Brandzeichen
Bett.
»Alle im Museum denken an Sie.«
Darcy schloss die Augen. Diane konnte sehen, dass sie versuchte, die Tränen zu unterdrücken. Ihr Vater streichelte ihr den Kopf.
»Da gibt es einiges, was ich Ihnen erzählen muss«, sagte Darcy nach einer Weile.
»Ich höre«, sagte Diane.
»Ich weiß nicht, wo ich anfangen soll«, sagte sie.
»Fang einfach mit dem Anfang an«, sagte ihr Vater. »Wir sind ja da.«
»Ich habe Blake auf dem Campus kennengelernt«, sagte Darcy.
Nicht so weit zurück, dachte Diane. Aber sie hörte aufmerksam zu.
»Ich habe in der Bibliothek einen Vortrag über Ausstellungsplanung gehalten. Er war … na ja, er war einfach sehr nett. Ich war noch nie zuvor jemandem wie ihm begegnet. Er hat sich für alles interessiert, was ich im Museum so mache.«
Ihr Vater räusperte sich voller Hohn. Darcy war wieder den Tränen nahe.
»Mach weiter, Schatz«, sagte ihre Mutter.
»Ich glaubte, er sei wirklich an einer Museumslaufbahn interessiert, das tat ich wirklich. Ich zeigte ihm jede Abteilung und stellte ihn allen Sammlungskuratoren vor. Er stellte alle möglichen Fragen. Ich dachte, ich hätte Glück gehabt, jemanden wie ihn zu treffen, der sich für dieselben Sachen interessierte wie ich.«
Diane erkannte an der Art, wie ihr Vater mit düsterem Gesicht die Lippen zusammenkniff, dass er versuchte, sich eine Bemerkung zu verkneifen.
»Das mit dem Dinosaurierei wusste ich wirklich nicht, das müssen Sie mir glauben.«
»Wann haben Sie es herausgefunden?«, fragte Diane.
Dinosaurierei?
Sie fragte sich, ob das das Erste war, was er gestohlen hatte.
»Etwa vor einem Monat. Die für die Dinosaurierfossilien zuständige Sammlungsleiterin erzählte mir, sie vermisse das versteinerte Ei eines Velociraptors. Ich hatte einige in die Ausstellungswerkstatt hochgebracht, wo wir an einer neuen Fossilienvitrine arbeiteten. Ich hatte sie dann alle zurückgebracht und war seitdem nicht mehr drunten gewesen. Da ich wusste, dass Blake in dieser Abteilung gewesen war, habe ich ihn gefragt, ob er das Ei gesehen habe.«
Darcy hörte zu reden auf, und Diane dachte, sie werde jeden Moment losheulen.
»Du musst da jetzt durch«, sagte ihr Vater.
Darcys Lippen zitterten. »Ich habe ihn so sehr geliebt, wirklich. Ich habe noch nie jemanden so geliebt wie ihn.«
»Was sagte er, als Sie ihn nach dem Ei gefragt haben?«, drängte Diane.
»Er meinte, ich hätte ihn erwischt, und hat mir alles gestanden. Aber er habe niemandem schaden wollen. Es sei ja nur ein Ei, und ein Freund von ihm sei Sammler, der habe es unbedingt gewollt, und das Museum besitze ja so viele. Ich habe ihm gesagt, er müsse es zurückbringen. Er meinte dann, das sei nicht möglich. Der Sammler habe ihn bereits bezahlt und hänge mit einigen üblen Leuten herum, die ihn zusammenschlagen würden, wenn er das Ei zurückhaben wollte.«
Darcys Vater schüttelte den Kopf. Ihre Mutter strich mit dem Daumen über den Handrücken ihrer Tochter, während sie deren Hand weiterhin festhielt. »Es ist alles gut«, versuchte sie, sie zu beruhigen.
»Und wie ging es weiter?«, sagte Diane. »Haben Sie ihm geglaubt?«
Darcys Augen weiteten sich. »Natürlich. Er würde mich doch nicht anlügen.«
»Darcy …« Ihr Vater konnte jetzt nicht länger an sich halten. »Er hat dich die ganze Zeit angelogen. Warum siehst du das denn nicht?«
»Du hast ihn nicht gekannt, Dad. Du hast ihn nicht so gekannt wie ich.«
»Darcy …«, wiederholte er und schüttelte den Kopf.
Diane merkte, wie frustriert er war. Darcy hatte immer noch nicht begriffen, wer Blake eigentlich gewesen war. Ihr Vater hatte es ihr wahrscheinlich schon mehrmals klarmachen wollen.
»Erzählen Sie weiter«, sagte Diane. »Soll ich Ihnen etwas zum Trinken holen?«
Darcy schüttelte den Kopf. »Eine Woche vor der Party sagte er mir dann, dass der Sammler ein paar Edelsteine aus unserer Geologiesammlung haben möchte. Er habe ihm schlimme Dinge angedroht, wenn er sie ihm nicht beschaffen würde. Blake meinte, er habe sie sich allein beschaffen wollen, aber Dr. Seger habe vor seiner Abreise strikte Vorschriften darüber erlassen, wer in seiner Abwesenheit Zugang zu diesen Steinen haben dürfe und wer nicht. Also konnte er nicht in die Nähe des Tresorraums gelangen. Shelly, die Leiterin der geologischen Sammlung, ist ja ausgesprochen pingelig, wenn es um Dr. Segers Anordnungen geht.«
Diane bemerkte in Darcys Bemerkungen über Shelly einen leicht vorwurfsvollen Ton, als ob sie ihr verübele,
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