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Brann 01 - Seelentrinkerin

Brann 01 - Seelentrinkerin

Titel: Brann 01 - Seelentrinkerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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Lehrlinge liefen umher wie Ameisen eines aufgestörten Ameisenhaufens, Dampfwolken umwallten die beiden älteren Gesellen. »He, Brombeer«, dröhnte Migels Stimme, »reiche deinem alten Ohm etwas zu trinken!« Mißmutig wegen der Verzögerung, warf Brann die Zöpfe nach hinten, doch die Sitten im Tal verlangten eindeutig gegenüber Erwachsenen Höflichkeit. Sie klappte den Deckel von der Kühlkruke, die Immer, ihres Vaters Lehrling, gemacht hatte, brachte Migel einen so vollen Schöpflöffel, daß der Trank über den Rand troff. Migel schlürfte einen Großteil des Inhalts, spritzte sich danach den Rest über das ausgedünnte schwarze Haar. »Hast du unterdessen deine Berufung geklärt, Brombeerchen? Die Zeit drängt.« Brann nickte, Migel zupfte sie an einem der Zöpfe, grinste ihr zu. »Maulfaul, hä?« Er lachte, als sie eine Schmollmiene zog, sein hartes, stets gleiches Gelächter, und wurde wieder ernst. »Du ziehst hinauf zum Berg, stimmt's? Vortrefflich. Venstrey«, — mit dem Kopf wies er hinüber zu einem der Gesellen —, »braucht für einen Messergriff, an dem er arbeitet, die Darstellung eines schlafenden Otters, eines ausgestreckten Otters, damit du mich nicht mißverstehst, zusammengerollt gäbe er ja 'nen recht seltsamen Griff ab.«
    Brann nickte, hängte den Schöpflöffel mit der Schlaufe an die Kruke und kehrte zurück auf die Straße.
    Während Brann Ohm Djimis' Treppe hinabpolterte, kam Marran, der Lehrling ihrer Mutter, mit zwei warmen Milchsemmeln um die Ecke des Hauses. »Heda, Brombeerlein, fang!« Er warf ihr eine Semmel in hohem Bogen zu.
    Brann reckte sich, um die Semmel aufzufangen — und stürzte um ein Haar von der untersten Stufe, mußte mit Armen und Beinen fuchteln, ein wahres Narrentänzchen aufführen, um zu verhindern, daß sie mit dem Gesicht in den Staub fiel, ein Vorgang, der ihre Laune keineswegs verbesserte. »Marran, du elendiger Trottel, wenn du dafür sorgst, daß ich mir den Hals breche, werde ich dich dein ganzes Leben lang verfolgen.«
    Marran schenkte ihr sein bedächtiges, freundliches Lächeln, schwieg jedoch. Er hatte selten viel zu sagen, aber nur wenige Bewohner des Tals, ob Mann oder Weib, jung oder alt, vermochten seinem Lächeln zu widerstehen. Dies war sein drittes Jahr in Arth Slya, und er fand sich recht gut zurecht. Branns Mutter beteuerte, aus ihm würde der beste Weber und Teppichknüpfer werden, den man seit Zeitaltern in Arth Slya gesehen hätte. Falls ihre Mutter sich wirklich dazu entschloß, einen Berg-Wandteppich unter Verwendung von Branns Zeichnungen zu fertigen, würde es Marran sein, der die Bildvorgänge malte und einen erheblichen Teil der Arbeit verrichtete. Erst vor einem Monat war er fünfzehn geworden, also für so etwas noch ziemlich jung, doch ihre Mutter hatte vor, ihn anläßlich der Feier des Hundertjährigen Ältesten Ohms Eornis zum Gesellen zu ernennen. Dem Tag von Branns Berufung; ihrem elften Geburtstag. Es mußte ein überaus geschäftiger Tag werden.
    Ein Fußtritt Branns ließ Sand aufstieben, sie widmete Marran (der grinste, als er es sah) einen verstohlenen Blick, entfernte sich dann die Straße hinunter, stopfte die Semmel in ihre Tasche, brummelte mürrisch, halb verärgert, halb erfreut über die Aufmerksamkeiten, die er ihr fortwährend erwies. Ihre Mutter und einige Tanten grübelten schon an Plänen, wiederholt hatte sie bemerkt, wie sie Marran und sie mit Blicken anschauten, die so viel Bedeutungsschwere ausdrückten, daß Brann sie am liebsten gebissen hätte.
    Sie klomm hinauf zur Werkstatt ihres Vaters, lugte hinein. In einem der Räume saß Vetter Immer, zerbrach sich den Kopf über Entwürfen für einen Satz Teller, den ein Onkel für die Aussteuertruhe seiner Tochter haben wollte. Die Schwierigkeit bestand darin, daß der Ohm und seine Tochter außerordentlich unterschiedliche Vorstellungen von Tellern hegten, und Immer, der ein Gemüt voll des Wohlwollens besaß, bemühte sich um einen Vorschlag, dem beide zustimmen könnten. Er war ein Umstandskrämer und manchmal patzig, aber Brann mochte ihn sehr gern; selbst wenn er über jedes gewohnte Maß hinaus beschäftigt war, fand er Zeit und erübrigte Beachtung für ein lästiges kleines Mädchen. Brann ging zu ihm, stellte sich an seinen Ellbogen, sah zu, wie er beharrlich Umrisse mit Farben ausmalte. Er arbeitete einen bestimmten Entwurf in verschiedenerlei Farbzusammenstellungen aus, um sie später dem gegensätzlichen Paar zu zeigen. Sie tätschelte ihm den

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