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Brann 03 - Das Sammeln der Steine

Brann 03 - Das Sammeln der Steine

Titel: Brann 03 - Das Sammeln der Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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noch keinem von ihnen'aufgegangen. Da er nicht einmal die schwächste Todessehnsucht verspürte, durchaus keinen Gefallen am leichten Ausweg des Ablebens fand, nahm er seine Kräfte zusammen, rief seine zerstrittenen Hälften zur Ordnung, raffte er seinen gebrechlich gewordenen Körper empor, bis er auf der Kante der Kälteschlafkapsel saß, die Beine über den Rand baumelten, den Kopf in die knochigen, trockenen Hände gestützt.
    Mehrere Minuten lang blieb er so sitzen, versuchte genug Körperkraft aufzubringen, um sich ringsum umzuschauen und festzustellen, wieviel Zeit verstrichen war, während er im Kälteschlaf lag. Mit der Hand fuhr er sich über den Mund; seine Lippen waren ausgedörrt und aufgesprungen. Die Berührung tat weh. Ich bin körperlich in ganz miserabler Verfassung, dachte er. Die klamme Eisigkeit des Kapselinnern stak ihm noch durch und durch im Leib, er zitterte vor sich hin. Er klammerte sich am Rand der Kapsel fest und senkte seine ausgemergelte Gestalt von der Apparatur auf den Fußboden.
    Er taumelte, hielt sich mit einer Hand an der Wandung, preßte die freie Hand kräftig auf die Augen, weil ihm war, als müßte ihm der Schädel platzen. Er ließ die Hand sinken und betrachtete sie mit sorgenvoller Miene. Ich sehe wie der letzte Überlebende einer siebenjährigen Dürre aus, befand er. Wieder befiel ihn Gezitter, die Knie wollten unter ihm einknicken. Dieser elende Haufen Schrott, ich hätte in dem Ding krepieren können! Er krallte sich an den Rand der Kapselwandung, schaffte es, auf den Beinen zu bleiben; dann tat er vorsichtig einen Schritt auf die offene Tür zu, die aus der niedrigen, tonnenähnlichen Kammer mit der Kälteschlafkapsel führte, in das, was außerhalb lag; er hob die Füße nicht vom Boden, sondern schlurfte wie ein alter, ja steinalter Greis dahin, den Körper gebeugt, schwankte dabei. Sobald er den Durchgang erreichte, umklammerte er mit der Hand eine abgebröckelte, deshalb griffige Stelle des Türrahmens, schlotterte und keuchte, blickte umher.
    Der Raum vor ihm war kaum größer als die hinter ihm liegende Kammer. Auf halber Länge standen an der rechten Wand zwei breite, flache, etwa hüfthohe Liegen, umgeben von einem Sortiment skelettartiger Instrumente, deren Zweck ihm durch erhebliches Anstrengen seiner Phantasie und dank Daniels Erinnerungen zu durchschauen gelang. Die Krankenstation, erkannte er. Dichte, scheußliche Spinngewebe hingen in richtigen Schleiern von den Ranken herab, die kreuz und quer unter der Decke wuchsen und aus geborstenen Monitorschirmen längs der Wände sprossen. Versteckt krabbelte Ungeziefer. Er hörte das Tappen von Füßchen, das unterschwellige Rascheln der schlaffen bläßlichen Rankenblätter, wenn Getier sie streifte. Mißmutig besah er sich den Wirrwarr aus Grünzeug und Spinnweben. Der ganze Mist verdeutlichte ihm, wie sehr er Glück gehabt hatte, daß er noch lebte. Er bewegte den Mund, spuckte auf die zwei ersten Finger der Hand, streckte den Arm zur Seite aus und schmierte den Speichel als Dankopfer für Tungjiis Gunst an die Wand. Das tat er ohne zu überlegen — es war eine Angewohnheit aus Ahzurdans früherem Leben —, während er trotz der Kopfschmerzen, die ihn zwischen den Augen stachen, sobald er den Schädel regte, ansonsten als dumpfe, zermürbende Pein auftraten, einen klaren Gedanken zu fassen versuchte.
    Krankenstation. Klein. Nur für Offiziere. Hmm. Ein Kolonistenraumer, ein umgebautes Schlachtschiff, wenn ich das mißratene Stück Flickwerk richtig verstanden habe. Das heißt, ich bin nicht weit von meinem Quartier entfernt. Scheiße, wieviel Zeit mag vergangen sein? Herrgott, ich wünschte, ich wüßte, was passiert ist, während ich in der Kapsel steckte. Meine Beine fühlen sich wie Spaghetti an, wahrscheinlich werde ich auf dem Bauch liegen, bevor ich dort ankomme. Los doch, Danny, überall kann es bloß besser als hier sein, hier würde ja einem Kamel schlecht. Setz die Füße in Bewegung, Mann. Er biß die Zähne zusammen und zockelte ganz langsam auf den Ausgang zu, der halb offenstand; davor konnte man fahles Licht sehen. Vermutlich verlief dort ein Korridor. Und beleuchtet. Ein gutes Zeichen. Könnte sein, er ist noch begehbar. Als er das erste Mal ins Raumschiff gelangte, so entsann er sich jetzt, war überall Atemluft vorhanden gewesen; Metall und Kraftfelder konnten ohne weiteres im Vakuum existieren, doch zuviel vom Leben oder substantiellen Wesen des Angeketteten Gottes — oder wie man es

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