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Brann 01 - Seelentrinkerin

Brann 01 - Seelentrinkerin

Titel: Brann 01 - Seelentrinkerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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Steinwänden und einem schweren Tor; Schießscharten ermöglichten es ein paar mit Spießen oder Pfeil und Bogen bewaffneten Leuten, sich in diesem Bau einer ganzen Schar Angreifer zu erwehren. Wenn Yaril und Jaril Wache hielten, würde es, um bei ihnen Beute zu machen, einen Wolf brauchen, der gefährlicher war als die Einzelgänger, die sich in den Sümpfen herumtrieben.
    Am nächsten Tag zeigten sie ihre Reisegenehmigungen mitsamt allen Bescheinigungen, Siegeln und Marken an den Toren Hamardans vor, der ersten der Flußstädte außerhalb der Marschen, durchfuhren die Straßen der Stadt, Negomas wummerte auf seinen Trommeln Klänge, die weithin Aufmerksamkeit erregten, Linjijan flötete auf seinem Instrument so bemerkenswerte Töne, als beruhten sie auf Hexerei, und Harra zupfte, während sie ihren Grauen allein mit den Knien lenkte, auf der Daroud eine um die andere fröhliche Weise. Heute war kein Markttag, aber das muntere Musizieren lockte viele Menschen an, Temueng ebenso wie Hina, aus Häusern, Werkstätten und Läden, und ihnen folgten lautstarke Kinder.
    In weitem Kreise zogen sie durch die gesamte Stadt und dann in die Mitte des von ihnen erregten Aufsehens, sie ritten und fuhren vor den größten Gasthof der Stadt, die Pferde drehten sich und tänzelten inmitten des Gewühls. Das Gasthaus war ein viereckiges Gebäude mit ein paar Fenstern in der dicken Außenmauer, einem roten Ziegeldach, an dessen Regenrinnen Fetische zum Verscheuchen von Dämonen baumelten, eine Herberge, in der sich auch der wohlhabendste Kaufmann sicher fühlen konnte, sobald man seine Reichtümer in des Hauses Schatzkammer gesperrt, er selbst es sich innerhalb der Gasthofsmauern, vielleicht in der Schankstube, behaglich gemacht hatte. Weil die Reisezeit noch an ihrem Anfang stand, hatten sich erst wenige Händler auf Reisen begeben. Der Sommer ging zu Ende, Erntezeit war es noch nicht, Festtage durfte man vorerst nicht erwarten, und auch in den letzten Monaten hatten keine Festlichkeiten stattgefunden. Die Leute begeisterten sich für alles, was Kurzweil versprach. Obwohl Taguiloa und seine Truppe nur aus Spielleuten und Künstlern bestand und im allgemeinen Ansehen einen niedrigen Rang einnahmen, obschon die Hälfte der Truppe sich aus
    Fremdlingen zusammensetzte, die man gemeinhin noch geringer achtete als Gaukler, besaß Taguiloa volle Klarheit über den Wert des Angebots, das mit dem Einzug ins Gasthaus einherging, sorgte dafür, daß dabei — zumindest vordergründig — alle Anzeichen des Willkommenseins sichtbar wurden. Er lenkte den Kastenwagen in den Innenhof, sprang mit einem unbekümmerten Purzelbaum vom Kutschbock, landete federleicht auf dem Pflaster, die herbeigeschwärmten Kinder spendeten ihm Beifall, er verneigte sich, lachte ihnen zu, machte sich anschließend daran, Preise für Zimmer und die Nutzung des Hofs für eine Vorstellung am folgenden Abend auszuhandeln, wenn der Markt schloß und die Menschenmassen, die ihn besuchten, sich noch in der Stadt befanden.
    Brann baute auf dem Marktplatz ein kleines buntes Zelt auf, ließ Negomas davor die Trommel, Jaril ein paar Räder schlagen und den Leuten zurufen, die vorbei strebten, sie sollten kommen und sich von einer Seherin vom anderen Ende der Erde Vergangenheit und Zukunft schildern lassen. Obwohl sie es sorgfältig vermied, von den Angaben, die ihr Jaril vermittelte, irgendwelche schmerzlichen Dinge zu verwenden, erweckte sie bei den jungen Mädchen und alten Matronen, die sie besuchten, anscheinend den besten Eindruck, und es dauerte nicht lange, bis sich herumsprach, daß das fremdländische Weib ein Wunder von Seherin sei, sie könnte den Menschen ins Herz blicken und ihre tiefsten Geheimnisse entdecken.
    Zweimal wagten männliche Besucher einen Versuch, sich mehr zu nehmen, als Brann geben mochte — aber ein gedämpftes Knurren eines gewaltig großen fleckigen Hundes, der dann aus den Schatten hinterm Tisch zum Vorschein kam, reichte aus, um sogar kühnere Freier zu entmutigen. Diesen Männern forderte sie den doppelten Betrag ab, während sie ihnen grimmig zulächelte und Angelegenheiten nannte, die sie gern geheimhielten, und ihnen gelassen androhte, ihre Armseligkeit oder ihren Geiz — was es eben sein mochte — der Welt zu enthüllen. Beim Gehen murrten sie, alles sei Schwindel, Betrug und Lüge, jedoch hörte niemand auf sie.
    Am Abend war der Gasthof dichtgedrängt mit Menschen, buchstäblich jeder war da, der sich den Eintrittspreis leisten konnte,

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