Brasilien
seiner Wurzel, sie züngelte an seinem After, sie trank seinen Samen. Nachdem sie etliche einschlägige Szenen auf dem Pornokanal studiert hatte, kam sie zu dem Schluß, daß es für Tristão die Erfüllung sein müsse, sie mit einem zweiten Mann zu teilen und durch sie als Medium mit dem anderen zu kommunizieren. Ihre Wahl fiel auf den Hotelpagen, der auf den Boden vor der Zimmertür gespuckt hatte, einen braunen, breitgesichtigen Burschen, der sie an Euclides erinnerte. Mit seinen mandelförmigen Augen versuchte er schüchtern, für einen fragenden Sekundenbruchteil, Kontakt mit ihr zu knüpfen, wann immer sie die Hotelhalle betrat. Nun beschrieb sie ihm errötend ihren Wunsch und erkaufte seine Einwilligung mit Hilfe des dahinschmelzenden Cruzeiro-Päckchens. Tristão war schockiert, als sie ihm ihren Plan eröffnete – fünf Minuten, bevor der verlegene Page, jetzt ohne Uniform, mit einem rührend frischgebügelten Hemd und einer Freizeithose aus Polyester bekleidet, an ihrer Zimmertür erschien.
Sie fürchtete, daß Tristão den Jungen hochkant hinauswarf, doch galant und allen ihren Wünschen dienstbar, wie er war, ließ er dem Geschehen seinen Lauf und spielte die ihm zugedachte Rolle. In Spiegeln, die rund um den Schauplatz arrangiert waren, sah Isabel ihren weißen Leib eingekeilt zwischen Braun und Schwarz, eine Brücke aus Fleisch, auf der der Verkehr in zwei Richtungen ablief. Doch selbst im Augenblick des technischen Triumphs, des doppelten Orgasmus, als die Zuckungen des Fremden in ihrer Scheide pochten und Tristão säuerlich in ihr Gesicht explodierte, fühlte sie deutlich, daß dieses Experiment ein Fehler gewesen war. Es gab Grenzen, die nicht ihr allein gehörten. Der junge Bursche, dessen Gesicht Scham bezeugte und dessen Körperhaltung Stolz, blieb noch einen peinvollen Augenblick lang im Zimmer stehen, als warte er auf ein Trinkgeld oder auf die Einladung, wiederzukommen, dann spürte er die Gefahr, die in Tristãos Blick lauerte, und suchte das Weite. Er war ihr erster Seitensprung gewesen.
Majestätischer Hochmut war Tristãos Reaktion auf diesen Auftritt, den sie inszeniert hatte, und alle ihre Tränen und verzweifelten Entschuldigungen reichten nicht hin, den Turm zu schleifen, zu dem er geworden war. Draußen versanken die zahllosen Bauten São Paulos in der Dämmerung, und nur wenige fahle Lichter gingen in den Fenstern an, als lebte in jedem dieser Zimmer ein Paar in Streit und Sorgen wie sie.
«Du hast mich besudelt», sagte er. «Niemals hättest du dich vor einem Mann aus deinen eigenen Kreisen so zur Hure gemacht. Du meinst, weil ich schwarz bin und aus der favela komme, habe ich kein Schamgefühl und bin kein zivilisierter Mensch.»
«Ich wollte dir einen Gefallen tun», schluchzte Isabel. «Ich weiß vom Fernsehen, was die Männer wollen. Ich habe versucht, unsere Liebe durch die Gegenwart eines Zeugen zu bereichern. Glaubst du etwa, ich habe mich nicht erniedrigt gefühlt? Mir hat gegraust, als ich ihn in mir spürte. Aber deine Lust ist meine Lust, Tristão.»
«Ich habe nicht viel Lust empfunden», sagte er versteinert, nachdem er sich alle Kissen des gemeinsamen Bettes, ihre und seine, in den Rücken gestopft hatte. Er trug nur die Hosen seines Seidenpyjamas und sah aus wie eine Frau in Haremstracht. «Du dagegen, du hast deine Lust gehabt, nämlich die Lust, eine Nutte zu sein. Du hast dich in die warme Scheiße gelegt, porra von vorn und von hinten.»
«Sim! Sim!» rief sie und ließ sich, wie von einer jähen Erleuchtung gefällt, flach auf das Bett neben ihn fallen. Sie demonstrierte das Ausmaß ihrer Selbstverleugnung, indem sie für ihren Kopf nicht einmal den Zipfel eines einzigen seiner vielen Kissen beanspruchte, sondern ausgestreckt liegenblieb wie eine Tote im Leichenschauhaus. «Ich bin eine Nutte, ich bin schlimmer als deine Mutter, die ihre Armut als Entschuldigung hat.»
«Du glaubst, ich bin Scheiße wegen meiner Hautfarbe. Wie dieser Lackaffe von Portier im Othon Palace. Du glaubst, ich komme von so weit unten, daß ich noch nie von Ordnung und Ehre gehört habe. Aber Hoffnungen auf eine Ordnung und auf Ehre gibt es überall – die Geister selbst bringen sie uns. Wir alle wissen, was Ordnung und Anstand und Ehre bedeuten, auch wenn wir sie nie zu sehen bekommen.»
«Laß mich deinen Engelskörper küssen, Tristão, überall. Sag mir, was ich tun muß, um deine Liebe – nein, das wage ich nicht zu sagen, sondern: um deine Erlaubnis wiederzugewinnen,
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