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Brann 01 - Seelentrinkerin

Brann 01 - Seelentrinkerin

Titel: Brann 01 - Seelentrinkerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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gemäßigtem Handgalopp an. »Auf alle Fälle bin ich darüber froh, daß er lebt. Wir sind so oder so in Schwierigkeiten, was sollte es, noch so einen miesen Temueng zu töten?« Sie streichelte Yarils mondfahles Haar. »Eine Stunde noch ...« Sie seufzte. »Drecksregen. Wäre er nicht, könnte einer von euch durch die Lüfte fliegen und die Umgebung unter Beobachtung halten. Ich weiß nicht, was ich anfangen soll ... Ich weiß es wirklich nicht ...«
    Unentwegt ritt Brann durch den Regen, einen unaufhörlichen trostlosen Wolkenbruch, dessen Wasser aus den Wolken senkrecht herab zur Erde rauschte, einen Regen jener Art, von dem man meinte, er werde niemals enden, bis man gar vergaß, wie sich Sonnenschein anfühlte. Jaril allerdings lachte über die Vorstellung, so etwas Gewöhnliches und Natürliches wie Regen könnte ihm das Fliegen unmöglich machen; er folgte eine Stunde Ritt hinter Brann und Yaril als dunkelgrauer Nebelkranich, der fortwährend Wolke um Wolke durchstieß. Yaril hatte erneut Hundsgestalt angenommen, begleitete das Roß ohne sonderliche Anstrengung. Coier mußte, weil er gut gefüttert und ausgeruht war, so daß er mit höherer Schnelligkeit laufen wollte, wiederholt gezügelt werden; Brann teilte mit ihm seine Neigung zur Eile, aber sie traute sich nicht, ihn ungehemmt drauflosrasen zu lassen.
    Eine Stunde verstrich, dann noch eine. Innerhalb des Gesichtskreises vermochten die Kinder über jede Entfernung hinweg miteinander Verbindung zu halten — was es mit dieser Einschränkung auf sich hatte, könnten oder wollten sie nicht erklären —, und Jaril würde mit einer Stunde Vorwarnfrist auf etwaige Verfolger hinweisen, eine ausreichende Zeitspanne, um ein Versteck ausfindig zu machen, das mit einiger Sicherheit den Häschern entging.
    Abermals verstrich eine Stunde. Brann ritt zwischen nur halb sichtbaren Hecken, denen das Herunterprasseln des Regens einen Anschein von Ähnlichkeit verlieh, in all dem Gießen und Schütten verschwammen sie zu düsterglänzendem Grün, das inmitten des ganzen Graus von Regen und Schlick regelrecht leuchtete.
    Die vierte Stunde des Ritts war zu einem Viertel vergangen, da verwandelte der Hund sich plötzlich in Yaril, die an Branns Knie mitrannte, durchs Rauschen und Klatschen des Regens zu ihr heraufschrie. »Reiter folgen uns. Sie reiten geschwind. Temueng. Drei Mann von der Eskorte der Reisekutsche, ein Vollstrecker, ein Halbdutzend mehr, neue Gesichter. Höchstwahrscheinlich Krieger des Besatzungsheers.« Sie sprang dem Pferd voraus, wurde zu einem Falken, erhob sich in die Luft, in den Regen, um nach einer Lücke in den Hecken auszuschauen.
    Brann drohte in Panik zu geraten. Zehn Mann, zehn Verfolger, die wußten, daß sie vor ihr auf der Hut sein mußten. Fast ein Dutzend Männer, die Abstand halten und ihr Pfeile in den Leib schießen, sie mit Pfeilen spicken würden, wahrhaftig keine schöne Aussicht. Obwohl ihr Körper inzwischen über beachtliche Selbstheilungskräfte verfügte, hegte sie doch den starken Verdacht, daß auch sie ihre Grenzen hatte und trotzdem am Ende mausetot sein müßte. Die Hecken beiderseits der Handelsstraße wuchsen hoch und dicht, in wilder Üppigkeit, standen höher als Brann auf Coiers Rücken reichte, und vermutlich waren sie so dick wie hoch. Selbst wenn es ihr gelänge, sich hindurchzuzwängen, diese mörderischen Schergen, die sich ihr an die Fersen geheftet hatten, müßten die Spuren sehen, die sie hinterließ, sie würden ihr von der Landstraße folgen, und sie hätte nichts gewonnen, befände sich vielmehr, falls einer von ihnen sich schon lange genug hier aufhielt, um sich in der hiesigen Gegend auszukennen, sogar noch mehr im Nachteil. Der Streifendienst eines Jahres mußte genügen, um jemanden zu lehren, wie man Gejagte in die Enge trieb.
    Yaril kam zurückgeflogen, herabgesaust, wechselte in Kindesgestalt. Brann hob sie erneut zu sich auf das Reittier, so daß sie bei der Unterhaltung nicht zu schreien brauchten. »Nichts«, meldete das Wandelkind. »Keine Abzweigungen, so weit ich zu fliegen wagte. Doch in einer Drittelstunde Entfernung klafft in der Hecke eine Bresche, eine Stelle, an der ein Strauch verwelkt ist.« Brann wollte Bedenken äußern, doch Yaril schüttelte den Kopf. »Mehr bietet sich nicht an, Brombeer. Wir werden uns etwas ausdenken. Nun spute dich!« Sie rutschte von Coiers Rücken, wechselte mitten im Sprung die Gestalt und schwang sich als Falke von neuem in die Höhe. Brann brachte Coier zum

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