Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Brans Reise

Titel: Brans Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Bull-Hansen
Vom Netzwerk:
war. Gleich neben ihm wurde Tigam auf eine gescheckte Stute geholfen, und als er sich umdrehte, erblickte er Inien, die sich wie ein geübter Reiter auf den Pferderücken schwang. Aber das wunderte ihn nicht, denn er hatte gehört, dass das Volk in Kels von den Klanen im Norden abstammte.
    Als das Heer sich zu bewegen begann, schob er sich ein wenig im Sattel nach vorne und atmete erleichtert aus, als das Pferd zu gehen begann. Am liebsten hätte er darüber gejubelt, dass die Old-Myrer ihn und die Sklavinnen gefunden hatten und sie alle jetzt auf dem Weg nach Arborg waren, doch im Augenblick fürchtete er vor allem, das Pferd könne etwas tun, das er nicht kontrollieren konnte. Sie hatten ihm eine gelbbraune Stute gegeben, und im Sattel hingen noch immer die Decken und Trinkgefäße des Old-Myrers, dem das Tier gehört hatte.
    Die Pferde trabten, und Bran versuchte, dem Takt des Tieres zu folgen, während er mit den Zügeln die Richtung vorgab. Er sah über den Pferdekopf direkt nach vorne. Die Old-Myrer ritten nicht in Reihen, wie er es bei einem so großen Heer vermutet hatte. Sie hatten sich auf der Ebene aufgefächert und Späher zwei bis drei Pfeilschüsse nach links, rechts und nach vorn vorausgeschickt. Es war ein seltsamer Anblick, fand Bran. Hier auf der Ebene wurde es noch deutlicher, wie sehr sie sich von den Arborgern und Tirganern unterschieden. Keiner von ihnen trug eine Rüstung oder einen Helm. Die wenigsten hatten Schwerter, doch alle hielten Lanzen in den Händen, die mit Federn und Skalps geschmückt waren. Ihre schwarzen Mähnen flatterten wie mächtige Flaggen hinter ihren bärtigen Köpfen her, und sie folgten den Bewegungen der Pferde mit einer solchen Leichtigkeit, dass Mensch und Tier eine Einheit zu bilden schienen. Er selbst klammerte seine Beine um den Pferdekörper und hatte genug damit zu tun, sich im Sattel zu halten. Auch das Tier bemerkte das, denn ab und zu warf es den Kopf in den Nacken und schnaubte höhnisch.
     
    Die Old-Myrer rasteten erst lang nach Sonnenuntergang. Da hob Katga, der voranritt, seine Lanze und zog an den Zügeln. Die Krieger beruhigten die Pferde und saßen ab. Als Bran die Beine streckte und versuchte, wieder ein Gefühl im Schritt zu bekommen, spannten sie bereits ihre Ledertücher auf, um Schutz vor dem Wind zu haben, und entzündeten winzige Lagerfeuer aus getrocknetem Torf. Die Old-Myrer banden Pelze über die Pferderücken und streuten Getreide vor ihre Hufe, ehe sie sich an den Feuern versammelten. Dort steckten sie die Speere ins Eis und streckten ihre Hände zu den Flammen.
    Bran ließ das Pferd stehen. Inien und Tigam setzten sich an ein Feuer in der Mitte des Lagerplatzes, und es erschien ihm richtig, sich ebenfalls dort niederzulassen.
    Die Frauen grüßten ihn, als er näher kam. Inien lächelte, wie er sie nie zuvor hatte lächeln sehen. Tigam hatte einen Bärenpelz bekommen, den sie um sich geschlagen hatte. Ihnen gegenüber saß ein Old-Myrer, der Wein in Holzbecher goss. An seinem Spieß, den er über das Feuer gelegt hatte, hingen blutrote Fleischstücke.
    »Sie sind gut zu uns.« Tigam kauerte sich unter ihrem Pelz zusammen. »Ich erinnere mich an das Volk aus Old-Myre, ich war damals noch jung. Iarr erzählte so viel über die Old-Myrer, und ich hatte immer Angst vor ihnen.«
    Bran hockte sich am Feuer hin. »Du brauchst keine Angst mehr zu haben.« Er blickte auf die glühenden Torfstücke und roch den Duft von Gras und Sommer. »Der Krieg ist jetzt vorbei. Bald kommen wir nach Arborg, und ich werde dich mit zu Blutskalle nehmen… zu Iarr – worum er mich gebeten hat.«
    Inien nahm einen Becher mit Wein entgegen und legte ihre Hände darum, während sie in die Flammen starrte. Bran vermutete, dass sie an Kels dachte.
    »Vielleicht segeln die Arborger im Frühling nach Norden.« Er versuchte, ihren Blick einzufangen, doch ihre Augen fixierten das Feuer. »Ich habe gehört, dass sie bis hinauf nach Krugant Handel treiben. Sie können dich nach Kels bringen. Es sind Männer von Ehre.«
    Das Mädchen blickte kurz zu ihm auf. Ihr Gesicht war unter der dicken Pelzkapuze verborgen. Gleichwohl glänzte das Feuer in ihren Augen.
    Bran stand vom Feuer auf und schlenderte an den Windschutzhäuten entlang, die im Nordwind flatterten. Überall war das Geräusch essender Männer zu hören. Sie schmatzten und rülpsten und kippten Schmelzwasser und Wein in sich hinein. Die Verwundeten lagen noch immer auf den Tragen. Die Männer hatten sie nah ans Feuer

Weitere Kostenlose Bücher