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Brann 01 - Seelentrinkerin

Brann 01 - Seelentrinkerin

Titel: Brann 01 - Seelentrinkerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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an ihren Fingern zurückblieben. »Es hat sich bewährt. Zum Beispiel in Tavisteen ... Na, aber davon weißt du ja nichts. Laßt uns weiterziehen! Mir ist nicht wohl dabei, hier herumzustehen.«
    Am Ende der Dammstraße, auf Utar, hielt man sie noch einmal an, doch der dortige Empush interessierte sich lediglich für das Schmiergeld und ließ sie ohne viel Umstände durch. Zwar sah er gemein und mißgestimmt aus, aber seine Untergebenen waren nirgends zu sehen, befanden sich möglicherweise nicht einmal in Rufweite, und er mochte wohl kein Aufhebens veranstalten, während auf Utar, nur einen Taubenschiß entfernt, sein Befehlshaber saß.
    Sie umrundeten den in viele Hänge abgestuften Berg, der einen Großteil Utars ausmachte, blieben auf einer tiefergelegenen Ebene der Landstraße, so daß auf Reisen befindliche temuengische Adelige sie erst gar nicht zu Gesicht bekamen, ließen sich von einer dritten Wächter-Empushad abfertigen, hatten damit nun endlich alle Hindernisse bewältigt und nahmen die Dammstraße, die Utar mit dem Festland verband.
    Auf dem Gehöft der Witwe, wo Taguiloa die Pferde gelassen hatte, luden sie ihre Ausrüstung und die Vorräte vom Kippwagen in einen farbenprächtigen Kastenwagen um, der von Taguiloa einer inzwischen aufgelösten Artistengruppe abgekauft worden war, deren innere Streitigkeiten sich trotz erfolgreichen Umherreisens und Auftretens nicht mehr hatten beilegen lassen. Nach einem hastigen Mahl verblieb der Karren in der Obhut der Witwe, und sie begannen die zweitägige Fahrt durch die Küstensümpfe. Taguiloa hockte auf dem Kutschbock, Linjijan neben ihm, erprobte auf seiner Übungsflöte neue Melodien. Negomas kauerte mit seiner kleinsten Trommel auf dem Dach; dort gefiel es ihm am besten, weil der wechselhafte Wind ihm in die steifen, Springfedern ähnlichen Haarzöpfchen fuhr, Brocken und Klümpchen aus dem Haar blies. Er spielte Trommel, begleitete Linjijans Geflöte oder trommelte Musik seines Volkes, sang manchmal in seiner klangvollen, an Schnalzlauten reichen Heimatsprache. Brann und Harra ritten dem Wagen voraus, Harra auf dem grauen Wallach, Brann auf dem Braunen, dessen Wachstum durch die Kinder beschleunigt worden war, ein friedfertiges Tier, solange sie oder eines der Kinder in seiner Nähe weilten, wenn sie fort waren, ein arges Ungeheuer, ein wahrer Dämon. Brann bemühte sich darum, ihn auch in dieser Hinsicht günstig zu beeinflussen, doch würde es Zeit brauchen.
    Sie fuhren die auf Brückenbogen gestützte steinerne Straße entlang, über Wasser und Schlamm hinweg, durch den trüben Nebel des Sumpflands, die beklemmende dicke Luft, die träge von den Fluten längs der Dammstraße aufwallte, in Schwärmen Stechmücken und ähnliches Geschmeiß herauftrieb. Die Gemütsverfassung des Braunen litt sehr darunter, bis sogar Brann ihre liebe Not damit hatte, ihn im Zaum zu halten; selbst das gemächliche Zugpferdchen wurde unruhig, geriet immer wieder aus seinem ansonsten gleichmäßigen Dahintrotten, weil es zuckte, schnob und den Kopf schüttelte.
    »Vataraparastullakosakavilajusakh!« Harra patschte sich die flache Hand gegen den Hals, schlug mit den Armen um sich, fing eine schrill gellende eintönige Melodie zu pfeifen an, bei deren Klang sich das Stechgetier zu einer großen dichten, fast schwarzen Wolke sammelte und ins Düstere unter den Bäumen abschwirrte. Länger als eine Viertelstunde vermochte sie das Gepfeife durchzuhalten, dann stellte sie es unvermittelt ein, hustete, spie aus und trank einen ergiebigen Zug aus ihrem Wasserschlauch.
    Negomas lachte, wiederholte immerzu einen raschen Trommelwirbel, er beschwor einen Wind herauf, der von hinten heranwehte, mit gleichbleibender Stärke an ihnen vorüberblies, ihre Umgebung weitgehend frei von lästigem Fluggetier hielt, bis sie zu einer jener Raststätten kamen, die der Kaiser für Reisende hatte errichten lassen und die aufgrund seiner Weisung sorgsam unterhalten wurden, einer riesengroßen Hütte mit Reisigwänden, Ziegeldach und — damit Regenwasser ablief — geschrägtem Steinboden sowie an einer Seite in einem Verschlag einen Stoß einigermaßen trockenem Brennholz. Die alljährliche Reisezeit hatte erst angefangen, daher war alles noch sauber, der Futtervorrat reichlich, die Tränke sauber und erst kürzlich mit einem neuen Bodenbelag aus Sand und Holzkohle versehen worden, das Wasser darin war ziemlich klar und rein. Zum Unterstellen von Wagen und Tieren gab es einen zweiten Schuppen mit hohen

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