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Brandung des Herzens

Titel: Brandung des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Lowell
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abgewandt, noch bevor Willow antworten konnte. Er schwang sich auf Trey, lenkte den großen Wallach flußaufwärts und steuerte dann auf die weit entfernte, komplizierte Einkerbung in dem steinernen Bergwall zu, die sein Vater Black Pass genannt hatte.
    Wind heulte von steilen Gipfeln herunter und zerzauste die Mähnen der Pferde. Caleb wußte, was sie auf der anderen Seite des Passes erwartete, denn sein Vater hatte förmlich geschwärmt von der Kette von Hochtälern, die sich zu einer immensen Lichtung hinabsenkten. Weiße Männer wußten von der Lichtung, weil sie einen wesentlich flacheren und weniger beschwerlichen Durchgang zwischen hohen Graten und Bergketten bot als der Black Pass. Die Nebentäler, die zum Black Pass hinaufführten, waren jedoch keinem weißen Mann bekannt. Selbst die Indianer vermieden sie, denn Wild fand sich auch an zugänglicheren Stellen. Alte Stämme hatten den Paß jedoch aus eigenen Gründen benutzt - Gründe, die niemand wußte. Aber den gespenstischen Pfad gab es immer noch, und er flüsterte von Männern, die lange, lange tot waren.
    Caleb bog von dem Fluß ab, weil hier Biber ihre Dämme gebaut und die Wiese dadurch in einen flachen See verwandelt hatten. Kiefern waren umgestürzt, und die Espen ungefähr fünfhundert Meter in allen Richtungen bis auf den Stumpf abgenagt. Mehrere Bäche mündeten in den kleinen See. Ein paar Meilen weiter abwärts schloß sich ein anderes Tal an das erste an und isolierte den Höhenzug, dessen Flanke sie gefolgt waren, um nicht unversehens in den Sumpf zu geraten, der an den Biberteich angrenzte.
    Nach einer Stunde hatten sie die Biberdämme hinter sich gelassen. Die Wiese verengte sich auf nicht mehr als fünfzig Meter an der breitesten Stelle, dann auf vierzig, dann auf zehn. Die Route schlängelte sich aufwärts, während sich der Fluß unter ihnen seinen Weg durch massiven Fels bahnte und einen Canyon bildete, so steil, daß ihn ein Pferd nicht mehr erklettern konnte. Der Wald wurde spärlicher, verschwand schließlich völlig, bis nur noch dichtes Gestrüpp den Boden bedeckte, und erschien dann wieder, als sie in ein weiteres Tal hinabkletterten, wo sie wieder neben dem Fluß herreiten konnten.
    Bald stieg der Weg erneut steil an. Berge rückten auf beiden Seiten näher, und das Land neigte sich schräg aufwärts unter den Pferdehufen. Der Wald wurde dichter, aber irgendwie fand Caleb immer einen Weg um abgestorbenes Unterholz und Espenhaine, wo die Baumstämme so fest miteinander verwoben waren, daß sie keinen Durchgang für einen Menschen ließen, geschweige denn für ein Pferd. Das Rauschen des Flusses wurde lauter und gurgelnder und der Weg noch steiler.
    Caleb warf jedesmal einen prüfenden Blick auf seinen Kompaß, wenn ein Nebenarm einmündete, während er nach dem schmalen, schäumenden Band von Wasser suchte, das zu einem anderen, höhergelegenen Tal führte und von dort aus zu weiteren Tälern, bis schließlich der höchste Punkt der Einkerbung erreicht und die Wasserscheide überschritten war.
    Es gab jetzt keine Kiefern mehr, nur Fichten, Espen und eine verkümmerte Form von Weiden, die auf Geröllawinen wuchs und auf den kleinen, sumpfigen Wiesen, die der Strom durchschnitt. Caleb spürte, wie das Land um ihn herum zunehmend offener wurde, die kleineren Gipfel und Kämme immer weiter zurückwichen, als die Pferde das Rückgrat des Kontinents hinaufkletterten. Sein Vater hatte gesagt, der Ausblick von der Spitze aus wäre so atemberaubend wie die Höhe. Caleb hatte keine Möglichkeit, die Beobachtungen seines Vaters nachzuprüfen. Regen fiel unaufhörlich, ließ alles, was weiter als fünfzig Meter entfernt war, hinter grauen Schleiern verschwinden.
    Blitze zuckten über die Steilwände eines in Wolken gehüllten Gipfels, schickten Donnergrollen den Berg hinunter, gewaltige Kanonaden, die wie eine Mischung aus Explosionen und Gewehrfeuer klangen. Mit gesenkten Köpfen und flach angelegten Ohren kämpften sich die Pferde durch das Unwetter, während dunkle Eiben über ihnen im Sturm erzitterten und stöhnten. Der umgebende Wald schützte sie vor dem schlimmsten Wind, aber nicht vor dem eisigen Regen.
    Sie kletterten weiter bergauf, während um sie herum das Unwetter tobte und Donner und Blitz auf sie herabschickte, bis Willow vor Angst schrie. Doch das Krachen des Donners übertönte selbst ihre Schreie und vermittelte Willow das Gefühl, in einem Flexenkessel von Lärm gefangen zu sein, so überwältigend, daß er zu einer Art

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