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Brann 01 - Seelentrinkerin

Brann 01 - Seelentrinkerin

Titel: Brann 01 - Seelentrinkerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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Zehen.
    »Nein, Damasaörajan.«
    »Man redet mich mit Dondi an, ketcha.« Langsam drehte die Kindfrau sich um die eigene Achse, blickte im Vorraum in herausforderner Weise rundum. »Ich will die Wahrsagerin sprechen.«
    Brann trat um einen Wandschirm und vollführte eine Verbeugung, spürte Widerwillen in der Magengrube lasten wie eine Verklumpung. Als sie sich aufrichtete, sah sie, wie die Dondi die Miene wechselte. Das Temueng-mädchen fühlte das gleiche: Haß auf den ersten Blick. Es war noch sehr jung, hatte lange magere Arme und lange dünne Beine, trug in den länglichen Ohrläppchen kunstvoll gefertigte Ohrringe, in Silber gefaßte kleine Spiegel. Irgendein Mischling war es, hatte nicht nur Temuengblut, sondern zudem anderes Blut in den Adern. Und obwohl es eigentlich noch ein Kind war, merkte man ihm Gefährlichkeit an. Es hatte zuviel Macht. Brann verspürte ein Gefühl der Vorwarnung, dann regte sich in ihr die Göttin, und da vergaß sie alles andere. Nein, dachte sie mit Entschiedenheit, o nein, du wirst Taga nicht zugrunde richten! O nein, nicht! Sie faßte alle Willenskraft zusammen, unterdrückte das Schwellen der Gotteskraft.
    Die Dondi stapfte um sie herum, die Nase gerümpft. »Bist du eine wahrhaftige Seherin oder bloß eine Taschenspielerin?«
    »Ich bin Unterhaltungskünstlerin, o Saör Dondi.« Es freute Brann so sehr, wie es sie überraschte, daß ihre Stimme kühl und beherrscht klang. »Was würdest du vorziehen?«
    Mit der schlaksigen Wildheit einer Halbwüchsigen umschlich die Dondi sie, zog an Branns Haar, kniff sie in die Brust, bohrte ihr einen Finger in den Bauchnabel, strich mit der Hand über die Rundung ihrer Hüfte, behandelte sie wie ein Tier auf dem Viehmarkt. Brann empfand keinen Zorn, lediglich noch stärkere, tiefere Abneigung.
    Gelangweilt, weil sie Brann zu nichts verleiten konnte, trat die Dondi zurück. »Weissage mir, o Seherin!«
    »Sofort, Saör Dondi.« Brann hob die Arme, legte die Hände seitlich aneinander, so daß sie eine Mulde bildeten. »Ich bitte dich, deine Hand in meine zu legen.«
    »Welche Hand?«
    »Welche dir beliebt, Saör Dondi. Die Wahl der Hand zählt zu den Voraussetzungen des Wahrsagens.«
    Die Dondi betrachtete ihre Hände, schickte sich an, Brann die Rechte zu reichen, zog sie jedoch mit heftiger Gebärde zurück. »Nein!« Sie wandte sich ruckartig ab und schritt steif aus dem Vorraum, ihr folgte dichtauf der schweigsame Gardist.
    Es schauderte Brann; sie verspürte Ekel. Taguiloa kam zu ihr, berührte sie mit der noch nicht geschminkten Hand an der Schulter. »Was hatte das zu bedeuten?«
    »Ich weiß es nicht.« Brann schlotterte vor Abscheu. »Ich glaube, sie war nur neugierig. Oder wollte ausschnüffeln, wer oder was wir sind.« Sie schwieg ein, zwei Atemzüge lang. »Ich hätte nicht mitkommen sollen, Taga. Ich hätte 'ne Knöchelverstauchung oder irgend etwas ähnliches vortäuschen sollen.«
    »Unmöglich, solange uns Maratullik im Nacken sitzt.« Taguiloa versuchte Brann zu beschwichtigen, obwohl er insgeheim mit ihrer Ansicht übereinstimmte — er hätte, befand er, selber an so etwas denken können —, aber er wollte vermeiden, daß Beunruhigung ihre Muskeln verkrampfte, ihr das Zeitempfinden störte. »Bring sie zum Hecheln, Brann, sie sollen nach dem lechzen, was sie nicht kriegen können, sorg dafür, daß sie in dir nichts anderes mehr als das Weib sehen.«
    Brann schüttelte den Kopf, lachte. »Schon gut, Taga, schon gut. Ich habe verstanden.«
    »Vorzüglich.« Taguiloa kehrte an den Tisch zurück und begann sich auch die andere Hand weiß zu schminken.
    Branns Tanzdarbietung ging reibungslos vonstatten, niemand sprang auf und bezichtigte ihre Flamme, ein Abkömmling von Dämonen zu sein, niemand beschuldigte sie, Sklaven des Kaisers zur Flucht verholfen zu haben. Als sie fertig war, erklang Beifall, der ein gewisses Interesse bewies, jedoch keine große Begeisterung. Währenddessen beruhigte sich Taguiloa, das Aufkreuzen der Dondi blieb allem Anschein nach ein bloßes Ärgernis, aber kein Anzeichen dafür, daß sich irgendwer über die Truppe ernsteren Gedanken hingab. Eines indessen sorgte ihn: Die Zuschauerschaft zeigte sich kein bißchen lebhaft, die Temueng saßen da wie Baumstümpfe, ließen sich kaum eine Gemütsregung anmerken. Taguiloa kratzte sich im Nacken. Das forderte ihnen lediglich erhöhten Einsatz ab; mehr besagte es nicht.
    Beim Audienzsaal handelte es sich um einen Riesensaal, mit einer Decke aus

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