Brann 01 - Seelentrinkerin
betreten. Gingy-Fast-noch-Säugling stand vorm Waschbecken auf einem Stuhl, Seifkrautschaum umschwappte die Ärmchen, er scheuerte Töpfe und Teller. Er drehte sich um, schnippte eine Handvoll Schaum in Branns Richtung. »Du«, sagte er, »hülf!«
»Du bist dran, Maus, ich hab's gestern getan.« Brann wischte sich den Schaum vom Arm, ging zu dem Knaben und zauste ihm die kurzen braunen Locken, sie kicherte, als er regelrecht zusammenschauderte und wieherte wie ein kleines Pferdchen, warf dann einen Blick in die Vorratstruhe. »Shara.«
»Mmm?« Ihre jüngere Schwester saß am Frühstückstisch und pflegte eine kleine Pflanze, knipste Strünkchen ab, lockerte rings um die Wurzeln die Erde. Sie war erst neun, aber über ihre Berufung bestand für sie und jeden anderen bereits Klarheit; obwohl vorerst noch nicht endgültig, war sie schon Ohm Sahah, einem Bauern, als Anlernling zugewiesen, den größten Teil des Tages brachte sie inzwischen bei ihm zu, arbeitete schweigsam, von der Sonne gebräunt und vollauf zufrieden auf den Feldern. Sie setzte das Pflanzengefäß ab, blickte sich um, die grünen Augen halb verborgen hinter schweren Lidern, wenn sie am wachsten war, wirkte sie immer so schläfrig. »Was ist denn?«
»Hat Mama bei Ohm Djimis neues Brot bestellt? Nicht?« Brann hielt das hartgewordene Ende eines Laibs Brot in die Höhe. »Tja, das ist alles, was noch da ist. Und ich nehm's mit.« Sie legte das Brot in ihre Tragtasche; zwar war es alt, aber Ohm Djimis' Brot zeichnete sich durch eine Güte aus, die es bis zum allerletzten Krümel genießbar machte. Nachdem sie ein Stück Käse und zwei Äpfel hinzugefügt hatte, schlang sie die Tasche um die Schulter und tänzelte hinaus, die langen Zöpfe hüpften ihr auf den Schultern. »Betragt euch anständig, ihr Kleinen!« rief sie laut, knallte mit einem Tritt die Tür zu, bevor ihr die empörten Antworten ihrer Geschwister ans Ohr drangen, durchquerte das stille Haus bis zum rückwärtigen Vorbau, wo ihre Mutter in der Hängematte aus Netzwerk ruhte, sachte hin- und herschaukelte, im Arm Klein Ruan, wortlos eine eintönige Melodie summte. »Ich gehe«, sagte Brann zu ihrer Mutter. »Hast du irgendwelche besonderen Wünsche?«
Accyra streckte eine Hand aus, umfing Branns Finger, drückte sie zärtlich. »Gib auf dich acht, mein stachliges Brombeersträuchlein, gegenwärtig ist der Berg unberechenbar.« Sie schloß die Lider, hielt Branns Hand fest, summte noch ein wenig vor sich hin; schließlich lächelte sie, blickte auf. »Mal Coynos, so viele Ansichten von ihnen, wie du schaffen kannst, dazu einige sonstige Vierfüßler. Ich erwäge, zu Ehren des Berges einen Wandteppich zu weben.« Sie wölbte die Brauen. »Und sei rechtzeitig zurück, um beim Abendessen zu helfen.«
Brann nickte, schnalzte dann mit der Zunge. »Ach, ich hab was vergessen. Ich wollte Shara sagen, sie solle neues Brot bestellen. Den letzten Kanten hab ich dabei.« Sie patschte mit der Hand auf die Tasche. »Soll ich unterwegs Ohm Djimis Bescheid geben?«
Ihre Mutter hob schwere Lider und seufzte. »Ohne daß Callim mich an alles erinnert, werde ich mir nie etwas merken können. Was brauchen wir?«
»Na, 'n paar Laibe vom üblichen Brot. Und Honig-Nuß-Semmeln fürs Frühstück? Hmmmm? Bitte!«
Ihre Mutter lachte. »Also schön, ein Dutzend Honig-Nuß-Semmeln. Sag Shara, bevor du gehst, sie soll alles holen.«
»Danke, Mama.« Brann eilte zur Tür.
»Sei ein wenig achtsam, mein kleiner Wirbelwind, laß dir nicht den Berg auf den Kopf fallen.«
»Werd ich nicht.« Brann hastete nochmals durchs Haus, steckte den Kopf zur Küchentür hinein. »Shara, Mama sagt, du sollst Brot und Semmeln besorgen.« Auf dem weiteren Weg durchs Haus sang sie vor sich hin. »Ich werde mir nicht den Berg auf den Kopf fallen lassen, fallen lassen, fallen lassen.« Während sie die mit weißem Sand bestreute Straße entlangzog, legte sie ein ruhigeres Gebaren an den Tag, winkte den Onkeln, Tanten und Vettern zu — entweder gebührten ihnen diese Anreden als Ehrentitel, oder es handelte sich um tatsächliche Blutsverwandte —, denen sie begegnete, derweil sie zu den Werkstätten längs des Stroms strebten.
Ohm Migel schwitzte in der Schmiede, hatte bereits einen Stapel nützlicher Gegenstände hergestellt; heute war ein Tag, an dem er alle die kniffligen kleineren Dinge anfertigte, die man im Tal benötigte: Nägel und Nieten, Pfeilspitzen, Angelhaken, Scheren, Schrauben, Bolzen und dergleichen. Die
Weitere Kostenlose Bücher