Brans Reise
sah, wie die Augen des Inselkönigs aufleuchteten, der hustete und den Kopf schüttelte.
»Nein, nein! Das ist weit entfernt.« Sein Bauch wälzte sich auf die Seite, als er sich mit einem Arm abstützte und seine Beine ausstreckte. Sogleich waren zwei seiner Krieger zur Stelle und halfen ihm auf. Sie holten seinen Stuhl von dem Erdhaufen. Der Inselkönig wartete, bis er saß, ehe er weitererzählte.
»Diese hier ist die nördlichste von zahlreichen Inseln. Wir nennen sie Aard, weil es hier so viele Wildschweine gibt. Ich bin Sar, der Inselkönig, ich bin ein glücklicher Mensch. Die Inseln sind reich an Wild, und an den Stränden gibt es Muscheln, für die die Händler gut bezahlen.«
Der Inselkönig deutete auf den Weinschlauch, der am Boden liegen geblieben war. Eine der Frauen sprang vor und brachte ihn ihm. Er schmatzte zufrieden an der hölzernen Öffnung und trank ausgiebig. Dann rülpste er und ließ den Schlauch in seinen Schoß fallen.
»Meine guten Krieger haben diesen Saal für mich errichtet. Sie taten das, weil ich sie vor den Feinden im Süden gerettet habe.«
Die Männer nickten und hoben als Zeichen der Zustimmung ihre Weinschläuche.
»Im Süden?« Bran bemühte sich, die Worte richtig zu betonen, denn der Wein ließ seine Zunge träge werden. »Ihr stammt aus dem Süden?«
Der Inselkönig lachte müde.
»Ihr seid nicht das erste Volk, das sein altes Land verlassen hat. Meine Männer, diese gewandten Krieger, die du um dich herum siehst, stammen alle aus Mansar. Das ist eines der Sieben Reiche, Vandars Nachbarland. Doch die Vandaren sind schwach. Sie ließen die Arer durch ihr Land reiten und an ihre Küste vorbeisegeln, so dass sie uns angreifen konnten.«
Die Männer, die um das Feuer herumsaßen, spuckten auf den irdenen Boden, während der König erneut zum Weinschlauch griff.
»Ich war damals ein junger Mann, kaum zweimal zehn Winter alt, doch ich habe viele getötet. Ich habe dort unten an der Küste gemeinsam mit meinen Kriegern in einer Burg Zuflucht gesucht, und die Arer standen auf ihren Langschiffen und lachten, denn sie glaubten nicht, dass wir die Burg würden halten können. Aber ich bin schlau wie ein Fuchs. Auch Frauen und Kinder hatten in der Burg Schutz gesucht. Ich zwang sie, vor die Tore zu treten, so dass sich die Arer erst durch sie hindurchschlagen mussten, ehe sie mit ihren Rammböcken die Tore eindrücken konnten.«
Bran starrte den König entgeistert an. Nicht einmal die Kretter würden auf eine solche Idee kommen!
»Aber die Arer, diese Tölpel…« Der Inselkönig kicherte wie ein kleiner Junge und wischte sich die Spucke aus dem Mundwinkel. »Sie wollten ihnen nicht wehtun! Und so segelten sie davon und ließen die Burg stehen!« In diesem Moment konnte sich der Inselkönig nicht länger beherrschen und brüllte vor Lachen. Die Krieger schlugen sich auf die Schenkel und lachten mit.
»Du bist ein listiger Krieger.« Hagdar lächelte falsch wie ein Kaufmann. »Was geschah, nachdem die Arer verschwunden waren?«
»Nein, nein!« Der Inselkönig lachte noch immer und wedelte mit der Hand, um die Männer zum Schweigen zu bringen. »Sie sind nicht verschwunden. Sie segelten weiter an der Küste entlang und eroberten andere Burgen. Aber während sie weg waren, segelte ich mit meinen Kriegern nach Norden, und so konnten wir entkommen. Später sind wir hier gelandet, und hier geht es uns gut.«
Bran strich sich über den Nacken. Er konnte einfach nicht mit diesen Menschen lachen. Als der Inselkönig das bemerkte, verschwand das Lächeln von seinen Lippen.
»Du musst etwas sagen«, fauchte Hagdar. »Du kannst nicht einfach nur mit diesem bösen Blick dasitzen! Frag nach dem Meer hier ringsherum oder den anderen Inseln!«
»Inseln«, sagte Bran, »im Süden gibt es Inseln. Eine davon habe ich vom Meer aus gesehen. Sind es viele?«
Der Inselkönig zählte sie an seinen Fingern ab. Der alte Mann flüsterte ihm etwas ins Ohr.
»Sieben Inseln. All die großen gehören mir. Als wir ankamen, lebten ein paar Fischer hier, aber die zahlen Steuern und sind mir treu.«
Der Inselkönig trank den Rest seines Weins aus, ließ den Schlauch vor seine Füße fallen und wartete darauf, dass eine Frau kam und ihn aufhob. Er legte seine Hand auf ihre Hüfte und grinste, ehe er einen weiteren Weinschlauch in den Schoß gelegt bekam. Das Gesicht des alten Mannes hinter dem Stuhl trug einen verzweifelten Ausdruck. Als der Inselkönig, den Holzkorken zwischen den Zähnen, weitersoff,
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