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Brandwache

Brandwache

Titel: Brandwache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Connie Willis
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wie überdimensionierte Kerzenleuchter aussahen, konnte er
durch das Labyrinth aus Schnellgaststätten und
Lastwagenparkplätzen nicht sehen. Plötzlich blinkte ein
McDonald-Signet direkt vor den Schornsteinen auf, und Mr. Mowen
schrak zusammen.
    Die Schornsteine selbst blieben still und reglos, sah man von den
hellen, rhythmisch blinkenden Flugwarnlichtern ab. Zwischen den
Schornsteinen konnte er die beifußbewachsenen Hügel
erkennen, und die ganze Szenerie – außer dem
McDonald-Signet – wirkte ungemein heiter und friedvoll.
    »Die Forschung sagt, die Feuerung der Öfen hätte
jetzt ihre volle Kapazität erreicht«, sagte Janice,
während sie den Telefonhörer vor die Brust hielt.
    Mr. Mowen wappnete sich gegen die bevorstehende Explosion. Ein
dumpfes Grollen wie von einer entfernten Feuersbrunst wurde
hörbar, dann quoll eine Wolke weißlichen Rauches empor,
und schließlich gab es einen tiefen, klagenden Ton wie einen
Seufzer Janices, und zwei blaue Säulen schossen senkrecht in den
sich verdunkelnden Himmel.
    »Weshalb ist es blau?« erkundigte sich Mr. Mowen.
    »Danach habe ich schon gefragt«, erwiderte Janice.
»Die Forschungsabteilung sagt, es handele sich um die
Diffraktion des sichtbaren Spektrums, die sich ereignet, weil jetzt
die Hydrokarbonate von acht Mikron Halbmesser an beschleunigt
werden…«
    »Das hört sich ja wie eine von diesen verdammten
Presseverlautbarungen an«, sagte Mr. Mowen. »Sagen Sie
ihnen, sie sollen Englisch reden.«
    Janice sprach eine Weile in die Muschel und sagte dann zu Mr.
Mowen: »Es handelt sich um denselben Effekt wie bei den
Sonnenuntergängen nach einem Vulkanausbruch. Diffusion. Die
Forschung möchte wissen, welche Belegschaftsangehörige an
der morgigen Pressekonferenz teilnehmen sollen.«
    »Die Projektdirektoren«, erwiderte Mr. Mowen
mürrisch. »Und alle Mitglieder der Forschungsabteilung, die
des Englischen mächtig sind.«
    Janice warf einen Blick auf die Presseverlautbarung. »Bradley
McAfee und Lynn Saunders sind die Direktoren«, sagte sie.
    »Warum kommt mir der Name McAfee so bekannt vor?«
    »Er ist Ulric Henrys Zimmergenosse. Der Linguist der
Gesellschaft, den Sie angestellt haben, um…«
    »Ich weiß, warum ich ihn angestellt habe. Laden Sie
auch Henry ein. Und sagen Sie Sally, sobald sie nachhause kommt,
daß ich sie hier erwarte. Und sagen Sie ihr, sie soll sich
vollständig anziehen.« Er sah auf seine Uhr.
»Also«, fuhr er fort, »jetzt dauert es fünf
Minuten, und es sind noch keine negativen Nebenwirkungen
aufgetreten.«
    Das Telefon läutete. Mr. Mowen schrak zusammen. »Ich
wußte ja, daß es zu schön gewesen wäre, um wahr
zu sein«, sagte er. »Wer ist es? Die
Umweltbehörde?«
    »Nein«, erwiderte Janice und seufzte. »Es ist Ihre
Ex-Frau.«
    * * *
    »Davon bin ich befreit«, sagte Brad, als Ulric
hereinkam. Er saß im Dunklen, der Bildschirm tauchte sein
Gesicht in grünes Licht. Er hämmerte noch eine Weile auf
die Tastatur des Terminals ein, dann drehte er sich um. »Alles
klar, wie grüner Gänsedreck.«
    Ulric knipste das Licht an. »Sprichst du von dem Projekt
Ungenutzte Emissionen?« fragte er.
    »Nee. Das haben wir heute nachmittag hinter uns gebracht.
Funktioniert besser als ein Pfuschzettel. Nein, ich habe die letzte
Stunde damit zugebracht, den Namen meiner Braut Lynn aus der
Dokumentation des Projekts zu löschen.«
    »Wird Lynn keine Einwände haben?« fragte Ulric
halbwegs gelassen. Er blieb hauptsächlich deswegen gelassen,
weil er keine besonders genaue Vorstellung davon hatte, welche von
Brads Bräuten Lynn hieß. Er hatte sie noch nie
auseinanderhalten können. Sie hörten sich alle gleich
an.
    »Sie wird nichts davon hören, bis es zu spät
ist«, sagte Brad. »Sie ist auf dem Weg nach Cheyenne, um
ein Flugzeug in den Osten zu bekommen. Ihre Mutter ist ganz
aufgeregt, weil eine Scheidung bevorsteht. Sie hat ihren Mann beim
Sündenfall erwischt.«
    Falls es etwas gab, das noch schwerer zu ertragen war als Brads
moralische Verkommenheit, war es sein unverschämtes Glück.
Während sich Ulric sicher war, daß Brad gewissenlos genug
war, eine Familienkrise heraufzubeschwören, um Lynn aus
Chugwater zu entfernen, war er sich ebenso sicher, daß er es
gar nicht nötig hatte. Es handelte sich um nichts als einen
glücklichen Zufall, daß Lynns Mutter eben jetzt eine
Scheidung ins Haus stand; und glückliche Zufälle waren
Brads Spezialität. Wie sonst hätte er es geschafft, sich in
dem kleinen Umkreis von Chugwater und der

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