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Brans Reise

Titel: Brans Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Bull-Hansen
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der Langschiffe. Bran zählte fünfzehn Masten entlang der Kaimauer, einen für jedes Schiff. Bald, dachte er, werde ich auf einem dieser Schiffe davonsegeln. Er drehte dem Sturm den Rücken zu und ging die Straße empor, die zum Turm führte. An den steinernen Wänden hasteten Männer mit Fackeln vorbei, und hinter ihm pfiff der Wind in den Masten und Stagen und erinnerte ihn an den Handel, den er bereit war einzugehen.
    Als er den Hofplatz erreichte, blieb er zuerst im sicheren Dunkel unter den Bäumen stehen. Er sah, wie die Rüstung der Wache im Licht der Fackeln unter dem Vordach glänzte, und lauschte dem Rauschen der Baumkronen und dem Plätschern des Baches. Dann trat er aus dem Schatten heraus und grüßte mit offener Hand.
    »Visikal erwartet dich«, ertönte es hinter dem Helm. »Er sitzt im Saal.«
    Bran schob die Tür auf und trat auf den gepflasterten Boden. Abgesehen von dem Schein des Kaminfeuers war es dunkel im Saal. Visikal saß auf seinem Stuhl und starrte in die Flammen.
    »Bran.« Mit gestrecktem Arm nahm er den Becher, führte ihn an die Lippen und trank. Dann wischte er sich den Wein aus seinem kurzen Bart und stand auf.
    Bran ging auf ihn zu. Er spürte jetzt keine Angst, keine Ehrfurcht. Sie waren beide Häuptlinge, und dies war der Pakt, der ihre Völker verbinden sollte. Dies war der Handel, durch den sie zu der seinen werden sollte.
    »Du hättest erst morgen früh antworten müssen.« Visikal schob seine Daumen unter den Gürtel. »Aber es überrascht mich nicht, dass du schon jetzt kommst.«
    »Ich habe mich entschieden«, sagte Bran. »Ich werde kämpfen, wenn es das ist, was du verlangst, damit ich sie bekommen kann.«
    Der Tirganer ging einen Schritt auf ihn zu, so dass sie kaum eine Armlänge voneinander entfernt stehen blieben. Bran roch den strengen Geruch von Schweiß und Wein.
    »Du gibst mir die Antwort, die ich erhofft habe.« Visikal fasste sich ans Kinn, bevor er den Umhang nach hinten warf und zur Tür marschierte. »Komm, komm mit!«
    »Ich will sie sehen.« Bran folgte ihm. »Denn sie soll nicht meine Frau werden, wenn sie das nicht selber will.«
    Visikal schob die Tür auf und ging unter dem Vordach entlang. Bran grüßte die Wache und hastete hinter ihm her. Visikal löste einen Schlüsselbund von seinem Gürtel und schloss die Tür am Ende des Ganges auf.
    »Von jetzt ab bist du Tileder. Du wirst zehn Krieger anführen.« Die Tür ging mit einem Knirschen auf. »Morgen wirst du die Männer treffen, die unter deiner Macht und Gnade stehen werden. Die acht Skerge von Ar werden fortab die einzigen lebenden Wesen sein, denen du zu antworten hast.«
    Bran trat in den dunklen Raum.
    »Schließ die Tür«, sagte Visikal.
    Er tat, wie ihm geheißen, und die Dunkelheit umschloss sie. Dort drinnen trat er ein paar Schritte von Visikal weg, denn er hatte keinen Grund, ihm zu trauen.
    »Steh still!« Visikal ergriff seinen Arm. Seine Finger waren hart und stark, so dass Bran sich nicht loswinden konnte. Doch da flackerte eine Fackel auf, und Visikal ließ ihn los.
    »Es dauert ein wenig, bis sie sich entzünden.« Er nahm sie von der Wand.
    »Zauberei«, murmelte Bran und erinnerte sich an die Eisenplatte bei Tir. »Wo ist sie?«, fragte er.
    Doch Visikal hatte für so etwas keine Zeit. Er ging in den Saal – denn auch dieser Raum war ein Saal – und ließ das Licht von seiner Fackel auf die Waffenkammer seiner Ahnen fallen. Es gab Rüstungen aus gehärtetem Eisen, Helme in der Form von Tierköpfen und Schwerter, die die Flammen von körperlangen Klingen zurückstrahlen ließen.
    »Sieh, das ist die Geschichte meiner Ahnen!« Visikal entzündete eine weitere Fackel, die zwischen zwei Äxten hing, nahm sie in die andere Hand und ging an der Wand entlang. Bran dachte in diesem Moment nicht mehr an Tir, denn diese Waffen erschienen ihm schöner zu sein als jeder Mensch.
    »Ras Schwert!« Visikal leuchtete mit der Fackel auf ein zweischneidiges Schwert und eine Glocke, die sich in Form eines Halbmondes an die Klinge schmiegte. »Karras Axt!« Er führte sie weiter zu einer schweren Kriegsaxt, geschmückt mit Haarbüscheln und eingetrockneten Fingern. Dann ging er an einer Reihe weißer Bögen vorbei. »Die Bögen der toten Häuptlinge von Vandar. Und hier…« Er befestigte die Fackeln rechts und links neben einer Rüstung aus glänzenden Eisenplatten und Leder. »Hier habe ich eine Rüstung, die ich vor langer Zeit habe anfertigen lassen. Aber nur ein Mann hat sie vor dir

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