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Brasilien: Ein Land der Zukunft

Brasilien: Ein Land der Zukunft

Titel: Brasilien: Ein Land der Zukunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Zweig
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nicht kannte, wie jede exotische Ware im Handel sehr gesucht.
    Einen regulären Export des »pau-brasil« selbst zu übernehmen, ist die portugiesische Regierung zu beschäftigt. Für sie, die ihre ganze militärische und maritime Kraft einsetzt, die Schatzkammern der indischen Fürsten aufzusprengen, bedeutet das Holzmonopol ein zu kleines und anderseits mühsames Geschäft. Der Umschlag ist zwar lohnend. Für ein Quintal [60 kg] dieses Färbholzes, das sich in Lissabon mit allen Frachtspesen und Risiken auf einen halben Dukaten stellt, kann man in Frankreich oder auf den holländischen Märkten zweieinhalb oder drei Dukaten lösen. Aber die Krone braucht für ihre größeren und großartigen Unternehmungen rasch ausmünzbaren Gewinn. So zieht sie es vor, das Holzmonopol an einen der reichsten unter den »cristãos novos«, an Fernando de Noronha gegen Barzahlung zu verpachten, der dann gemeinsam mit seinen geflüchteten Glaubensbrüdern in Pernambuco den Handel organisiert. Aber auch unter seiner Führung bleibt es ein Handel in kleinen Dimensionen und kann keinesfalls einer werden, der zu geregelter Kolonisierung und zur Etablierung großer Faktoreien anreizen könnte. Ein bloßer Färbstoff reicht nicht aus, um eine Besiedlung dieses immerhin weitabgelegenen Landes in Schwung zu bringen. Soll sich Brasilien als produzierender Faktor im Weltmarkt entwickeln, so muß man zuvor ein neues und ergiebigeres Absatzprodukt finden und der kurze Zyklus des »pau-brasil« von einem geschwinder und gewichtiger umlaufenden abgelöst werden. Ein solches Produkt besitzt nun Brasilien – oder vielmehr jener schmale Streifen an der Küste, der bisher erforscht ist – zur Zeit seiner Entdeckung noch nicht. Um fruchtbar zu werden für die europäische Wirtschaft, muß dieses Land zuerst von Europa befruchtet werden. Alles was in seinen üppigen Zonen wachsen und gedeihen soll an Pflanzen und Produkten, muß erst umgesiedelt und angesiedelt werden, und dazu bedarf es überdies noch eines besonderen Düngers, des Menschen. Von der ersten Lebensstunde an ergibt sich für Brasilien der Mensch, der Kolonist, der Siedler in der Form des belebenden, befruchtenden Elements als die notwendigste aller Notwendigkeiten. Was Brasilien hervorbringen soll, muß ihm von Europa gebracht und gelehrt werden. Aber alles, was ihm dieses leihen wird an Pflanzen und Menschenkräften, gibt die neue Erde dann mit tausendfacher Verzinsung dem alten Erdteil zurück. Indes also die überseeischen Länder des Orients, in denen aufgestapelte Schätze zu holen, zu rauben, zu greifen sind, für Portugal zunächst ein Eroberungsproblem darstellen, erweist sich dieses noch völlig unorganisierte Land von Anfang an als ein Kolonisationsproblem, ein Investitionsproblem.
    Als ersten Versuch einer solchen Überpflanzung und Anpflanzung eines in Brasilien nicht heimischen Produkts bringen die Portugiesen von Kap Verde das Zuckerrohr herüber. Und gleich dieses früheste Experiment gelingt vollkommen – immer vollbringt die Natur in Brasilien in überschwenglicher Weise jede ihr zugemutete Leistung. Das Zuckerrohr bedeutet ein absolut ideales Produktionsobjekt für ein noch unorganisiertes Land, weil seine Pflanzung und Ausbeutung nur die allergeringste manuelle Arbeit erfordert und keinerlei Vorbildung. Kaum in die Erde gepflanzt, schießt hier die Staude, ohne weitere Wartung zu verlangen, doppeldaumendick empor, und dies sechsmal und zehnmal im Jahr; mit den einfachsten, leichtesten Methoden entpreßt man ihr den kostbaren Saft. Es genügt, das Zuckerrohr zwischen zwei Holzrollen zu legen; zwei Sklaven – da ein Ochse zu teuer wäre – umwandern in einer Art Tretmühle den waagerechten Schwengel. Ihr unermüdlicher Rundgang preßt immer wieder und wieder die Rollen zusammen, bis die letzte Unze Sirup dem Stengel entrungen ist. Dieser weiße, klebrige Ausfluß wird dann verkocht und zu Klumpen und Zuckerhüten geformt, die ausgelaugten Stengel dienen dann noch als Maische, die verbrannten Blätter als Asche der Landwirtschaft. Diese erste und primitivste Fabrikationsmethode verbessert sich in vielfachen Versuchen; bald werden die »engenhos«, solche kleine Fabriken, an Wasserläufen angelegt, um statt der menschlichen Kraft die hydraulische zu verwerten. Aber in allen Formen bleibt die Zuckergewinnung ein Prozeß bequemster Art und überdies der denkbar ergiebigste. Mit einer erstaunlichen Geschwindigkeit verwandelt sich der weiße Zucker, den die schwarzen

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