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Brandwache

Brandwache

Titel: Brandwache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Connie Willis
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kam, es
könne sich um eine Abkürzung handeln. ZVD. Ziviler
Verteidigungsdienst. Na klar. Woher sollten sonst die blutbefleckten
Feldbetten stammen?

21. September
    Jetzt, da der erste Schock über mein Hiersein vorbei ist,
fällt mir ein, daß die Historische Fakultät
versäumt hat, mir zu sagen, was ich während meines
dreimonatigen Praktikums überhaupt tun soll. Man gab mir dieses
Tagebuch, den Brief von meinem Onkel, eine Zehn-Pfund-Note und jagte
mich damit in die Vergangenheit. Die Zehn-Pfund-Note (von der ich
bereits das Fahrgeld für den Zug und die U-Bahn bezahlt habe),
muß bis Ende Dezember reichen und mich noch nach St.
John’s Wood bringen, wo ich zurückgeholt werde, wenn der
zweite Brief meines Onkels eintrifft, in dem steht, er sei krank und
ich solle sofort nach Wales kommen.
    Solange wohne ich hier in der Krypta bei Nelson, der, wie Langby
mir sagte, in seinem Sarg in Alkohol eingelegt ist. Wenn wir einen
Volltreffer abbekommen – brennt er dann lichterloh wie eine
Fackel, oder sickert er bloß still und leise auf den Boden der
Krypta? Die Küche besteht aus einem Gasring, auf dem mieser Tee
und ekelhafte Räucherheringe zubereitet werden. Als
Gegenleistung für diesen Luxus soll ich auf den Dächern von
St. Paul stehen und Brandbomben löschen.
    Ich muß unbedingt das Ziel des Praktikums erreichen, egal,
was es sein mag. Aber im Augenblick besteht meine einzige Sorge darin
zu überleben, bis der zweite Brief meines Onkels eintrifft und
ich wieder nach Hause kann.
    Ich mache mich nützlich, bis Langby Zeit hat, mir die
›Kniffe‹ zu zeigen. Ich habe schon die Pfanne
gesäubert, in der sie die stinkenden kleinen Fische erhitzen,
Klappstühle aus Holz hinter dem Altar aufgestapelt (liegend,
nicht stehend, denn sie neigen dazu; mitten in der Nacht unter lautem
Getöse zusammenzukrachen) und zu schlafen versucht.
    Offenbar gehöre ich nicht zu den Glücklichen, die einen
Fliegerangriff verpennen können. Fast die ganze Nacht lang lag
ich wach und grübelte darüber nach, wie hoch St. Pauls
Risikofaktor wohl sein mochte. Bei einem Praktikum muß er
mindestens sechs betragen. Letzte Nacht war ich davon überzeugt,
der Faktor sei zehn, mit der Krypta als Ausgangsbasis Null, und
daß ich mich auch gleich für Denver hätte bewerben
können.
    Mein interessantestes Erlebnis bis jetzt: Ich habe eine Katze
gesehen. Ich bin fasziniert, darf mir jedoch nichts anmerken lassen,
denn Katzen scheinen hier nichts Besonderes zu sein.

22. September
    Immer noch in der Krypta. Ab und zu kommt Langby
hereingestürmt, verflucht alle möglichen Regierungsstellen
(alle in Abkürzungen) und verspricht mir, mich demnächst
mit auf die Dächer zu nehmen. Mittlerweile gibt es nichts mehr,
womit ich mich beschäftigen könnte, und so habe ich mir
selbst beigebracht, wie man eine Handpumpe bedient.
    Kivrin hat sich über meine Fähigkeit, das
Gedächtnis anzuzapfen, unnötige Sorgen gemacht. Bis jetzt
hatte ich noch keine Probleme. Ganz im Gegenteil. Ich memorierte
Informationen über Feuerbekämpfung und hatte das komplette
Handbuch mitsamt Abbildungen parat, einschließlich des
Leitfadens, wie man mit einer Handpumpe umgeht. Wenn die Heringe Lord
Nelson in Brand setzen sollten, werde ich zum Helden.
    Aufregung gestern abend. Die Sirenen gingen früh, und ein
paar von den Putzfrauen, die die Büros in der City saubermachen,
mußten bei uns in der Krypta Schutz suchen. Eine riß mich
aus dem Tiefschlaf, als sie anfing zu kreischen wie eine
Luftschutzsirene. Hatte offenbar eine Maus gesehen. Wir mußten
mit einem Gummistiefel gegen die Gräber und unter die Feldbetten
schlagen, um sie zu überzeugen, daß sie fort war. Ich
glaube, ich weiß jetzt, was sich die Historische Fakultät
für mich ausgedacht hat: Mäuse jagen.

24. September
    Langby nahm mich auf einen Rundgang mit. Auf der Empore
mußte ich noch einmal lernen, wie man mit einer Handpumpe
umgeht, dann bekam ich Gummistiefel und einen Stahlhelm
verpaßt. Langby sagt, Commander Allen wolle uns
Feuerwehrmäntel aus Asbest besorgen, kam jedoch noch nicht dazu,
deshalb trage ich meinen eigenen Wollmantel und Schal. Obwohl wir
September haben, ist es draußen auf den Dächern sehr kalt.
Es herrscht eher eine Atmosphäre wie im November, der Himmel ist
verhangen und trostlos, keine Sonne.
    Wir steigen nach oben auf die Kuppel und die Dächer, die
leider nicht flach sind, sondern gespickt mit Türmen, Zinnen,
Regenrinnen und Statuen, alles wie eigens dazu

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