Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Brans Reise

Titel: Brans Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Bull-Hansen
Vom Netzwerk:
sein ganzes Leben gesucht hatte?
    Drei Krieger kamen ihnen entgegen, als sie auf das gepflasterte Plateau traten. Blutskalle war nicht unter ihnen, aber Bran erkannte die beiden anderen Skerge wieder. Sie waren wie Brüder, hatten beide langes Haar, einen Bart und Falten und Narben im Gesicht. Sie trugen knielange Rüstungen mit Metallplatten und rote Umhänge. Einer von ihnen trug eine Bronzeaxt unter dem Gürtel, wie er sie bei Blutskalle gesehen hatte. Auch der dritte Mann trug die Tracht eines Skergs. Bran hatte ihn aber noch nie gesehen. Er war jünger als die anderen und hatte eine rote Narbe auf der Stirn.
    Gebrochene Lanze und Katga begrüßten sie mit geöffneten Händen.
    »Der Krieg war schlecht«, sagte Gebrochene Lanze. »Viele Tote. Kämpfen können wir nicht mehr.« Dann trat er einen Schritt zurück und legte seine Hand auf Tigams Schulter. »Aber…« Er deutete auf Bran. »Der Tileder… hat Tigam gefunden.«
    Die Arborger tauschten rasche Blicke aus. Einer der Älteren trat zu ihr vor, legte seine Hände auf ihre Wangen und starrte ihr in die Augen. Bran sah, wie sie die Narbe mit der Hand zu verstecken versuchte, doch der Skerg schob ihre Hand weg und neigte den Kopf zur Seite.
    Mit einem Mal ließ er sie los. Er drehte ihnen den Rücken zu und schritt in Richtung Tempel.
    Die Skerge führten sie an den lang gestreckten Sälen und an der Wand vorbei, an der die aus Stein gehauenen Tiere standen und nach Süden starrten. Bran erinnerte sich an das erste Mal, als er hier gegangen war; das alles war wie ein Traum gewesen. Es hatte geregnet, und Blitze hatten den Himmel zerrissen. Doch jetzt war alles still, und der Schnee lag dick auf den Dächern. Sogar der Baumstumpf vor dem Tempel lag unter dem Schnee, und der Tempel selbst glänzte weiß vom Raureif in der Wintersonne. Die Stille jedoch quälte ihn, und die Sackpfeifen sangen weder von Freude noch von Frieden.
     
    Die drei Arborger führten sie zu dem Saal, der dem Tempel am nächsten lag. Dort wandten sie sich nach links und schoben die Tür auf.
    Der Saal wurde von einer Unzahl Fackeln erhellt. Sie brannten an den Wänden und auf Pfählen entlang des Mittelgangs, und ganz am Ende des Raumes stand ein steinerner Tisch. Ein Mann lag darauf. Sein grauer Bart und seine Haare waren gekämmt und umrahmten seinen Kopf. Die Augen starrten zur Dachluke, durch die eine Säule aus Licht auf den weißen Körper fiel. Er war nackt, abgesehen von einem Lendenschurz, der seine Hüften bedeckte. Ein Schwert lag auf seinem Oberkörper. Er hatte die Arme um den Schaft gefaltet, und seine breite Brust hob und senkte sich unter raschen Atemzügen. Die Wunde reichte vom Brustbein bis unter den Lendenschurz, und die Haut hatte sich über seinem Bauch geöffnet, doch er blutete nicht.
     
    Die Arborger begleiteten sie fast bis zu dem steinernen Tisch. Dann blieben sie stehen, denn Blutskalle hatte bereits zu ihnen gesprochen und seinen Nachfolger aus den Kriegern Arborgs erwählt.
    »Iarr?« Tigam schüttelte den Kopf, während sie sich dem sterbenden Skerg näherte. »Iarr, Geliebter?«
    Blutskalle schlug mit den Augenlidern und bewegte die Lippen.
    Bran ließ Tigam alleine zum Tisch vortreten. Ein ganzes Leben hatte Blutskalle nach ihr gesucht, und erst jetzt, da seine Atemzüge vom Tod sprachen, sollte er sie wiedersehen.
    Tigam legte ihre Hände auf die seinen und blickte auf sein blasses Gesicht hinab. »Iarr«, sagte sie weinend. »Ich bin zurückgekommen.«
    Blutskalle sah sie an, als verstünde er nicht.
    »Erinnerst du dich…« Sie begann, ihm über die Haare zu streicheln. »Erinnerst du dich an mich?«
    Da zeichneten sich Falten auf seiner Stirn ab. Er öffnete den Mund und reichte ihr eine zitternde Hand. Sie ergriff sie und küsste seine Finger.
    »Tigam?« Tränen begannen aus seinen Augenwinkeln zu rinnen. »Ich habe nach dir gesucht… so lange.«
    »Jetzt bin ich wieder zurück.« Sie legte ihm ihre Hand auf die Wange. »Ich werde immer hier bleiben.«
    »Ich habe nach dir gesucht…« Er rang nach Atem. »Ich bin nach Cogga gesegelt. Aber sie waren so viele. Sie schlugen mich nieder, als ich nach dir suchte. Ich konnte… nichts dafür.«
    Tigam legte ihr Gesicht auf seine Brust. Bran sah, wie ihr Rücken zitterte.
    »Weine nicht.« Blutskalle legte seine Hand auf ihre Haare. »Ich werde auf dich warten. Warten… Die Jahre sind ein rascher Strom… Bald sind wir wieder vereint.«
    Jetzt trat einer von Arborgs Skergen nach vorn. »Ruhe«,

Weitere Kostenlose Bücher