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Brandzeichen

Brandzeichen

Titel: Brandzeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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- das Scheitern und der Erfolg, das Böse und das Gute. So böse und schlecht der Outsider war -nun, so gut und wunderbar war der Hund, und die Forscher hatten erkannt, daß der Outsider den Hund nicht fürchtete, sondern ihn mit einer Leidenschaft haßte, die niemand hatte verstehen können. Jetzt, da sie beide in Freiheit waren, konnte es sein, daß der Outsider nichts anderes im Sinn hatte, als den Hund zu verfolgen, denn er hatte sich nie etwas mehr gewünscht, als den Retriever Stück für Stück zu zerreißen.
    Lem bemerkte, daß er in seiner Besorgnis zu heftig auf das Gaspedal getreten war. Der Wagen schoß wie eine Rakete auf der Autobahn dahin. Er nahm den Fuß etwas zurück.
    Wo immer der Hund sein, bei wem immer er Zuflucht gefunden haben mochte, er war in Gefahr. Und die, die ihm Zuflucht gewährt hatten, waren es ebenfalls.

SECH S
    Die letzte Maiwoche und die erste Juniwoche waren Nora und Travis - und Einstein - beinahe jeden Tag zusammen. Anfangs fürchtete sie, Travis sei irgendwie gefährlich; nicht so gefährlich wie Art Streck, aber doch jemand, den man zu fürchten hatte. Aber diese Phase von Verfolgungswahn hatte sie bald hinter sich. Jetzt mußte sie über sich selbst lachen, wenn sie daran dachte, wie sie ihn beargwöhnt hatte. Er war freundlich und nett und damit genau die Sorte Mann, die nach Meinung ihrer Tante Violet nirgends auf der Welt existierte. Sobald Nora ihre Verfolgungsangst überwunden hatte, war sie zunächst überzeugt, der einzige Grund, weshalb Travis sich mit ihr abgebe, sei sein Mitleid. Mitfühlender Mensch, der er sei, bringe er es einfach nicht fertig, jemandem den Rücken zu kehren, der sich in einer verzweifelten Lage befinde. Die meisten Leute, die Nora kennenlernten, kamen nicht auf den Gedanken, sie sei verzweifelt -absonderlich vielleicht und scheu und gedrückt, nicht aber verzweifelt. Und doch war sie in verzweifeltem Maße unfähig -oder war es gewesen-, sich der Welt außerhalb ihrer eigenen vier Wände zu stellen, hatte verzweifelte Angst vor der Zukunft und war verzweifelt einsam. Travis, ebenso empfindsam wie nett, sah diese Verzweiflung und reagierte darauf. Und während der Mai langsam in den Juni überging und die Tage unter der Sommersonne heißer wurden, wagte sie es langsam, die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, er helfe ihr nicht aus Mitleid, sondern weil er sie wirklich gern hatte. Was ein Mann wie er in einer Frau wie sie sehen mochte, war ihr allerdings nicht klar. Sie hatte nichts, aber auch schon §ar nichts zu bieten. Nun gut, sie hatte Probleme mit ihrem Eigenbild. Vielleicht war sie in Wirklichkeit gar nicht so hoffnungslos fade und nichtssagend, wie sie sich vorkam. Dennoch, Travis verdiente klarerweise bessere weibliche Gesellschaft, als sie sie ihm bieten konnte - und hätte sie auch bestimmt bekommen.
    Sie beschloß, sein Interesse nicht näher zu erforschen. Was sie tun mußte, war jetzt einfach, sich zu entspannen und es zu genießen.
    Weil Travis nach dem Tod seiner Frau seine Makleragentur verkauft hatte und daher praktisch in einer Art Ruhestand lebte, und weil auch Nora keinen Beruf ausübte, hatten sie beide die Freiheit, den größten Teil des Tages zusammen zu sein, wenn sie das wollten - und sie wollten. Sie gingen in Galerien, durchstöberten Buchläden, machten lange Spaziergänge oder noch längere Ausflugsfahrten in das malerische SantaYnez-Tal oder entlang der grandiosen Pazifikküste.
    Zweimal brachen sie am frühen Morgen nach Los Angeles auf und verbrachten einen ganzen Tag dort, und Nora war allein von der Größe der Stadt ebenso überwältigt wie von dem, was sie unternahmen: eine Besichtigung der Filmstudios, einen Besuch im Zoo, den Besuch einer Vormittagsvorstellung eines erfolgreichen Musicals.
    Eines Tages überredete Travis sie, sich einen neuen Haarschnitt zuzulegen. Er ging mit ihr in einen Schönheitssalon, den seine verstorbene Frau regelmäßig aufgesucht hatte. Nora war so nervös, daß sie zu stottern begann, als sie mit der Friseuse, einer munteren Blondine namens Melanie, sprach. Violet hatte Nora das Haar immer zu Hause geschnitten, und nach Violets Tod hatte Nora das selbst getan. Von einer Kosmetikerin betreut zu werden, war eine neue Erfahrung, ebenso nervenaufreibend wie das erste Essen in einem Restaurant. Melanie tat etwas, das sie als >Effilieren< bezeichnete: Sie schnitt Nora eine Menge Haare weg, ohne daß sie dabei an Haarfülle verlor. Sie erlaubten Nora nicht, im Spiegel zuzusehen,

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