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Brann 01 - Seelentrinkerin

Brann 01 - Seelentrinkerin

Titel: Brann 01 - Seelentrinkerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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eines Hina, war sie ein schmutziges Vieh; mit den groben knochigen Gesichtszügen, den breiten Schultern sowie den stämmigen krummen Beinen glich sie eher einem Tier — aber sie erregte ihn geschlechtlich, bis er fast aufstöhnte. Vor sechs Monaten war er zum letztenmal in einem Freudenhaus gewesen. Einmal hatte er es versucht, nachdem seine Schwester in die Bucht gestürzt war, jedoch vergeblich. Hoteas Geist folgte ihm überallhin, als wäre er mit einem Band an Aituateas linker Schulter befestigt; er hatte versucht, ihn für eine Weile loszuwerden, doch ohne Erfolg; er hatte gehofft, Hoteas Gegenwart lange genug vergessen zu können, um Befriedigung zu finden, aber während des Beisammenseins mit dem Mädchen fühlte er unausgesetzt Hoteas Blick auf sich ruhen, den Groll und die Mißbilligung ihrer verdammten Augen, sein Glied war wieder geschrumpft, und er hatte dem Freudenmädchen den doppelten Betrag gezahlt, damit es keine Lächerlichkeiten über ihn verbreitete.
    Die Fähre rammte ans Ufergemäuer. Das fremde Weib lachte über irgendeine Bemerkung eines der beiden Kinder, sanftmütig und fröhlich klang das Lachen, es vertrug sich überhaupt nicht mit Aituateas Erwartungen. Eine Seelentrinkerin rief bei ihm schauerliche, bedrückende Vorstellungen hervor. Das Kichern der Kinder wirkte wie ein Echo ihres Lachens. Gleich darauf erstieg sie die Leiter, betrat die Ufermauer. Die Kinder schlossen sich an. Im Mondschein sahen sie wie Zwillinge aus, wie bleiche kleine Kobolde, die die Frau umhüpften, ihre strengen Antworten mit neuem Gelächter aufnahmen. Nach einem letzten Wortwechsel sprangen die Zwillinge davon, verschwanden im Gewirr der Packkisten und Ballen, zeitweilig auf dem Hafengelände angehäuft, um erst später, nach dem Godalau-Fest, in die Lagerhäuser geschafft zu werden, und die Frau blieb mit einem Lächeln auf den Lippen zurück. Aituatea hörte die Kinder schwatzen, bis ihre lebhaften hohen Stimmchen in einer dreckigen Gasse verklangen. Die Frau drehte sich um, schaute übers Wasser hinüber zum Phraser-Schiff, auf dem nun die Hornlaternen erloschen, als an Bord Nachtruhe einkehrte; dann spähte sie an der Biegung von Selts Küste entlang und in die Richtung der vielen Hänge des Berges Utar. Aituatea sah ihren Blick an der Reihe von Fackeln entlangschweifen, die den Damm beleuchteten, an den Laternen, die den Verlauf der gewundenen Straße säumten; sie hob langsam den Kopf, verharrte schließlich, stand dann reglos da, ihr Blick verweilte, während sie sich mit einem Finger wiederholt versonnen am Mund entlangstrich, auf den höchsten sichtbaren Fackeln, jenen nämlich, die vorm Tor zum Palast des Tekoras brannten.
    Sie hatte langes glattes Haar, das im stets helleren Mondschein glänzte wie poliertes Zinn; vorn war es gekürzt, hinten im Nacken zu einem lockeren Knoten gebunden. Im Wuchs war sie größer als die meisten Hina, kräftiger in den Hüften und Schultern, obwohl sie im übrigen einen schlanken, biegsamen Körperbau besaß. Sie trug eine weite Hose aus dunklem Stoff, deren Säume in kurzen schwarzen Stiefeln staken, dazu eine weiße Bluse mit langen Ärmeln und breitem Kragen; darüber einen ärmellosen Kaftan aus Leder. Als eine Bö den Überrock flüchtig beiseite wehte, rutschten Aituateas Brauen aufwärts; darunter ließen sich zwei in Scheiden befindliche Wurfmesser erkennen. Weder stammte die Frau aus Phras, noch zählte sie zu den vielen sonstigen Fremdlingen, wie man ihnen gewöhnlich im Sililier Hafen begegnen konnte; trotzdem war er, berücksichtigte er, was sie war, nicht allzu überrascht.

     
    Aituatea hörte hinter sich des Getrampel und Rattern der Hafenwächter, das Gehechel ihrer Rattenhunde. Er entschloß sich zu einem Wagnis, nämlich zu bleiben und zu beobachten, wie sich das Weib verhielt. Während sie mit Langspießen in Zwischenräume stachen, um Betrunkene oder Schläfer hervorzuscheuchen, mit den Rasseln knatterten, um Gespenster und Dämonen zu verjagen, unterdessen johlten, um sich Mut zu machen, stapften die Hafen Wächter am Ufer entlang.
    Die Frau bewegte sich kaum merklich. Etwas wie Dunstschwaden löste sich von ihr, hüllte sie in ein Rühr-mich-nicht-an-Gespinst, vermischte sich mit echtem Nebel vom Meer, bis sie bloß noch mit einer lotrechten Trübung in weißlichem Gewalle Ähnlichkeit hatte. In wie gebannter Aufmerksamkeit, aber mit beträchtlichem Unbehagen beobachtete Aituatea das Geschehen, bis die Wächter in seine Nähe gelangten; dann

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