Brandung des Herzens
unter den Pferdehufen an, machte selbst einen gemächlichen Trott zu einer Anstrengung.
Einmal, als es extrem steil wurde, stieg Caleb aus dem Sattel. Willow folgte seinem Beispiel, bevor sie Ishmaels Zügel ergriff und ihn zu den in Regenschleier gehüllten Gestalten weiter voraus führte. Nach dreißig Schritten taumelte sie plötzlich benommen und sank auf die Knie.
Caleb tauchte aus dem Regen auf und fing Willow in einer Umarmung auf. »Du solltest im Sattel sitzen, Honey. Du bist nicht an die Höhe gewöhnt.«
»Sie hat mir nichts ausgemacht... jedenfalls nicht so sehr... damals in Denver«, brachte Willow keuchend hervor.
»Denver liegt über zweitausend Meter tiefer. Wir sind hier fast dreitausend Meter hoch.«
Sie blickte Caleb mit glasigen Augen an. »Kein Wunder... meine Pferde...«
»Ja«, meinte er. »Aber sie laufen trotzdem unermüdlich weiter. Genau wie du.«
Jetzt erst bemerkte Willow die Quetschwunde auf seiner Stirn. »Du bist ja verletzt!«
»Mit mir ist alles in Ordnung. Dir ist schwindeliger als mir, und du hast keine Schramme abbekommen.«
Die Erleichterung in Willows haselnußbraunen Augen war so deutlich und intensiv, wie es ihre Besorgnis gewesen war. Caleb drückte sie noch ein wenig fester an sich, genoß ihre Fürsorge. Es war schon lange, lange her, seit sich jemand Sorgen um ihn gemacht hatte.
»Danke«, sagte er leise.
»Warum bedankst du dich bei mir?« fragte sie verwundert.
»Weil du zu mir im dicksten Kugelhagel zurückgekommen bist. Weil eine ganze Menge Männer die Beine in die Hand genommen hätten und geflohen wären. Weil du die Klugheit hattest, zu wissen, daß ich die Satteltaschen brauchen würde, und den Mut, sie mir zu bringen. Weil du an Stellen gelacht hast, wo andere Frauen gejammert oder geweint oder mich angeschrien hätten. Weil du eine phantastische Treckpartnerin bist.«
Willows Augen wurden einen Moment groß, bevor sie ihren Blick irritiert von Caleb abwandte. Die Glut seiner whiskyfarbenen Augen wärmte sie mehr, als es jedes Feuer vermocht hätte.
»Das ist sehr freundlich von dir«, erwiderte sie heiser.
»Ich bin kein freundlicher Mann.«
»Doch, das bist du. Ich weiß, daß ich dich ständig in Schwierigkeiten bringe. Wegen meiner Sturheit mit den Pferden hast du wieder und wieder dein Leben riskieren müssen.« Sie lächelte traurig und blickte unter dichten Wimpern hervor zu ihm auf. »Deshalb erinnere ich mich jedesmal daran, wie es ohne dich wäre, wenn mir nach Schreien oder Jammern oder Weinen zumute ist, und halte lieber so meinen Mund.«
Caleb lachte und zog Willow noch fester in seine Arme. Er hörte ihr gebrochenes Seufzen, fühlte, wie sich ihr Körper vertrauensvoll an seinen lehnte, und er versuchte, nicht an einen Mann namens Reno zu denken.
Sie ist viel zu schade für einen Herumtreiber wie Matthew Moran.
Kaum war ihm der Gedanke gekommen, als er sich zu einem heimlichen Schwur in Calebs Kopf verdichtete. Eine Frau wie Willow mit einer solchen Fähigkeit zu Mut, Loyalität und Leidenschaft verdiente etwas Besseres als einen Mann, der junge Mädchen verführte und sie dann im Stich ließ. Besonders Willows intensive Sinnlichkeit verdiente etwas Besseres als einen Mann, der sie so lange allein ließ, daß sie vergessen hatte, wie man küßt.
Aber nicht, wie man auf Küsse reagiert. Das hatte sie nicht vergessen. Die Erinnerung an ihre Leidenschaft und ihren weichen, üppigen Körper erweckte erneut einen schmerzlichen, wilden Hunger in Caleb.
Keine Frau, die einen anderen Mann aufrichtig liebt, könnte so reagieren-so schnell, so leidenschaftlich. Sie wird mir gehören, bevor sie ihren Liebhaber wiedersieht. Ich werde Willow so gründlich verführen, daß sie sich mir zuwenden wird, wenn er tot ist, statt einem Liebhaber nachzutrauern, der nicht eine einzige ihrer Tränen wert ist.
Sie kann ihn nicht lieben. Unmöglich. Es kann einfach nicht sein.
Caleb beugte den Kopf und preßte seine Lippen auf ihre, besiegelte seinen heimlichen Schwur. Sein Kuß war anders als alle, die er jemals einer Frau geschenkt hatte, zärtlich und dennoch von einer solchen Glut und Innigkeit, daß er das Gefühl hatte, in Willow zu versinken und von ihrer Seele zu trinken. Als er schließlich den Kopf hob, bebte Willow am ganzen Körper. Er trug sie zu Ishmael und setzte sie behutsam in den Sattel. Der Blick, den er ihr zuwarf, war so intensiv, wie es sein Kuß gewesen war.
»Bleib dicht hinter mir«, sagte er rauh.
Caleb hatte sich wieder
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