Brann 02 - Blaue Magie
den kosmischen Sturm hinein. Ich bin dermaßen durchgeschüttelt worden, daß es mich beinahe zerrissen hätte. Dann flog ich zum Glück — vielleicht völlig unabhängig von unserer Haltung zu derartigen Vorfällen — durch ein Loch, das meine Detektoren gar nicht bemerkten, und gelangte hierher.« Ein Rasseln ertönte, als ob viele Kehlen sich räusperten. »Genauer gesagt, nicht >hier< — nicht in diesem Mini-Gefängnis —, sondern in einem Orbit um eine brodelnde Suppe von Welt, garniert mit Schlieren gieriger Energie. Ich und was ich an Bord hatte, wir katalysierten sie zu dem heute existenten Pantheon.« Eine lange Pause schloß sich an, ein undeutbares Lichterflackern erfolgte, und man hörte eine Reihe sonderbarer Laute. »Oh, es waren nicht Perran-a-Perran, nicht Godalau, Slya, Amortis oder Jah'takash oder irgendeine der sonstigen größeren und kleineren Gottheiten oder Halbgötter, noch nicht. Was den kleinen Tungjii betrifft, bin ich mir nicht so sicher, er ist anders als sie, älter und schlauer. Nein, sie waren keineswegs Götter, die wir heutzutage kennen und lieben, noch nicht. Und ich, Daniel Akamarino, war noch längst nicht das, was du vor dir siehst. Ich war ein normaler Raumschiffs-Bordcomputer, allerdings durchaus etwas größer als der Durchschnitt, ausgestattet mit höherer Speicherkapazität, weil ich den Kolonisten eine Bibliothek verfügbar zu halten hatte, und einer erhöhten Fähigkeit zum Fällen selbständiger Entscheidungen, weil ich die Tausende von eingelagerten Ova und anderen Keimen zu beaufsichtigen hatte, mit denen unseren künftigen planetaren Herren das Leben nett eingerichtet werden sollte, eine Tätigkeit, zu der es gehörte, nach der Ankunft auf der Zielwelt diverse Tiere und sonstiges Lebewesen auszusetzen und die Lebensfähigkeit des Rests zu garantieren, bis man ihn brauchte.« Erneut eine Pause, nochmals Geflacker und Laute. Daniel Akamarino runzelte dazu voller Bedenken die Stirn. Brann beobachtete den Ausschnitt seines Gesichts, den sie sehen konnte, und die Muskeln in seinen Schultern; sie gelangte zu der Ansicht, daß er aus den Worten und Zeichen, die ihm der aus verschiedenerlei Dinge zusammengesetzte Gott gewährte (denn so verhielt er sich wohl), Aufschlußreiches erfuhr. Aber was? Wer weiß. Anscheinend kann er all dem Geschwafel mehr als ich entnehmen. Behauptete dieses Etwas, es hätte die bis dahin noch nicht erschaffenen Götter erschaffen? Die Kinder huschten hin und her, begrapschten da und dort dies und jenes, doch allem Anschein nach störte ihre Neugierde den Angeketteten Gott nicht. Brann hoffte, daß sie mehr entdeckten, als der Gott glaubte. Götter! Sie traute keinem von ihnen für ein Maulvoll Spucke über den Weg.
»Ausgehend von diesen Informationen ...« Der Gott verfiel vollends in weitschweifige Redseligkeit, als hielte er einen ausgedehnten Vortrag. Brann nahm den Blick vom Flackern der Lichter, schaute Daniel an und lächelte. Es mochte sein, daß der Gott Daniel benötigte, um irgendwie von Ketten befreit zu werden, die wohl, wie sie mutmaßte, nur ein Sinnbild waren, aber gegenwärtig erging er sich in einer weit übertriebenen, ausufernden Selbstdarstellung, beanspruchte seine Aufmerksamkeit vollkommen, schwatzte ihm alles mögliche vor, das er, so hatte es den Anschein, seit Ewigkeiten über Ewigkeiten niemandem hatte erzählen können, schwatzte es in das einzige Ohr, das es zu verstehen vermochte, oder das einzige Ohr, das er zum Zuhören zwingen konnte. »... wird dir begreiflich werden, was ich erzähle, wenn ich hinzufüge, daß die erwähnten energetischen Phänomene sich sofort auf mich stürzten, in mich eindrangen, sich in dem Moment, als ich eintraf, alles aneigneten, was meine Speicher umfaßten, und damit das Weite suchten, jedes mit einem umfangreicheren oder geringeren Teil meiner Daten. Keines dieser Ers oder Sies hatte ihre Gesamtheit aufgenommen. Ich spreche von Ers oder Sies, weil eine Mehrheit der Energie-Phänomene mit den männlichen, eine Minderheit mit den weiblichen Elementen in meinen Speicherbänken korrespondierten. Ich kann nur froh darüber sein, daß sie bei diesem Prozeß nicht alles löschten; selbst nach Äonen des Nachdenkens über diese Frage habe ich nicht herausgefunden, wieso nicht. Eine entscheidende Komponente des Vorgangs, Daniel Akamarino, hatte mein Entstehen als ein seiner selbst bewußtes Individuum zur Folge. Bestandteile des Wesens der energetischen Entitäten blieben in mir zurück,
Weitere Kostenlose Bücher