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Brans Reise

Titel: Brans Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Bull-Hansen
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seinem Sohn ein Zeichen, der daraufhin den Weinschlauch aus Brans Schoß nahm. Erneut kreiste er ums Feuer, bevor der Skerg ihn auf seine Schulter legte und einen kräftigen Schluck nahm. Dann stieß er auf und legte das Fleisch auf den Boden.
    »Wir ritten von Arborg.« Er streckte seine Arme in Richtung Osten und bewegte den Oberkörper vor und zurück, als wolle er sich in den Trab schaukeln. »Vier Tage ritten wir. Dann omva… Festungen auf den Hügeln. Viele Festungen. Lange nach Süden geritten und nach Westen, bis…« Er kratzte mit seinem Speer über den Boden. »Bis Schlucht im Land. Vandara dort warten. Töteten Pferde. Wir sie getötet.«
    Katga reichte die Lanze an Bran. »Vandara«, murmelte er. Bran sah die Skalps, die der Skerg an den Schaft gebunden hatte. Es mussten Trophäen dieser Schlacht sein.
    »Iss.« Gebrochene Lanze zog die Augenbrauen zusammen, und eine tiefe Furche entstand auf seiner Stirn, als er bemerkte, dass Bran das Fleisch nicht angerührt hatte. »Es bringt Unglück, nicht zu essen. Schande, sagt Cernunnos.«
    »Cernunnos?« Bran starrte den Skerg an. »Hat er zu dir gesprochen?«
    »Cernunnos spricht zu allen.« Gebrochene Lanze hob seine Hände über den Kopf. »Es ist ánradh… der Wind.«
    Bran nahm das Fleischstück und führte es zum Mund. Die Old-Myrer saßen still da und beobachteten ihn. Hatte er nicht eben noch in das Fleisch gebissen, das Katga ihm gegeben hatte? Bran schlug seine Zähne in das Fleisch des Vandarers und saugte das Blut in sich hinein. Sogar Tigam und Inien hatten frisches Fleisch über dem Feuer. Es war, wie die Old-Myrer sagten: Es gab ihm Kraft.
    »Nach Westen geritten.« Gebrochene Lanze griff nach seiner Lanze und begann mit ihr über dem Feuer herumzufechten. »Eine Schlacht am Wald. Drei Köpfe habe ich genommen. Wir haben gewonnen. Dann ritten wir nach Torman.«
    »Torman?« Bran blickte ins Dunkel. »Von Torman habe ich nie gehört.«
    Katga beugte sich an dem Jungen vorbei und ergriff Brans Arm. »Mauern«, zischte er. »Vaters Schädel, Vaters Schädel. Auf Tormans Mauern!« Katga legte den Kopf in den Nacken und heulte wie ein Wolf. »Vandara! Vandara! Kruach ma!«
    »Rache über Vandara«, sagte Gebrochene Lanze. »Katga schwört Rache den Vandara, die Katgas Vater töteten und…« Der alte Skerg fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und sah zum Himmel auf. »… seinen Kopf an die Mauer nagelten.« Er reichte Katga den Weinschlauch, der mit dem Heulen aufhörte und stattdessen zu trinken begann.
    »Vor Torman…« Gebrochene Lanze stieß mit der Lanze in die Glut. »Drei Heere… Hab ich dir erzählt… Aus Norden, Osten und Westen. Old-Myrer tapfer, Vandara übermächtig. Blut auf dem Boden. Dann nach Osten. Stießen wir auf kleines Vandaraheer und dann auf euch.« Er zeigte auf Bran. »Trägst Vandarakleider. Warum?«
    Bran würgte das letzte Fleischstück herunter. Er hatte ein merkwürdiges Gefühl von Macht und Wärme im Körper, doch er wusste nicht, ob das vom Menschenfleisch kam oder von dem Gebräu, das er getrunken hatte.
    »Ich wurde mit einem meiner Freunde an Land gespült. Wir wanderten über das Hügelland, aber es schneite, und so gingen wir direkt auf Oart zu, ohne es zu wissen.«
    »Oart«, nickte Gebrochene Lanze. »Viele Vandara dort.«
    »Wir flüchteten wieder ins Landesinnere. Keer wurde von einem Pfeil getroffen, doch er hielt lange durch.« Bran bekam nasse Augen. Die Kälte und der Hunger hatten ihn vergessen lassen, doch nun kamen die Erinnerungen zurück. Alles stand jetzt wieder klar vor ihm, wie die Glut im Schatten, die Gestalten in den Flammen. Er spürte Noj in seinen Armen und sah Hagdar auf der Trage. Er hörte Keers Todesschrei.
    »Ich habe einen von ihnen getötet.« Er schloss die Lider und drückte die Tränen weg, doch seine Augen wollten nicht aufhören zu laufen. »Ich habe seine Kleider genommen und ihn den Raben überlassen.«
    »Gut.« Katga legte den Weinschlauch in seine Hände. »Wäre aber besser gewesen, ihn zu essen.«
    Bran antwortete nicht. Er trank viel und lange vom Wein, und Katga klopfte ihm auf den Rücken.
     
    Zwölf Tage lang schlugen die Hufe der Pferde auf den windgepeitschten Boden. Vereiste Höhenzüge, Schutthalden und das gefrorene Gras der Tiefebenen ragten aus dem Schnee; das Land verschwand rasch hinter den Pferderücken. Bran zählte die Tage, und bereits am dreizehnten Tag konnte er in der Ferne Hügel erkennen.
    Sie führten die Pferde in eine Senke und warteten

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