Brann 01 - Seelentrinkerin
von Gold, von hellerem Silber. Ein Empush, ein Befehlshaber über vier Mann.
Dann war er vorbei. Alle waren sie auf einmal vorbei. Brann atmete auf. Die Mitte ihres Leibs schmerzte, als hätte sie sich stundenlang immerfort bücken müssen. Sie wischte sich Nässe aus der Miene, trieb Coier mit den Knien an und im Trab zurück auf die Straße, die zwei Hunde eilten stumm zu ihren Seiten mit.
Ein paar Atemzüge später hörte sie Hufschlag sich hinterrücks rasch nähern, gleich darauf überholte sie der Temueng-Empush, wendete sein Pferd, versperrte ihr den Weg. Brann zügelte das Reittier, ihr Magen rumorte, etwas wie ein Knoten aus Furcht und Wut verschloß ihr die Kehle. Sie blieb zum Sprechen außerstande, blickte den Temueng nur grimmig und stumm an. Ihre Sicht verschwamm, erst verspätet begriff sie, daß sie weinte, aber sie tat nichts, um die Tränen zu verbergen, sie hoffte, der Regen, der ihr ins Gesicht wehte, werde sie verhehlen.
»Wer bist du?« schnauzte der Mann sie an, seine Stimme klang schroff und unfreundlich. »Was treibst du auf dieser Straße? Wohin reitest du?«
»Ich bin eine Reisende«, brachte Brann mühselig hervor, starrte ihm unverwandt in die Miene, »auf dem Weg zum nächstgelegenen Hafen, um diesen feuchtkalten verregneten Landstrich zu verlassen.« Der bissige Tonfall ihrer Auskunft verblüffte sie selbst, nichts von allem, was sie insgeheim empfand, gelangte darin zum Ausdruck, es schien, als spräche jemand anderes für sie. Furcht und Zorn verebbten, die Tränen versiegten, sie saß reglos auf dem Roß, wartete auf die Antwort.
»Deine Genehmigung.« Er trieb sein Pferd näher, streckte die Hand aus.
»Was?«
»Deine Reiseerlaubnis, Athin.« Die Weise, wie er die Anrede äußerte, glich einer Beleidigung. Er zückte das Schwert, hielt es locker in der Rechten. »Den besiegelten Schein.«
»Ach so.« In rasender Hast überlegte Brann. Anscheinend versuchten die Temueng den Reiseverkehr zu überwachen, um Croaldhu um so gründlicher ihrer Gewalt zu unterwerfen; vor drei Jahren, zur Zeit der letzten Messe, waren keine derartigen Bestimmungen in Kraft gewesen; der Kumaliyn hatte sich nie mit solchem Unfug befaßt. Die ersten Entgegnungen, die ihr einfielen, waren Schimpfereien über die Beamtenhaftigkeit der Temueng, die offenbar den Drang hatten, ihre Nasen in sämtliche Angelegenheiten anderer Leute zu stecken. Der Kerl brauchte nur weiterzureiten und sie in Ruhe zu lassen. Doch offensichtlich erwartete er von ihr irgendeine Stellungnahme, und er erregte nicht den Eindruck, als ob er sich mit Ausreden oder Beteuerungen der Unkenntnis zufriedengäbe. Rasch widmete sie Yaril und Ja-ril Blicke. Lautlos hatten sich die Werhunde nach den Seiten entfernt, bis der Regen sie beinahe unsichtbar machte. Brann wagte einen Blick über die Schulter zu werfen: Die anderen Reiter sowie die Reisekutsche befanden sich außer Sicht- und Hörweite. Sie hob so langsam eine Hand, daß der Empush sehen konnte, sie hatte nichts darin, bewegte sie aus Yarils Richtung in weitem Bogen hinüber auf Jarils Seite. »Sie sind alles, was ich an Genehmigungen brauche, Temueng.«
Yaril schoß ihm als Feuerkugel an den Kopf, Jaril glich einer Leuchterscheinung, die sein Schwert umgab. Mit einem Schmerzensschrei ließ er die Klinge fallen. »Vertreibt ihn nur!« sagte Brann flugs. »Ich habe vorerst genug Leben aufgenommen.«
Die feurigen Erscheinungen schienen irgendwie gleichmütige Zustimmung anzudeuten, sausten an die Flanken des ohnehin verstörten Pferds und zischten, scheuchten es in einen wilden Galopp der Reisekutsche hinterdrein, unterwegs bockte es ständig, so daß es den erschrockenen Empush alle Mühe kostete zu verhindern, daß es ihn in den Schlamm schleuderte. Eines der Feuer verwandelte sich in einen großen Falken, kam zurückgeflogen, flatterte zum Schwertgriff, nahm die Waffe in die Krallen und verschwand damit in den Regenschleiern. Gleich darauf fand er sich wieder ein, ließ sich neben Coier auf der Erde nieder, wurde zu Yaril, kaum daß die Krallen den Schlick berührten. Brann schwang sie vor sich aufs Roß. »Ich habe dem Narren sein Schwert nachgebracht«, sagte Yaril. »Es ist besser, er muß keinen Verlust der Waffe erklären.« Sie lehnte sich an Brann und lächelte, als auch das andere Feuer zurückkehrte, sich neben dem Pferd in einen Hund umformte. »Wir werden Verdruß genug bekommen, wenn er sich erst einmal mit den Vollstreckern beratschlagt hat.«
Brann trieb Coier zu
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