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Brann 01 - Seelentrinkerin

Brann 01 - Seelentrinkerin

Titel: Brann 01 - Seelentrinkerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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Gaststube gesetzt hatten, eilten sie zwischen den Tischen hindurch zu Brann, stellten sich zu ihr. Brann schnitt in die Richtung der Gaffer eine ungnädige Miene, und sie schauten überstürzt weg. Gerüchte sind schlimmer, dachte Brann, als die Aufmerksamkeit eines Mückenschwarms. Sie trank vom heißen Tee, schwieg, bis sie den Becher geleert hatte.
    Dann setzte sie ihn mit einem leichten Knall ab, der Entschiedenheit anzeigte, und wandte sich an Jaril. »Hast du für die Kammer und das Essen gezahlt?«
    »Nein, Herrin, und ebensowenig für Stall und Hafer.« Dem übrigen Raum den Rücken zugekehrt, grinste Jaril und zwinkerte Brann zu.
    »So kümmere dich darum. Aber merk dir, ich bin verärgert, wenn du dich wie ein Dorftrottel übers Ohr hauen läßt.«
    Jaril zwinkerte ein zweites Mal und entfernte sich, um die Beträge zu begleichen, die Yaril gestern mit dem Wirt ausgehandelt hatte. Brann entspannte sich noch ein wenig, konnte sich aus der Kanne den Becher noch halb füllen, trank gemächlich, schaute in der Gaststube umher. Eine Anzahl neuer Gesichter war zu sehen, wahrscheinlich von Leuten, die bereits im Bett gelegen hatten, als sie am gestrigen Abend im Gasthof einkehrte, die nun ebenfalls ihr Frühstück einzunehmen beabsichtigten, bevor die Reisekutsche mitsamt ihrer Temuengeskorte eintraf. Sie gaben ein seltsames Gemisch ab. Ähnlich waren sie sich nur in ihrer Wachsamkeit; ansonsten wiesen sie kaum Gemeinsamkeiten auf. Da saß ein Händler mit einem kleineren Ebenbild seiner selbst neben sich, die Übereinstimmung ging bis in die Einzelheiten der prächtigen Gewandung, wahrscheinlich ein Sohn, der das väterliche Gewerbe erlernte, er hielt die kleinen Hände verkrampft, das ausdruckslose langweilige Gesicht gab von seinem Innenleben nichts preis. Mehrere narbige Männer mit harten Mienen, gekleidet in verschlissenes Leder, hatten an ihren Gürteln und Gurten mehr Messer, Dolche und Schwerter befestigt, als Brann jemals außerhalb von Migels Schmiede gesehen hatte; sie erinnerten Brann unverzüglich an die temuengischen Eindringlinge, sie waren von andersartigem völkischen Schlag, ihnen im übrigen aber dermaßen gleich, daß kleinere Unterschiede im Wuchs oder hinsichtlich der Hautfarbe weniger ins Gewicht fielen.
    Zudem saßen ein halbes Dutzend älterer Männer in der Stube, zumeist mit dem Rücken zur Wand, Gewandung und Verhalten lieferten kaum irgendwelche Hinweise darauf, wer sie waren oder weshalb auf Reisen, man sah nur eins mit Gewißheit: Temueng waren sie nicht.
    Durch den Türbogen lugte Jaril in die Räumlichkeit, nickte Brann zu. Mit unbewegter Miene verließ Brann ihren Platz und ging ohne Hast zwischen den Tischen zur Tür, spürte währenddessen ununterbrochen Blicke auf sich gerichtet. Im Flur winkte sie dem Wirtssohn zum Abschied zu, schlüpfte durch den Haupteingang aus dem Haus, verharrte unter dem schmalen Vordach, das zumindest vom Kopf den Regen fernhielt. Es regnete stärker, als sie von drinnen den Eindruck gehabt hatte, graue Schleier fegten herab, die alles außerhalb einiger Schritte Abstand unkenntlich machten. Coier stand gesattelt bereit, gebunden an einen Eisenring an einem der Pfähle mit Wegzeichen vor dem Gasthof, das Roß wirkte unzufrieden und störrisch, anscheinend behagte der Regen ihm wenig. Brann brachte Mitgefühl für das Tier auf, es mißfiel ihr selbst, bei diesem Wetter ins Freie zu müssen, aber es half nichts, sie mußte weit fort sein, wenn Yarils Schlafbann nachließ, die Vollstrecker aufwachten und das Verschwinden des Zensors feststellten. Sie stapfte durch den Matsch und schwang sich in den Sattel, setzte sich mit einem feuchten Patschen hinein, nahm die Zügel, als Jaril sie ihr heraufreichte, musterte ihn voller Neid. Seine Kleidung bestand gar nicht aus echten Kleidern, vielmehr war sie ein Teil des Stoffs, aus dem er war, und wenn er es so wollte, schützte sie besser gegen Nässe als das Gefieder einer Ente. Brann seufzte. »In welche Unannehmlichkeiten ihr zwei mich bringt ...« Mit leichten Tritten trieb sie Coier an, lenkte ihn hinüber zur Handelsstraße, ließ ihn im Trab laufen. »Gewiß halten alle mich für ein gemeines Scheusal, weil ich reite und euch Kinder durch den Schlamm rennen lasse.« Sie beugte sich hinab, rief Yaril eine Frage zu.
    »Wie lange wird der Schlafbann noch wirksam sein, nachdem du nicht länger da bist, um ihn zu verstärken?«
    Yaril wandte das Gesicht aufwärts. Der Regen glitt an ihr ab, ohne sie zu

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