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Brans Reise

Titel: Brans Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Bull-Hansen
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Felsenburg die Schafe gehütet hatte. Er trug Worte des Sturmes in sich, und Bran spürte die Kälte in den Windböen. Er roch, wie das Meer fror. Er roch Frost und Winter.
    »Der Schnee wird dieses Jahr früh fallen.« Turvi legte den Arm um Brans Nacken, der verstand, dass der alte Mann müde war. Bran zog ihn an sich und stützte ihn, bevor sie auf dem Anleger weitergingen. Auf dem Weg vom Turm ins Lager hatte Bran nicht so viel gesehen, denn Dielan und Hagdar hatten ihn durch eine Gasse geführt, von der aus ihm die Häuser den Blick aufs Meer versperrten. Doch Turvi deutete nach vorn und wies ihm den Weg am Hafen entlang. Bran sah, dass sie über Steinblöcke gingen, und er erkannte, dass die Arer die Stadt ins Meer hinausgebaut hatten. Am Ende der Blöcke lagen zahlreiche Langschiffe vertäut, und etwas weiter draußen auf dem Meer lagen Holzflöße, auf denen gewaltige Tangberge aufgehäuft waren. Auch Zweimaster hatten im Schutz der Mole festgemacht. Ihre breiten Decks waren voll beladen mit Tonnen und Säcken, und der Geruch gesalzenen Fleisches und nasser Takelage lag schwer über dem Hafen.
    Ihr Weg führte sie etwa einen Steinwurf vor der ersten Reihe Häuser entlang. Auf dem menschenleeren Platz standen kleine Buden und Verkaufstheken neben Gestellen, an denen Tangbüschel und Fische im Wind trockneten. Bran und Turvi folgten dem geschwungenen Halbkreis der Kaimauer bis hinüber zur anderen Seite des Hafens. Hier roch es nach Feuer und Korn. Unter einem Strohdach stand ein Arer hinter einer Bank und knetete Teig. Bran hatte so etwas erst einmal zuvor in Krett gesehen, und er blieb lange stehen und beobachtete das seltsame Tun des Arers. Der blonde Mann knetete den Teig zu einem großen Klumpen, teilte ihn mit einem Messer und knetete jeden Teil zu neuen Klumpen. Dann drückte er sie flach und legte sie auf eine Eisenplatte, die er über seine Feuerstelle schob. Schließlich wandte er sich vom Feuer ab und schüttete Korn in einen Eimer.
    »Komm.« Turvi hinkte weiter und zog Bran mit sich. »Lass uns die Straßen emporgehen.«
    Der Einbeinige deutete nach vorn und erklärte ihm den Weg. Bran half ihm durch einen schmalen Durchgang zwischen zwei Häusern, die über ihnen zusammenwuchsen, und dann eine Treppe hinauf, die sich wie ein Gebirgspfad an weiteren Gebäuden vorbeischlängelte. Schließlich standen sie am Fuß eines Turmes. Bran und Turvi schauten an der Mauer empor.
    »Ich glaube, hier bewahren sie ihre Schriften auf.« Turvi zeigte auf die Schiffe und Krieger, die auf die Wände gemalt waren. »Aber komm, lass uns weitergehen.«
    Bran half ihm noch weitere Treppen empor, bis sie sich schließlich umdrehten und von weit oben über den Hafen und das Meer schauen konnten. Von dort nahmen sie eine Gasse, die quer am Hang entlangführte. Hier waren die Häuser kleiner, doch noch immer doppelt so groß wie die Hütten, die Bran gewohnt war. In den offenen Fenstern über ihnen wuchsen Blumen. Kletterpflanzen bedeckten die Wände, und über den Balken, die unter dem Dach hervorlugten, hingen glänzende Tangfasern zum Trocknen. Durch eine geschlossene Tür hörten sie den Klang einer Flöte, und als sie durch die Ritzen in der Wand schauten, sahen sie Männer essen und trinken. Turvi sah auf eine hölzerne Platte, die über der Tür hing, und buchstabierte »Tilederschänke«, während die Zeichen für Bran vollkommen unverständlich waren.
    Mitten in der Stadt kamen sie auf eine breite Straße, an deren Ende sich ein Turm hoch über die Häuser erhob.
    »Dorthin hat dich Dielan getragen.« Turvi streckte den Arm aus. »Und später bist du dann nach dort drüben gebracht worden.« Er bewegte seine Hand in Richtung des Lagers, wo Bran einen kleineren Turm sehen konnte. Er erkannte ihn wieder. Ganz oben war das Fenster, durch das er hinausgeschaut hatte.
    Turvi humpelte weiter. »Bis jetzt bin ich nie weiter als bis hierher gekommen, aber jetzt bist du ja bei mir. Und wenn dich die Nähte deiner Wunden nicht zu sehr plagen, kannst du mich ja vielleicht noch ein bisschen weiter stützen. Denn ich möchte ganz bis nach oben in die Stadt und dort aufschreiben, was ich sehe.«
    Bran stützte ihn und ließ ihn die Richtung angeben. Sie humpelten die leere Straße empor, während der Klang von Turvis Krücke an den Hauswänden widerhallte. Direkt am Turm wollte Turvi nach rechts, und so half Bran ihm in die enge Gasse hinein, die zwischen Häusern hindurchführte, die so dicht standen, dass er fürchtete, sie

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