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Brann 01 - Seelentrinkerin

Brann 01 - Seelentrinkerin

Titel: Brann 01 - Seelentrinkerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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du's ihr schuldig, sie anzuhören.«
    Die feurige, furchtbare Göttin zierte sich wie ein junges Mädchen, wenn es nach dem Ritual der Reife zum erstenmal wieder in gemischte Gesellschaft kam. Dieser Anblick verdutzte Brann dermaßen, daß sie fast vergaß, was sie zu sagen gedachte. Fast.
    »Die Kinder!« rief sie, als ihr Zorn von neuem aufflammte. »Schick sie heim! Du brauchst sie nicht länger. Weshalb sollten sie von ihresgleichen für immer getrennt bleiben? Sie gehören hier nicht her. Sende sie heim. Und dann ist da noch Taga und seine Truppe. Warum willst du sie dem Verderben überlassen? Wieso sollen sie die Folgen dessen tragen, was du getan hast? Du verdankst deinen Triumph uns, Slya Feuerherz. Du hast dich unserer bedient. Bring die Verhältnisse für uns in Ordnung, oder die Welt wird wissen, daß du schlimmer bist als die ärgsten Kadda.«
    Slya hauchte Glutatem aus, der einen Teil der Wand verrußte. »WELT? WAS IST FÜR MICH DIE WELT? NICHTS!«
    »Bin ich ein Nichts?«
    Gleichgültig, nur geringfügig verärgert, heftete Slya ihren Blick unpersönlich auf Brann. »JA.«
    Brann erschauderte, schöpfte Atem, schloß flüchtig die Augen, suchte nach Einwänden, ohne viel Hoffnung zu hegen. »Dann bin ich dein Nichts«, fuhr sie die Göttin an. Sie winkte mit der Hand in die Richtung der Temueng, die sich ringsum im Saal allmählich wieder zu regen anfingen. »Willst du dulden, daß sie mich bestrafen? Willst du, daß sie dich verlachen und sagen, Slya hätte die eine Hälfte ihres auserwählten Volkes verloren und sich die andere Hälfte durch die Finger rinnen lassen?«
    Slya zog eine versonnene Miene, dann erhellten sich ihre roten Augen von einer verschlagenen Böswilligkeit, bei der es Brann trotz der Hitze, die die Göttin ausstrahlte, kalt ums Herz wurde. »WAHR GESPROCHEN, MEIN NICHTS.« Ihre Stimme rumorte wie Lava. Sie sah sich um, ihr Blick traf schließlich Maratullik, der gefaßter als die Mehrheit der Temueng wirkte, Tod und Verwüstung mit einem Slya nahezu ebenbürtigen Gleichmut zur Kenntnis nahm. Ein glühender Zeigefinger wies auf ihn. »DU! TASTET MEIN NICHTS AN, UND DER CYNAMACAMAL WIRD EUCH ZU ASCHE VERBRENNEN. DER CYNAMACAMAL WIRD EUCH SO TIEF UNTER HEISSEM GESTEIN BEGRABEN, UND DIE EINTAGSFLIEGEN VON STERBLICHEN WERDEN VERGESSEN, DASS HIER JE EINE STADT STAND.« Sie stampfte mit dem Fuß. Die Mauern knirschten, der Fußboden erzitterte. »SO«, sagte sie friedfertiger, und erneut verlor ihre Gestalt an Festigkeit.
    »Die Kinder und Taguiloa!« schrie Brann.
    Slya stieß ein schrilles, grelles Gelächter aus, das in den Mauern ein Knacken hervorrief. »DU GEFÄLLST MIR, KLEINES NICHTS. ICH BIETE DIR EINEN HANDEL AN. ICH GEWÄHRE DIR DIE WAHL ZWISCHEN ZWEI MÖGLICHKEITEN. DU DARFST ENTSCHEIDEN. ENTWEDER SENDE ICH DIE KINDER HEIM, VERWANDLE DICH IN EINEN MENSCHEN WIE ALLE ANDEREN ZURÜCK UND ÜBERLASSE DEN TÄNZER UND DIE SEINEN IHREM SCHICKSAL, ODER ICH BESCHÜTZE DEN TÄNZER UND DIE SEINEN FÜR DEN REST IHRES EINTAGSFLIEGENLEBENS, VERBRENNE JEDEN, DER IHNEN ETWAS ANZUTUN VERSUCHT, UND ÜBERLASSE DICH UND DIE KINDER EUREM SCHICKSAL! ENTSCHEIDE, KLEINES NICHTS. WIE SOLL ES SEIN?«
    Brann schaute von Taguiloa zu Linjijan, Harra und Negomas, dann sah sie Yaril und Jaril an, die ihr zu Füßen hockten. Sie blickte tief in die Kristallaugen der Kinder, entsann sich daran, wie Yaril, während sie auf Croaldhu auf der Flucht vor den Temueng gewesen waren, in dem ausgebrannten Gebäude gebeugt und traurig am Feuerchen gekauert hatte, erinnerte sich an die enge Gemeinschaft mit den beiden, die Male, die sie sie gerettet hatten, besann sich aber auch an alle die Leben, die sie geraubt hatte, um das Kinderpaar zu nähren, dachte an die vielen Leben, die sie noch würde rauben müssen, falls die Kinder blieben. Danach fiel ihr Blick nochmals auf Taguiloa und seine Truppe, die alle ihretwegen in der Klemme staken. Sie war dafür verantwortlich. Sie hob den Blick zu der Riesengestalt, die vor ihr aufragte, das Wallen des roten Haars streifte die Deckenlampen, ein huldvolles Lächeln entblößte die Ränder der eckigen roten Zähne. Sie würde mich zurückverwandeln, hat sie gesagt. Ich könnte heimkehren. Ihr Wunsch, wieder zu sein, wie sie am Sommeranfang gewesen war, wieder bei ihrer Familie zu leben, bei ihrem Vater in die Lehre zu gehen, das Verlangen nach alldem war gewaltig stark. Sie könnte bei ihrem Vater sein und seine Handwerkskunst erlernen, sich darum bemühen, eines Tages auch

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