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Brans Reise

Titel: Brans Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Bull-Hansen
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Frauen schließlich wieder auf den Boden stellten und nach Atem rangen. »Linvi!« Er stand auf und rannte vor das Feuer, wo sich das Felsenvolk bereits versammelt hatte, um den Tanz der Arer zu lernen.
    Bran blieb alleine sitzen, und das war ihm recht. Er ließ seinen Blick über das Volk schweifen, das er leiten sollte, und freute sich, dass sie ihren Spaß hatten. Er sah die Frauen mit ihren Männern tanzen und lächelte, als die Arer vor den Witwen niederknieten und sie vor dem Feuer zum Tanz aufforderten. Das ist ein guter Ort, dachte er. Und er blickte zu den Sternen über dem Feuer empor, zwinkerte Kraggs juwelenbesetzten Flügeln zu und bat ihn, ihm zu sagen, dass dieses Land hier das verheißene Land war. Aber Kragg war stumm, und Bran wusste, dass sie weiter mussten. So richtete er seinen Blick auf die Flammen. Er spürte den Wind in seinem Rücken und sah, wie die Flammen in Richtung Meer leckten. Das ist der Weg, dachte er. Hinaus in die Weiten von Beravs Land. Hinaus in die Wellen, weiter, bis ans Ende der Welt.
    Lange saß Bran so da. Man legte ihm eine halbe Hirschkeule in den Schoß, und er nagte das Fleisch ab, während die anderen tranken und sich die Seele aus dem Leib tanzten. Er saß dort bis tief in die Nacht, als die Männer ihre Frauen in die Zelte trugen. Erst als sich die Stille schwer über den Lagerplatz senkte, bemerkte er, dass das Fest vorüber war. Unten am Strand sah er einen der Arer mit der Witwe von Verda. Sie gingen dicht nebeneinander her, und er hatte seinen Arm um sie gelegt. Bei dem Anblick wurde ihm warm ums Herz, denn sie war eine junge Frau und hatte noch so viel Leben vor sich. Er streckte seine steifen Beine aus, sah zu dem Zelt hinüber, in dem er sich ausgeruht hatte, und dachte, dass Dielan und Gwen es sicher bevorzugten, allein zu sein. Das Lagerfeuer war nur noch ein Haufen Glut und die Bratspieße waren leer und voller Ruß.
    Bran rieb sich die Augen und tastete sich zur Wärme vor. Windböen spielten mit den Funken. Er fror, schlang seinen Umhang enger um sich und wärmte sich die Hände über den roten Glutresten. Auf der anderen Seite der Feuerstelle lag der Pelz, auf den er sich laut Dielan setzen sollte. Arme Nemni, dachte er, sie hatte gehofft… Ja, was hatte sie eigentlich gehofft? Er wühlte mit dem Knochen in der Glut herum. Nemni war eine hübsche Frau, genauso jung wie Inia. Er warf noch einen Blick auf das Paar. Der Arer hielt sie noch immer in den Armen. Sie standen zwischen den Zelten und sahen aufs Meer hinaus und hatten bestimmt nur noch Gedanken für sich selbst. »Es ist nicht Kraggs Wille, dass du einsam bleibst. Schau dir deinen Bruder an«, pflegte Hagdar zu sagen. Und Nemni wäre sicher eine passende Frau für ihn, das wusste er. Tor hatte es nicht einmal geschafft, ihr Kinder zu geben, bevor er im Kampf gegen die Vokker gefallen war. Er strich sich über den Nacken und kniff die Augen zu. Er war jetzt nicht mehr müde.
    Da hörte er eine Bewegung. Er wandte sich dem Geräusch zu.
    »So, du schläfst nicht?« Turvi schlug den Pelz zur Seite und stütze sich auf seine Ellenbogen. Er lag mitten in einem Berg von. Pelzen, so dass Bran ihn unter dem dicken Bärenfell gar nicht wahrgenommen hatte.
    Der Einbeinige richtete sich auf und kratzte sich im Nacken. »Ich bin noch nicht dazu gekommen, mit dir zu sprechen« sagte er und gähnte.
    Bran ließ den Knochen los und beeilte sich, zu ihm zu kommen, denn Turvi hatte seine Krücke aus den Decken gezogen und versuchte sich aufzurichten. Er packte den alten Mann unter den Armen, doch Turvi lachte und hinkte von ihm weg.
    »Ich komme allein zurecht«, schnaubte er. »Und außerdem kitzelt das.«
    Bran ließ ihn in Ruhe.
    »Gib mir meine Pergamente.« Der Einbeinige deutete auf eine Rolle Häute, die unter den Pelzen hervorlugte. »Und das Kohlenwasser. Ich habe den Knochenspitz in meiner Tasche.«
    Turvi lehnte den Oberkörper auf die Krücke und schnupperte in den Wind.
    »Lass uns einen Spaziergang machen«, sagte er. »In die Stadt hinauf. Die Nacht ist eine gute Zeit zum Umherwandeln.«
     
    Sie nahmen den Weg zwischen den Häusern hindurch. Der alte Mann hatte sich die Pergamente unter den Umhang geschoben, so dass sie bei jedem Schritt raschelten. Als sie den Hafen erreichten, blieben sie eine Weile stehen und lauschten dem Gesang der Stagen im Wind.
    »Es ist Herbst«, flüsterte Turvi. »Hörst du das?« Bran ließ den Wind sprechen, wie er es getan hatte, wenn er oben in den Bergen über der

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