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Brasilien: Ein Land der Zukunft

Brasilien: Ein Land der Zukunft

Titel: Brasilien: Ein Land der Zukunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Zweig
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diesem unbeschreiblich herrlichen Land, in dem ich noch Jahre bleiben möchte.« An dem Tag, an dem er dies an seine Frau Friderike schrieb, am 3. September 1936, verließ Stefan Zweig »die schönste Landschaft, die ich je gesehen«, zum ersten Mal, nachdem er sie, auf dem Weg zum PEN-Kongreß in Buenos Aires, einer Einladung der Regierung folgend mit offizieller, vom nationalen Schriftstellerverband, vom Verlag Guanabara wie vom Innen- und Außenministerium organisierter Fremdenführung kennengelernt hatte. Hans Carossa gegenüber hatte er vor Antritt dieser Reise bekannt: »Es ist ein alter Wunsch von mir, noch einmal diesen Teil der Welt zu sehen, ehe die Knochen morsch und die receptiven Organe träge werden. Auch innerlich soll es eine Pause sein.« Sein Werk war, seit etwa einem Jahrzehnt, seit 1932 von ihm autorisiert, in ganz Brasilien verbreitet. »Für die Brasilianer war er der Starautor der europäischen Literatur, und für seinen Besuch sollte alles in Bewegung gesetzt werden.« (Donald Prater) In einer Zwischenbilanz hatte er am 25. August an Friderike geschrieben: » … wie ich empfangen wurde, darüber wage ich nicht zu sprechen, ich bin hier eben 6 Tage Marlene Dietrich gewesen.« Alle Feierlichkeit und alle Zuvorkommenheit fanden im spontan geführten Tagebuch jedoch nicht den gleichen Niederschlag wie der Eindruck der Landschaft, vor allem die Wirkung von Rio auf ihn, den Reiseerfahrenen: »Morgens die Einfahrt: eine Herrlichkeit … Etwas Schöneres läßt sich nicht erdenken als dieses liebliche Auffächern einer Stadt … diese ondulierenden Linien haben etwas von der Gestalt einer Frau die den Wellen entsteigt, Venus Anadyomene.« (21. August) Der erste Eindruck bestimmte die folgenden: auf Stefan Zweig hatte Brasilien, zunächst vor allem gespiegelt in Rio de Janeiro und seinen Buchten und Stränden, eine Pathoswirkung – es rief eine romantische Reaktion hervor, ein seelisches Wohlbefinden in einer traumhaft wirkenden Landschaft. Land und Leute schienen ihm in völliger Harmonie übereinzustimmen, die durch die großen, vor allem sozialen Gegensätze durchaus nicht beeinträchtigt wurde. Sein Flanieren durch die Hauptstadt führte ihn über einen »Hügel, auf dem ein Luxushotel stehen könnte mit dem zauberhaftesten Ausblick auf den Hafen und die Bucht: da, wie Krätzen auf der nackten Haut des Felsens diese Armutshütten … von diesen troglodytischen Höhlen – auch ich liebe die Contraste – direct in das Ministerium des Äußeren, Abschied zu nehmen vom Staatssecretär: hier wieder die nobelste Pracht – welche Stadt, welche Stadt!« (Tagebuch)
    Ehrungen, enthusiastische Reaktionen auf seine Vorträge – »2000 Personen erheben sich mir zu Ehren, der ich mich furchtbar schäme und schwitze« – und »die Vorlesung der Legende [›Der begrabene Leuchter‹] – 1200 Leute überfüllen den großen Saal, es ist rührend, wie dankbar und begeistert die Menschen sind und ich habe die Genugtuung über sechstausend Milreis für die Flüchtlinge eingebracht zu haben« – empfand er durchaus als angenehm; »aber nicht das macht es, weiß Gott, daß mir das Land so gut gefällt – es ist einfach das Zauberhafteste, was es auf Erden gibt«. Das ihn Faszinierende war das Erlebnis dieser wohl unbestimmt erhofften Atmosphäre Brasiliens, sein Charme; das ihn Begeisternde jedoch war vor allen Dingen die Entdeckung der Realisation eines Ideals: »wie selbstverständlich die Rassen sich mischen«, wie Toleranz bei aller Gegensätzlichkeit der Temperamente und Elemente zur Selbstverständlichkeit geworden zu sein schien – auf Europäer mußte gerade dies nach dem 15. September 1935, nach der Inkraftsetzung der sogenannten Nürnberger Gesetze im nationalsozialistischen Deutschland, durchaus wie etwas Paradiesisches wirken. Daß solche Lichtseiten aber auch Schatten warfen, vermochte Stefan Zweig bei der Vielfalt der ihm gebotenen Bilder von Brasilien nicht unmittelbar zu erkennen; er wollte es vermutlich auch gar nicht, war er doch mit dem Vorsatz aus Southampton abgereist, im Land des Präsidenten mit diktatorischen Vollmachten Getúlio Vargas wirklich Politisches nicht allzu sehr an sich herankommen zu lassen, vor allem aber »unserem verrückten Europa für einige Zeit den Rücken zu kehren, vor dem Triumph Hitlers, der durch die Dummheit der englischen Politik und den Mangel an Disziplin in der französischen Linken vorbereitet wird«. (An Romain Rolland, 4. Juli

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