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Brann 01 - Seelentrinkerin

Brann 01 - Seelentrinkerin

Titel: Brann 01 - Seelentrinkerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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Zitteraal. Während er einen Aufschrei unterdrückte, blickte er sich um.
    »Laß Yaril und Jaril vorauseilen!« Aituatea nickte. Die Bulldoggen drängten sich an ihm vorüber ins Gebäude, ihre Fußnägel riefen drinnen auf dem polierten Holzboden rasches Pochen hervor. Brann ließ den Blick ein letztes Mal durch den Garten schweifen, trat dann — leise wie Hoteas Geist, dem sie folgte — gleichfalls ein. Aituatea zog die Tür zu und hinkte ihnen nach.
    Die Luft im Labyrinth der Korridore war abgestanden und roch schlecht, enthielt einen Mischmasch von Fauligkeit; am deutlichsten konnte man jenen Anisgeruch bemerken, den Hotea zu verabscheuen gelernt hatte, vermengt mit Düften anderer Gewürze. In den Fluren lasteten Schatten, Staubbüschel wehten über die Schilfmatte dahingetrieben durch unstete Zugluft, das einzige, was sich im Palast regte. Die meisten Räume waren leer; nur in wenigen Zimmern ruhten Schläfer, eine Handvoll Hofschmarotzer, durch Ehrgeiz und stärkere Drogen betäubte Männer und Frauen, die sich wahrzunehmen weigerten, was rings um sie geschah. Aituatea schlich mitten durch ihr Untoten-Dasein, die Anforderungen der Stunde bannten seine Furcht und sein Zaudern; es gab kein Zurück mehr, und das bedeutete eine eigene Art von Trost.
    Über eine Treppenflucht gelangten sie hinauf zu den Gastgemächern. Dort herrschten die gleiche gespenstische Leere, der gleiche Todesgeruch, eine ebensolche Schalheit der in widersprüchlicher Weise allerdings nie stillen Luft. Eilends durchquerten sie das Schweigen in die Richtung zu der Treppe, die zu den persönlichen Gemächern des Tekoras hinaufführte.
    Die Bulldoggen kauerten sich neben Brann auf die Hinterkeulen, die Stummelschwänze trommelten auf die Schilfmatte. Hotea kam zurückgeflitzt. »Wachen«, sagte sie. »Beiderseits der Schlafzimmertür des Tekoras.«
    Brann kratzte sich am Mundwinkel. »Sind sie auf der Hut?«
    »Nicht besonders«, antwortete Hotea. »Aber sie sind wach.«
    »Hmm. Das heißt, er befindet sich hinter selbiger Tür. Weilt die Hexe bei ihm ?«
    »Ich werde nachschauen.« Ehe Brann oder Aituatea sie aufhalten konnten, schwebte Hotea schnell wieder die Treppe hinauf.
    »Tz-tz, junger Hina, wir wollen hoffen, daß die Dondi schlummert oder abwesend ist, sonst könnte deine Schwester uns großen Ärger einhandeln.«
    »Darüber wird sie nicht lange nachdenken.«
    »Und du denkst zuviel nach, hm?«
    Aituatea entgegnete darauf nichts, während er, um Hotea besorgt, nach oben spähte. Schon nach wenigen Augenblicken war sie wieder da, eine Schliere schwachen Lichts glitt die Schräge herab, gewissermaßen ein Wasserfall von Mädchengeist, verhielt vor ihnen als Strudel gleichsam kristallenen Flitters, der sich flugs von neuem zu Hoteas Erscheinung verdichtete. »Sie liegen beide im Bett, ich glaube, sie schlafen. Ich habe nur flüchtig den Kopf hineingesteckt. Sie haben heute abend geschmaust, es riecht dort ganz fürchterlich.«
    »Schlafen ... Gut. Möge es so bleiben.« Brann schlich voraus unter die Treppe, damit ihr Getuschel nicht an die Ohren der Wachen drang. Sie setzte sich mit dem Rücken an die Wand, wartete ab, bis sich Aituatea neben sie gehockt hatte. Er rieb sich mit den Fingern die lahme Hüfte, der Schmerz darin war ihm lieber als die Gedanken im Kopf; die Beschwerden erwiesen sich als fast hinlängliche Ablenkung. »Ein glücklicher Umstand«, murmelte Brann, »sie satt und im Schlaf anzutreffen.« Ein flüchtiges verzerrtes Lächeln. »Weniger gut für denjenigen, an dem sie sich gesättigt haben, aber daran vermögen wir nichts mehr zu ändern. Ich bin darüber, daß die Dondi schläft, in der Tat sehr froh. Dennoch sei gewarnt: Meine Mittel sind, was sie anbetrifft, durchaus begrenzt. Ich möchte keine Schwingungen erzeugen, die sie vorzeitig wecken könnten.« Als Aituatea andeutete, daß er ihre letzten Äußerungen nicht verstand, seufzte sie, versuchte jedoch nicht, sie ihm zu erklären. »Als erstes ist's erforderlich, die Wachen zu beseitigen.« Sie schlug eine Seite ihres ledernen ärmellosen Kaftans zurück, zeigte ihm die beiden Klingen, die darunter in Scheiden staken. »Damit kann ich sie erledigen, aber ohne die Gewähr, daß es lautlos geschieht. Verbluten braucht seine Zeit. Hast du einen besseren Einfall?«
    Aituatea nickte, langte unter seinen Überrock, betastete kurz die ans Futter genähten Taschen, brachte ein zusammengeschobenes Blasrohr aus Bambus zum Vorschein. »Das Ding habe ich immer für

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