noch einmal versuchen konnte, hatte Caleb sie in den Sattel gehoben.
»Für uns besteht nur dann Hoffnung, den beiden Männern zu entkommen, wenn wir mehr Stunden im Sattel verbringen als sie«, erklärte er, als er sein eigenes Pferd bestieg.
»Glauben Sie, sie haben uns gehört?« wollte Willow wissen.
Er blickte eindringlich in ihre haselnußbraunen Augen, versuchte, ihre Kraft abzuschätzen. Das schwache Morgenlicht zeigte die dunklen Ringe unter ihren Augen, stumme Zeugen ihrer Erschöpfung.
»Mit zwei Pferden hätten wir es vielleicht geschafft, uns an dem Lagerplatz vorbeizuschleichen. Möglicherweise auch noch mit dreien«, erwiderte Caleb schließlich. »Aber mit sieben? Nicht die geringste Chance. Sobald der Morgen graut, werden die Männer nach unseren Spuren Ausschau halten. Sollte sie nicht mehr als zehn Minuten kosten, sie zu finden. Der Boden ist feucht, genau richtig, um Hufabdrücke zu halten. Sieben Pferde hinterlassen eine Fährte, der selbst ein blindes Greenhorn folgen könnte. Und diese Männer sind keine Greenhorns. Sie werden uns mühelos aufstöbern, wenn sie ein ordentliches Tempo vorlegen.«
Willow betrachtete ihre Pferde und wußte augenblicklich, was Caleb nicht sagte. Ohne die Araber hätten sie eine wesentlich bessere Chance, ihren Verfolgern zu entkommen. Zusätzliche Pferde mitzuführen verlangsamte nicht nur das Tempo, sondern hinterließ auch auffällige Spuren im Gelände.
»Unsere einzige Chance, einen Vorsprung zu behalten vor jedem, der uns auf den Fersen ist«, fuhr Caleb fort, »ist zu reiten
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