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Brann 03 - Das Sammeln der Steine

Brann 03 - Das Sammeln der Steine

Titel: Brann 03 - Das Sammeln der Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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muß Erde unter den Füßen haben.«
    »Das ist doch auch Wasser.« Mit dem Daumen deutete Karoumang auf die Schale.
    »Aber damit verhält's sich anders. Je mehr man erreichen will, um so mehr kostet's Kräfte. Es braucht ...
    Nun ja, wenn ich's schaffen soll, muß ich eine festere Grundlage haben.«
    »Du mußt wissen, wie du's hinkriegen kannst, Ketji, ich nehme an, du weißt, was du tust.« Karoumang erhob sich. »Ich gebe dir zwei Stunden Zeit. Wenn du mir bis dahin keinen Plan unterbreiten kannst, werde ich die Halunken mit der Mannschaft ausräuchern.«
    Unter einem Arm einen verschlissenen Besen, in der freien Hand eine Laterne, betrat Korimenei langsam eine freie Fläche, wo bei einem Sturm ein alter Baum zusammengebrochen war; Holzfäller hatten ihn restlos fortgeschafft, so daß an der Stelle, wo sich die Wurzeln befunden hatten, nur eine tiefe Mulde zurückblieb. Bei den Zedern rings um die Lichtung handelte es sich um junge Bäume, ihre untersten Zweige berührten noch das Erdreich, es waren üppige, gesunde Bäume, die ein vollständiges Astwerk hatten. Kori hielt die Laterne hoch; nirgends lag Bruchholz, nirgendwo gab es irgendwelche Holzreste zu sehen, nicht einmal Borkenstücke. »Tsch!« machte sie. »Pak Slij. Ohne Zweifel tät er auch Luft verkaufen, fände er bloß 'n Weg, um sie in Flaschen abzufüllen.«
    Sie stellte die Laterne an einen weitgehend ebenen Fleck des Untergrunds und fing an lose Erde und sonstige Ablagerungen fortzukehren. Mit höchster Sorgfalt entfernte sie alles, was sich durchs Kehren beseitigen ließ, aus einem bestimmten Umkreis, ohne jedoch auf Insekten, Würmer oder anderes winziges Getier zu achten, gegen das man ohnehin nichts unternehmen konnte. Als sie fertig war, las sie einen Steinbrocken auf und zog mit der gleichen peinlichen Sorgfalt auf dem Erdboden ein Pentagramm, summte dabei zerstreut die Melodie eines Kinderliedchens, das ihre seit langem tote Mutter ihr einst vorsang. Nachdem sie das Pentagramm gezeichnet hatte, schüttelte sie die Sandalen von den Füßen, setzte sie neben die Laterne, streifte das Obergewand ab, faltete es sorgsam zusammen und legte es auf die Sandalen. Sie holte tief Atem, glättete das weiße Leinenhemd, das sie nun als einziges Kleidungsstück noch trug, und stellte sich in das Pentagramm, vermied es achtsam, auf die Striche zu treten. Die Nacht verstrich, ging ihrem Ende entgegen, die Luft war eisig und feucht; Reif sah man nicht, aber er würde sich ausbreiten, ehe die Sonne erschien. Mit geschlossenen Lidern stand Kori in der Mitte des Zeichens und bibberte. Mittels Willenskraft und magischer Befähigung erstickte sie am Docht das Licht; die Laterne erlosch.
    Mit Willenskraft und Magie zog sie die Umrisse des Pentagramms noch einmal, indem sie die Silben sang, die die Kräfte des Gestaltens und Umgestaltens beeinflußte, verwandelte Erde und Luft in Mondsilber, bis der von einem Kreis umgebene Stern rings um sie in fahler Vollkommenheit glomm.
    Sie öffnete die Augen, lächelte erfreut, während sie ihr Werk begutachtete. Das Anlegen eines Pentagramms war eine leichtere Übung, doch gab es zahlreiche Möglichkeiten, dabei Fehler zu begehen. Kori kniete sich hin, nahm dann den Lotussitz ein, senkte die Handflächen auf die Oberschenkel, Wärme durchströmte, umhüllte sie.
    Augenblicke verschmolzen mit Augenblicken, ungezählt reihten sie sich aneinander, während sie inmitten des Pentagramms saß, ohne zu denken.
    Aus ihrem Nabel kam der Mondstein zum Vorschein, er schob sich durch ihr Hemd und rollte in ihren Schoß. Mit langsamen, trägen Bewegungen, als befände sie sich unter Wasser, hob sie den Stein aus dem Schoß und blickte in sein Inneres.
    Sie sah das Dorf. Es war verwüstet. Das Tor der Palisade hatte man eingedrückt. In den Gassen lagen Leichen, Männer, Frauen, Kinder. Verstümmelt und zerfleischt. Sie blickte in die Häuser. In ihnen gingen die Toten um. Geister irrten durch die Räumlichkeiten, erlebten noch einmal, was sich ereignet hatte.
    Sie sah ins Schleusenhaus. Von dort hatte der Totenpriester der Räuber die Geister verbannt, damit sie die Besatzung des Schiffs, auf das sie warteten, nicht warnten, aber die Leichen der Toten lagen, mit gespreizten Gliedern oder in Fesseln, noch da. Erneut sah sie Männer beim Stein- und-Knochen-Spiel, sah Bergbewohner zusammengekrümmt schlafen, andere auf Klumpen Tjank kauen, die Augen gerötet und stier, wieder andere schubsten sich gegenseitig drei Mädchen aus dem Dorf

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