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Brasilien: Ein Land der Zukunft

Brasilien: Ein Land der Zukunft

Titel: Brasilien: Ein Land der Zukunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Zweig
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klammern – es gibt dort eine Intensität des Optimismus und des Idealismus, die mir ein Labsal war. … Und glauben Sie nicht alles, was man über die Diktaturen verbreitet: sie sind ein Paradies, verglichen mit den unsern. Ein Menschenleben hat dort noch einigen Wert, und es gibt (außer für alles, was offen kommunistisch ist) eine ziemlich große Freiheit des Wortes.« Rolland teilte diese Perspektive nicht; am 4. November antwortete er ihm: »Ich sehe, Sie haben, wie Luc Durtain in seinem letzten Buch (›Le Monde sous le bras‹) in Südamerika Asylplätze ausfindig gemacht für die kommenden Tage, da in Europa die Freiheit tot sein wird. Aber ich wäre ob des guten Empfangs in Brasilien nicht so sicher wie Sie. Sie scheinen mir sehr nachsichtig gegenüber Präsident Cárdenas. Lesen Sie einmal den beiliegenden Zeitungsausschnitt. Sollten die erwähnten Fakten stimmen, dürfte der brasilianische Führer ein gelehriger Schüler des deutschen sein – dem er übrigens seine Opfer ausliefert.« Diese Warnung vor allzu großem Vertrauen westlichen Staaten gegenüber – die Sowjetunion schien Rolland zu dieser Zeit noch ein besserer Garant – hat Stefan Zweig in seiner Überzeugung nicht beeinflußt. (Die Tatsache, daß Rolland das Brasilien Getúlio Vargas’ mit dem Mexiko Lázaro Cárdenas’ verwechselte, mag mit dazu beigetragen haben.)

    Nach London zurückgekehrt, mußte Stefan Zweig feststellen, daß alle seine laufenden Buchprojekte, bei Herbert Reichner in Wien wie bei Cassell in London, während seiner Abwesenheit nicht in seinem Sinne fertiggestellt worden waren. »Ich bin verzweifelt, daß ich nie auf acht Wochen wegbleiben kann«, klagte er Friderike und stürzte sich gleich wieder in die Arbeit. Der Gedanke an das »göttliche Rio, in das ich mich verliebt habe«, hatte jetzt keinen Raum, aber ganz aus dem Sinn verlor er ihn nicht mehr. Er hatte offiziell und privat mehrfach den Wunsch geäußert, Brasilien wieder zu besuchen; aber erst vier Jahre später erfüllte er sich ihm.
    Inzwischen waren, »um jeder Bürgerkriegsgefahr zu begegnen«, am 12. März 1938 deutsche Truppen in Österreich einmarschiert, war am 1. September 1939 der Zweite Weltkrieg ausgebrochen, hatten wenige Tage danach England und Frankreich an Deutschland den Krieg, Italien sich als »nichtkriegführend« erklärt. Am 1. Juni 1940 notierte sich Stefan Zweig ins Tagebuch: »Italien scheint ganz knapp vor dem Eingreifen zu stehen, es müßte ein Wunder geschehen, um es zu verhindern, oder ich sehe alles auf der schwarzen Seite … Dadurch auch die Reise nach Braz[ilia] im Gefahrenpunkt recht verschärft und erschwert, ich weiß aber nicht, wie mich entschließen und lasse die Würfel einfach rollen wie sie eben fallen – besorgt man mir alles, dann gut (oder schlecht), besorgt man sie [die Visa] nicht, dann eben nicht. Der eigene Wille wäre zu verantwortlich.« Dem Wunsch, zu reisen, stand die Unsicherheit im Politischen gegenüber, aber eben auch Stefan Zweigs die eigene Initiative in Grenzen haltende psychische Verfassung. Nach einigem Hin und Her erhielten er und seine zweite Frau Lotte, die er, nach der Scheidung von Friderike, Anfang September 1939 geheiratet hatte, die Einreisepapiere; am 25. Juni 1940 schifften sie sich auf der ›Scythia‹ nach New York ein; von dort fuhren sie, nach einigen Wochen Aufenthalt, am 9. August zu Vorträgen weiter nach Brasilien, Argentinien, Uruguay und noch einmal nach Brasilien, um schließlich am 23. Januar 1941 von Belém über Miami und Washington nach New York zurückzufliegen.
    Den September in New York hatte Stefan Zweig dazu genutzt, in den Bibliotheken sein Wissen über Brasilien, »eine der herrlichsten Landschaften der Erde …, diese einzigartige Kombination von Meer und Gebirge, Stadt und tropischer Natur«, »eine ganz neue Art der Zivilisation«, zu vertiefen. Er hatte sich entschlossen, diesem Land ein Buch zu widmen; er wollte es deshalb bei seinem neuerlichen Besuch noch anders erleben und betrachten. Der Empfang in Rio war herzlich, wenn auch nicht mehr so triumphal wie 1936. Die Vorstellung, jetzt hier mehr Ruhe zur Arbeit zu finden, trog zunächst nicht; die wenigen Vorträge, die er zu halten hatte, schränkten ihn nicht allzu sehr ein. Die Weiterfahrt nach Montevideo und Buenos Aires betrachtete er eher als eine Art dreiwöchigen Ausflug, weil er entschlossen war, anschließend den Norden Brasiliens zu bereisen, um danach sein Buch abschließen zu

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