Brann 01 - Seelentrinkerin
Geschirr und zudem aus mehr Gründen, als du je erfahren darfst, werde ich gegen jene Hexe antreten. Mmm ... Ich will dir etwas verraten: Ich hätt's auch ohne das Geschirr getan.« Sie grinste Aituatea an, sicherheitshalber eine Hand auf der Schachtel. »Versuch nicht, ihn mir abzunehmen, ich würde dich beißen. Im Ernst, Hina, ich kann ein überaus gefühlvolles Weibsbild sein, wenn ich will, und ich habe dich und deine Schwester unter Beobachtung gehabt. Recht leicht hättest du dich ihrer entledigen können, ein wenig Nachdenken und das Geld für eine Geisterbeschwörung hätten genügt, und wer hätt's je erfahren? Meine Gefährten vermelden, daß du kein einziges Mal an eine Geisterbeschwörung gedacht hast. Mir gefällt deine Haltung. Doch genug des Geplauders! Was habt ihr für einen Plan?«
»Kannst du klettern?« Hotea kniff Aituatea. »Wie nett, daß du dich auch wieder einmal bemerkbar machst«, brummelte er. Mit einem heftigen Fauchen des Unmuts wies sie auf den Dampf, der unterm Deckel des Kessels hervorschoß.
»Ich bin am Hang eines Bergs geboren, neben dem die hiesigen Hügel Mückenstichen gleichen«, sagte Brann und lachte.
»Vorzüglich.« Aituatea entschied sich für die Teekanne, die er bei sich seine Gartenkanne nannte, auf ihre fünf glatten Seiten hatte sie zierliche Orchideen und Bambus gemalt. Während er die Kanne ausschwenkte, schielte er hinüber zu Brann. Ihr Kopf ruhte an der Rücklehne des Stuhls, die Hände lagen locker auf den Armlehnen. Er gab zwei Meßlöffel Schwarztee in die Kanne und schüttete heißes Wasser hinein, trat mit der Kanne zu dem schmalen Tisch am Wandschirm, teilte die flachen Trinkschalen für die Geister aus.
»Wozu tust du das?« Branns Stimme klang gelassen, träge. Als Aituatea sie nochmals anschaute, schien sie halb zu schlafen.
»Für die Familie«, antwortete er, winkte den Geistern; sie kamen und drängten sich um die Schälchen, saugten den Duft des Tees auf. Wieder am anderen Tisch angelangt, füllte er zwei Becher, musterte mit gerunzelter Stirn die Kinder. »Möchten sie auch Tee?«
Brann schüttelte den Kopf. »Nein.« Sie nahm den Becher, den Aituatea ihr reichte, schnupperte den Dampf, der daraus aufwallte. »Mmmm.« Ihre grünen Augen spiegelten Heiterkeit wider. »Du stiehlst nur vom Besten.«
»Richtig.« Aituatea setzte sich wieder, trank einen Mundvoll Tee. »Der Alte erwähnte, du und die Hexe wärt alte Widersacherinnen.«
»So?« Brann verkniff die Lider. »Kennt ihr ihren Namen?«
»Nein.«
»Doch.« Hotea huschte näher. »Doch. Die Nebenfrauen fluchten ihr bei Nennung ihres Namens und mit noch ärgeren Verwünschungen. Sie hat einen sonderbaren Namen, man kann aus ihm weder einen Klan ersehen noch die Familie. Er lautet Ludila Dondi.«
»Ach. Die Dondi.«
»Also kennst du sie.«
»Wir sind uns einmal begegnet. Nur flüchtig. Es war keine Liebe auf den ersten Blick.« Brann drehte den fünf seitigen Becher zwischen den Händen. »Damals war sie noch ein Däumling, aber schon von niederträchtiger Gesinnung.« Sie leerte den Becher, stellte ihn behutsam auf den Tisch. »Nun sprich, junger Hina! Ich werde in der Morgenfrühe auf dem Schiff zurückerwartet und habe mich in dieser Nacht noch anderen Spielen zu widmen.« Sie setzte auch die Schachtel auf dem Tisch ab, beugte sich vor, in den Augen den Glanz von Neugier und Spannung. »Ich höre.«
Die Weiden neigten sich tief übers Wasser, ihre Baumkronen verwoben mit dem Nebel. Der Kahn war nur etwas ähnliches wie eine kleinere Ausgabe der flachen Fährboote, bot kaum Platz für zwei Personen und einen Geist, aber die Kinder hatten erneut die Gestalt gewechselt, waren als Eulen davongeschwirrt. Brann saß am Bug, die Schachtel zwischen den Füßen auf trockenen Planken. Aituatea hantierte an dem nässedurchtränkten Tau, vermochte endlich doch den Knoten zu lösen; die Hände zitterten ihm, doch überwog Erregung seine Furcht. Er stieß den Kahn, während Hotea an seiner Seite schwebte, in tieferes Wasser, schwang sich an Bord. Wenig später lenkte er das Gefährt durch den Nebel, ohne daß ringsherum irgend etwas erkennbar gewesen wäre, man sah nichts als schwache gräuliche Wellen trüben Wassers beiderseits gegen den Kahn schwappen.
Nach einer halben Stunde anstrengenden Ruderns umrundete er Utars Landzunge und steuerte das Boot an den Klippen entlang südwärts; der rauhere Seegang an der Wetterseite der kleinen Insel erschwerte das Rudern beträchtlich. Der Nebel
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