Brandwache
Firma Mowen Chemical drei
Bräute zu halten, ohne, daß sie je zusammentrafen?
»Lynn?« sagte Ulric. »Welche ist das? Die
Rothaarige in der Programmierung?«
»Nee. Das ist Sue. Lynn ist klein und strohblond und kennt
sich in chemischer Technik wie in ihrer Westentasche aus. In jeder
anderen Hinsicht ist sie dumm wie ein Pöppel.«
»Pöppel«, wiederholte Ulric für sich selbst.
Er dachte, daß er sich dieses Wort eigentlich notieren sollte,
um es später nachzuschlagen. Vermutlich bedeutete es jemanden,
der dumm genug war, um sich mit Brad McAfee einzulassen. Das
schloß ihn unwiderlegbar mit ein.
Er hatte sich einverstanden erklärt, ein Zimmer mit Brad zu
teilen, weil ihn die Tatsache seiner Annahme so verblüfft hatte,
daß es ihm im Traum nicht eingefallen wäre, ein
Appartement für sich allein zu verlangen.
Er hatte einen Studienabschluß in Englisch in der Tasche,
von dem ihm alle versichert hatten, daß er in Wyoming mehr als
nutzlos sei; und er hatte bald herausgefunden, daß es sich
tatsächlich so verhielt. In seiner Verzweiflung hatte er sich um
einen Job in der Fertigung bei der Mowen Chemical beworben und war
als Betriebs-Linguist angenommen worden; noch dazu zahlte man ihm ein
unerwartet gutes Gehalt; aus Gründen, die er noch nicht hatte
herausfinden können; obwohl er bereits seit mehr als drei
Monaten bei Mowen tätig war. Was er inzwischen herausgefunden
hatte, war, daß Brad McAfee – um es in seiner eigenen
blumigen Sprache auszudrücken – ein Taschenspieler,
Beutelschneider und Roßtäuscher war. Er arbeitete
unablässig darauf hin, sich die Tochter des Chefs und damit den
Besitz der Firma Mowen Chemical anzulachen, und ließ auf diesem
Weg eine Spur junger Mädchen hinter sich zurück, die
offenbar alle glaubten, dieser Mann, der keinen Unterschied zwischen
den beiden möglichen Bedeutungen des Wortes
»versprechen« machte, würde nur einer Frau das
Eheversprechen geben. Es war ein interessantes linguistisches
Phänomen.
Anfangs hatte sich Ulric auch auf das einfältige
Geschwätz mit Brad eingelassen, obwohl sich dessen Niveau nicht
mit seinen hervorragenden Leistungen am Computer in Einklang bringen
ließ. Dann eines Tages war er früh aufgestanden und hatte
Brad dabei überrascht, wie er an einem Programm mit der
Bezeichnung »Projekt Sally« arbeitete.
»Ich werde Präsident der Mowen Chemical sein, ehe der
Teufel zweimal mit dem Schwanz zucken kann«, hatte Brad gesagt.
»Dieses kleine Klingelglöckchen stellt die Basis meines
Meisterplanes dar. Was hältst du davon?«
Was Ulric davon hielt, ließ sich nicht in Worten sagen. Es
handelte sich um einen umrissenen Plan, sich Sally Mowen zu
nähern und ihren Vater zu beeindrucken, der fast gänzlich
darauf basierte, junge Frauen in Schlüsselpositionen bei der
Mowen Chemical zu verführen und wieder fallen zu lassen. Zu
Beginn des letzten Viertels der Liste hatte Ulric den Namen Lynn
gelesen.
»Was ist, wenn Mr. Mowen Wind von diesem Projekt
bekommt?« hatte Ulric schließlich gefragt.
»Kein Gedanke daran. Dieses Programm hat mehr Sicherungen als
Abrahams Schoß. Falls ein Außenstehender versucht, es zu
kopieren, erlebt er ein blaueres Wunder als ein Waschbär, der
mit einem Stinktier anbändelt.«
Seit diesem Vorkommnis hatte Ulric sechs Gesuche auf ein anderes
Appartement eingereicht, die alle als »aufgrund der
gebietsmäßig eingeschränkten Verfügbarkeit von
Unterkünften untunlich« abgewiesen worden waren; eine
Formulierung, die Ulric für sich selbst dahingehend
übersetzte, daß es keine leeren Appartements in Chugwater
gab. Alle Ablehnungen waren von der Sekretärin Mr. Mowens
unterschrieben worden, und es gab Augenblicke, in denen Ulric dachte,
daß Mr. Mowen trotz allem über das Projekt Sally Bescheid
wußte und ihn, Ulric, eingestellt hatte, damit er Brad von
seiner Tochter Sally abschirmte.
»Meinem Programm gemäß ist es an der Zeit, die
Sache mit Sally in die Hand zu nehmen«, sagte Brad soeben.
»Morgen bei dieser Pressekonferenz. Ich verdanke dem Projekt
Ungenutzte Emissionen einen ausreichenden Ruf als Rauhbauz, um Old
Man Mowen zu imponieren. Sally wird an der Konferenz teilnehmen. Ich
habe meine Braut Gail in der Abteilung für
Öffentlichkeitsarbeit dazu überredet, sie
einzuladen.«
»Ich werde auch hingehen«, sagte Ulric
angriffslustig.
»Also, das nenn ich wirklich Glück«, erwiderte
Brad. »Du könntest mir bei einem kleinen
Brautwärmerdienst behilflich sein. Wenn du dich mit dem
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