Brann 01 - Seelentrinkerin
entkommen«, teilte er/sie Brann halblaut mit. »Die boshafte kleine Laus, die zum Schnüffeln kam. Sei auf der Hut, was sie betrifft.« Er/sie strich noch ein paarmal über Branns Schopf, seine/ihre Hand erinnerte sie immer stärker an ihre Mutter, soviel Besänftigung, Ermutigung und Verständnis flößte sie ihr ein. »Möchtest du erfahren, wie das alles sich ergeben hat?«
Brann seufzte, straffte den Rücken und streckte die verkrampften Beine, blickte ihn/sie an. »Ja.«
»Glemma, mein Kind, die just verschiedene Kaisergattin war die Urheberin. Ehrgeiz trieb sie an. Wurde das Oberhaupt der Kadda-Vereinigung. Wollte mehr. Trachtete das feurige Herz des Cynamacamals anzuzapfen. Begegnete dabei Slya, die sie verscheuchte wie eine lästige Fliege. Das brachte sie in Verlegenheit, machte sie wütender als eine Katze im Sack. Und veranlaßte sie zum Nachdenken. Sie verleitete den alten Abanaskranjinga dazu, sie zu heiraten, und sobald sie ihn unter ihrer Fuchtel hatte, verwandelte sie ihn in einen Kadda, so wie sie eine war, und der alte Narr ließ sich darauf mit Freuden ein, wähnte er doch, dadurch ewig leben und zudem wieder jung und schön werden und allzeit bleiben zu können. Die gesamte Bande nistete sich an seinem Hof ein. Mit vereinten Kräften versuchte man's noch einmal. Stach Slya, weckte sie ums Haar. Da grollte es unterm Cynamacamal, es bebte, er spie glühendes Gestein. Das jagte ihnen einen Schrecken ein. Sie wollten Geiseln, um die glutrote Slya zum Wohlverhalten zu zwingen. Deshalb stiftete Glemma den Kaiser dazu an, Heerscharen nach Croaldhu auszusenden, flüsterte ihm ein, die Arth Slyaner gefangennehmen und herbringen zu lassen. Sie meinte, sie könnten ihr als Schild dienen, wenn sie nochmals versuchte, Slya erst aus dem Cynamacamal, später aus sämtlichen Feuerbergen zu vertreiben. Sie glaubte, sie vermöchte sich zur Göttin zu erheben. Viele Lügen hat sie verbreitet. Die Menschen mußten davon überzeugt werden, es sei ein guter Einfall, die Arth Slyaner herzuholen. Die meisten selbiger Lügen hast du vernommen.«
»Und ich?« Brann blickte der kleinen Gottheit ins runzlige lächelnde Gesicht. »Und die Kinder?« Sie berührte erst Yarils, dann Jarils hellblonden Schopf. »Sieh Slya an, die Kadda sind machtlos gegen sie, ihnen bleibt keine Möglichkeit außer zu sterben. Warum mußten wir in all das hineingezogen werden?«
»Der Kadda-Bund ist erheblich stärker, als es den Anschein hat, kleine Brombeer. Es gelingt der feuerroten Slya, ihn zu zerschlagen, weil sie ihn überlistet hat, bevor er Entscheidendes wider sie unternehmen konnte. Glemma und ihre Handlanger errichteten Bannbereiche, die unsere Freundin daran hinderten, in den Palast einzudringen und das Kadda-Nest auszuheben. Es war klar, daß sie die Kadda nicht überwinden konnte, ohne ihnen Sand in die Augen zu streuen, wenngleich Slya Feuerherz, solltest du sie fragen, jede Begrenztheit ihrer Macht leugnen würde und behaupten, sie hätte so gehandelt, um die kläglichen kleinen Sterblichen, die in des Cynamacamals Nachbarschaft wohnen, zu schonen.« Tungjii lachte. »Wir haben alle unseren Stolz, Brombeerchen. Auf alle Fälle hat sie dich und meinen begnadeten Freund hier«, — er/sie nickte hinüber zu Taguiloa, der mißmutig, aber mit Interesse zuhörte —, »dazu benutzt, um sich durch den Bannbereich in den Palast zu schleichen. Und sie benutzte euch, um das klebrige Netz jenes Banns über die Kadda auszuwerfen, das es ihnen unmöglich machte, ihre Kräfte wider sie zusammenzufassen. Sie ist schlau, wenn's darauf ankommt, unsere feurige Göttin.«
Slya richtete sich hoch auf, wischte sich die vier Hände an den unbedeckten Seiten ihres Körpers ab, brannte restlichen Matsch von den Fingern. Vier rotglühende Fäuste in die gewölbten Hüften gestemmt, schaute sie rundum und lächelte, dann begann ihre Erscheinung zu verblassen.
»Nein!« Erbittert sprang Brann auf die Füße. »O nein, noch nicht!« Sie packte die Göttin am Bein, schrie auf, als sie sich die Handfläche versengte, ließ dennoch nicht los. »Nicht!« schrie sie. »Du stehst in meiner Schuld. Du kannst jetzt nicht einfach verschwinden. Du stehst in meiner Schuld.«
Slya schaute auf sie herab, machte Anstalten, sie von sich zu stoßen. Erneut erhaschte Tungjii Slyas Hand. Er/sie tätschelte sie, im runden Gesicht einen Ausdruck, in dem sich Zuneigung und Mißbilligung vermengten. »Hör sie an, meine Süße. Du weißt, sie hat recht. Zumindest bist
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