Brasilien
deine Sklavin zu sein.» Sie stemmte sich gerade weit genug in die Höhe, um mit ihrer Zunge über eine seiner Brustwarzen zu flattern. Ungeachtet seines herrscherlichen Zorns begann sich der kostbare, kleine, sinnlose Knopf zu versteifen.
«Unsere Geschicke sind miteinander verschmolzen», sagte er, als verkünde er sein eigenes Todesurteil, dann verpaßte er ihr einen Schlag mit der flachen Hand, der ihren Kopf von seiner Brust wegschleuderte. «Du hast diesen Trottel an deine Fotze gelassen. Was ist, wenn er dich geschwängert hat?»
«Ich hab nicht drüber nachgedacht. Ich wollte ihn dort haben, wo ich ihn nicht sehen kann, und dich wollte ich dort, wo ich alles sehen und schmecken konnte.»
«Dann wird dir auch das hier schmecken», sagte er und schlug sie wieder, aber mit der offenen Hand, um keine Spur zu hinterlassen, ganz anders als bei den Frauen, gegen deren Wangen er die Rasierklinge drückte. Wie er es geschworen hatte, wollte er ihr nichts Böses antun. Zwar schlug er sie in dieser Nacht, aber er tat es voller Umsicht, nur auf die Oberarme und die Arschbacken, und zwischendurch fickte er sie, wann immer sie sich an seine Härte, an die neuerstarkten Zuckungen seiner Männlichkeit klammerte.
«Wenn ich einen Fehler gemacht habe», wagte sie schließlich, tief in dieser langen Nacht ihrer gegenseitigen Durchdringung, zu flehen, «dann geschah es nur aus Liebe zu dir, Tristão. Ich weiß nicht mehr, wie man selbstsüchtig ist.»
Er schnaubte in der Dunkelheit, und ihr Kopf, der an seiner Brust lag, wurde geschüttelt. «Für einen Mann ist die Liebe, der Verzicht auf jede Selbstverteidigung im Krieg aller gegen alle, etwas Selbstloses», sagte er zu ihr. «Für eine Frau ist die Liebe selbstsüchtig, denn zu lieben ist ihre Natur, und das Geben und Nehmen ist alles für sie, wie das Rein und Raus beim Vögeln für einen Mann. Sie kann auf Liebe sowenig verzichten wie ein Mann auf Haß.»
Demütig geworden, an ihn geschmiegt in der Dunkelheit (die in diesem hohen Hotelzimmer niemals absolut war, denn das Licht des allumgebenden São Paulo sickerte herein und glimmte fort wie ein Bildschirm, der auch nach dem Ausschalten noch leuchtet), dachte sie, während Prellungen auf ihrem Körper brannten wie die Küsse eines wilden Tieres: Mein Gott, kann es denn wahr sein, daß wir beschenkt sind mit diesem Strom von Liebe, der wie Milch aus jeder Pore dringt, und die Männer haben statt dessen nur die schnelle Lust ihres Ergusses, dieses kurze und klebrige Spritzen, bei dem sie wimmern, als würden sie verwundet? Es war so jäh und spitz, verglichen mit dem endlosen Strömen aus einer Frau. Dieses Geben, dieses Ausfließen, dieser Nebel der Liebe, der aufstieg aus dem See ihrer Selbst, war gleichzeitig ein Umschlingen, ein lüsternes Verzehren, denn die Liebe nimmt jede Kleinigkeit des Geliebten in sich auf, so wie die sagenhaften Kannibalen des Amazonas die Gehirne von ihresgleichen essen. Allein schon seinen Namen auszusprechen, ihre Stimme in den nasalen Klang am Ende sinken zu lassen, bereitete Isabel ein wollüstiges Vergnügen. In dieser langen Nacht, in der sie kaum schlief, in der sie mehr als einmal von Tristãos immer sich erneuernder Gewalt geweckt wurde, mit der er sein Sperma in sie pumpte, um den Samen des anderen Mannes zu vertreiben und zu töten, lernte sie mit jener begeisterten Gier, mit der junge Liebende ihre Lektionen in sich hineinfressen, dies: daß die kleine, leise Flamme, die sie in ihm entzündet hatte, die ihr Gesicht und ihren Namen selbst in seinem Schlaf erhellte, nicht mehr ausgeblasen, nur noch zum Flackern gebracht werden konnte wie eine Votivkerze vom Luftzug der sich öffnenden Tür am anderen Ende des Kirchenschiffes, ganz gleich, welche Ereignisse über ihren biegsamen, unverwüstlichen Leib hereinbrachen. Eines Tages, und sehr bald schon, würde er selbst auf die Idee kommen, so prophezeite sie im stillen, den Pagen wieder auf ihr Zimmer zu bitten.
7. Chiquinho
Tristão begann sich unwohl zu fühlen wie einer, der nur von Süßigkeiten lebt. Ihm sollte es recht sein, wenn der Packen Cruzeiros endlich aufgebraucht war und er und Isabel ins feindliche Leben hinaus mußten, wo er ihr Verteidiger sein würde. Um für diesen Augenblick gewappnet zu sein, verstärkte er die Suche nach seinem Bruder Chiquinho. Er hatte keine Adresse bekommen, und die Stadt war ein riesiges Labyrinth ohne Küste oder Berge, an denen man sich orientieren konnte. Ganze Stadtviertel wurden nur
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