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Brann 01 - Seelentrinkerin

Brann 01 - Seelentrinkerin

Titel: Brann 01 - Seelentrinkerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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herwiegte und die Flammen sich mit ihr wiegten. Für eine Weile erklang dazu nur Trommelspiel, bis der Takt so laut und eindringlich hallte, daß die Zuschauer sich wie unter einem Bann fühlten, anschließend setzte von neuem die Flöte und zuletzt auch die Daroud wieder ein, Musik aus Arth Slya erscholl, der Verlobungstanz, der getanzt wurde, wenn ein Mädchen der Allgemeinheit bekanntgab, daß sie und ihr Lebensgefährte einander gefunden hatten, es handelte sich um einen schwierigen Reigentanz, der die leibliche Geschmeidigkeit und Sinnlichkeit der Tänzer voll zur Geltung brachte. In Arth Slya wirkten keine Flammen mit, das Mädchen tanzte mit ihrem Liebsten. Brann tanzte an diesem Abend den Tanz mit so viel Frohsinn, wie sie empfinden konnte, aber mehr Traurigkeit, als sie befürchtet hatte, sie tanzte ihn in Gedanken an Sammang Schimli, der ihr die Freude an der eigenen Körperlichkeit bewahrt hatte.
    Die Flammen erloschen, die Musik verstummte, der Tanz endete. Brann verharrte gänzlich reglos mitten auf der Bühne, atmete schnell, breitete dann mit Schwung die Arme aus und verbeugte sich vor den Zuschauern. Während Beifall aufbrandete, Pfiffe gellten, eilte sie die Leiter empor und verschwand in den Schatten.
    Erneut erklang die Trommel, schlug einen raschen, beharrlichen Takt. Nochmals sprang Taguiloa auf das Balkongeländer. »Einwohner Harmadans, seht nun meinen Tanz!« Er legte das bestickte Gewand mit einer Gebärde ab, die ebenso achtlos wie beeindruckend wirkte, denn er stand hoch über dem Wagen und dem harten Stein des Innenhofs auf einem Geländer, das nur so breit war wie die Hand eines kleineren Menschen. Er trug ein gewirktes enganliegendes Kleidungsstück aus weißer Seide, es war aus einem Stück, dehnbar wie ein Kettenhemd, bedeckte auch die Glieder, umfing ihn wie eine zweite Haut; eine breite karmesinrote Schärpe war um seine Leibesmitte gewunden, die Enden, die vom Knoten baumelten, schwangen und flogen mit den Bewegungen des noch nie dagewesenen Tanzes, den er nun vorführte. Hinter ihm spielten Trommeln und Flöte geläufige Musik, eine hinaische Melodie, jedoch hallten die Trommelschläge dunkler und blieben wohlklingender im Takt, als man es von den überlieferten, eher klanglosen blechernen Spielweisen kannte. Anfangs drangen ganz herkömmliche Töne aus der Flöte; aber dann wechselte sie die Tonart, sobald sich die Art des Tanzes änderte, und klang, als wollte sie mit ihnen Schabernack treiben, verzerrt und abgewandelt. Harra warf Taguiloa seine Glitzerkugeln zu, eine nach der anderen, sie widerspiegelten das Licht der Lampions, vervielfachten es, so daß es schien, als leuchteten in jeder kristallischen Kugel ein Dutzend winziger Lämpchen, die dunkelrot, golden und silbern glommen, indem er erst eine Kugel hochwarf, dann zwei, drei und schließlich vier Kugeln jonglierte, sie durch die Luft kreisen ließ, während er mit Schleifschritten auf dem Geländer tanzte, am Rande des Unheils, bis er unter den Zuschauern eine nahezu unerträgliche Spannung erzeugt hatte, so daß sie ein halblautes Wispern des Aufseufzens von sich gaben, als er einen Luftsprung machte und die Glitzerkugeln nacheinander in die Dunkelheit hinter sich schleuderte.
    Die Trommeln rumorten verhalten weiter, die Flöte leitete in eine Volksweise über, die zweierlei Wortlaut hatte, einmal einen unter Kindern üblichen Abzählreim, zweitens heiter-derbe Worte, die Flußfischer beim Rudern sangen. Zu dieser Musik führte Taguiloa — noch immer auf dem Geländer — einen schnellen lustigen Tanz aus lauter Schlurf- und Stolperschritten vor, er taumelte heikel, schien stets im nächsten Augenblick abstürzen zu müssen, doch jedesmal fing er sich durch irgendein ungewöhnliches Verhalten ab, rief bei der Zuschauerschaft abgehacktes Gelächter hervor. Auch diese Darbietung beendete er, als stünde er auf dem Geländer ebenso sicher wie die Besucher auf den Steinplatten des Innenhofs. Die Flöte spielte im Hintergrund ein fröhliches Gefiepe, während er schwungvoll die Arme ausbreitete und sich tief verbeugte. Plötzlich schrillte ein Gellen aus der Flöte, als er das Gleichgewicht zu verlieren schien, die Menge japste in gemeinsamem Erschrecken, lärmte und brüllte jedoch gleich darauf beifällig, als er drunten, auf der Bühne, unbeschwert auf den Füßen landete, unverzüglich eine Reihe von Purzelbäumen schlug. Oben setzten Flöte, Trommeln und Daroud gleichzeitig ein, brachten eine Musik zum Erklingen, die

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