Brasilien
gut wie jede andere sein, um meinen Lendenschmerz zu lindern.» Das breite Schwert in der rechten Hand noch hoch erhoben, begann er mit der Linken, an seinem Hosenleder zu nesteln.
Isabel wollte sprechen, aber die Angst schnürte ihr die Luftröhre zu. Ein mörderischer Gestank quoll aus Josés Mund, als er näher rückte und ihr drohte: «Eine Bewegung, bei der heiligsten Gottesmutter, und du bist deine Arme los, wie diese andere Hexe hier. Die Fotze soll dir gestopft werden, eh du zur Hölle fährst, damit du einen aufrechten Christen im Leib hast, der dem Satan ins Gesicht furzt!»
Isabels Herz hämmerte in ihrer Brust, als wollte es seinen zerbrechlichen Käfig sprengen. Was sollte sie tun – sich ihm jetzt ergeben und im Augenblick der Entspannung, der sicher folgen würde, die Flucht ergreifen oder auf die Überraschung setzen und wie ein Blitz unter dem erhobenen Schwert hindurchtauchen? Es war schwer wie eine Machete und würde einen Augenblick brauchen, ehe es sich zu einem Hieb in Bewegung setzte. Inzwischen war der Hosenlatz der Bestie geöffnet, und ein schmutziges, graues Würstchen kam zum Vorschein, so knubbelig und kurz wie bei dem armen kleinen Salomão und weit von jeglicher Versteifung entfernt. Ein Schatten von Verlegenheit huschte über Josés Mörderfratze. «Runter mit dir, Dreckstück», sagte er.
Ein Gestank nach überreifem Käse stieg von seinem Geschlechtsteil auf. Sie zwang sich nach unten, aber noch ehe ihre zitternden Knie ihr gehorchten, tauchte hinter José ein großer, bärtiger Weißer auf, der unter kurzem Zischen der Luft und sattem Krachen der Schädeldecke ein langstieliges Beil in den Kopf des bandeirante trieb. José fiel ihr vor die Füße und zuckte in einem letzten Krampf wie ein Fisch auf dem Trockenen. In der Waffe, die in seinem Schädel steckte, erkannte sie die rostige Axt wieder, die zum Aushöhlen der Pirogen verwendet worden war, aber ihr hellhäutiger Retter mit der schlanken Gestalt, der hohen Stirn und den melancholischen braunen Augen war ihr fremd. Oder doch nicht? Sein Bart war weicher Flaum, aber die Lippen darin hatten einen Zug von wehmütiger Entschlossenheit, den sie genau kannte.
«Tristão!» rief sie mit leiser Stimme. In dem Versuch, nicht das Bewußtsein zu verlieren, sank sie nun tatsächlich auf ihre Knie.
Der Weiße sagte: «Du nichtsnutzige schwarze Hure – du hättest diesem Bastard tatsächlich einen geblasen», und dann ohrfeigte er sie, so hart, daß sie in den Sand fiel, neben die Leiche des bandeirante. Nur eine Handbreit vor ihren Augen quoll Josés purpurnes Gehirn, klumpig wie ein mit roter Bete durchtränkter Reispudding, aus dem schrecklichen Spalt in seinem Schädel. Seine Augen waren nach oben verdreht, genau wie bei dem Gekreuzigten, der über Antônios Bett gehangen hatte. Schon stürzten sich Schwärme von Fliegen auf ihn. Sobald sie sich niedergelassen hatten, ruckten ihre rotierenden kleinen Köpfe geschäftig auf und nieder und sogen die herrenlos gewordenen Säfte seines Körpers in sich auf.
Von den Extremen der Gefühle – Ekel, Schrecken, Staunen und Erleichterung – überfordert, begann Isabel zu weinen. Sie spürte den Blick des anderen auf sich, wie sie in der vergangenen Nacht Ianopamokos Liebkosungen auf ihrer Haut gespürt hatte, wie Regen.
«Woher kennst du meinen Namen?» Die Stimme ihres Geliebten war etwas höher geworden, weniger rauh und flacher in der Melodie, wie eine achtlose, weiße Stimme, die es gewohnt ist, daß man ihr folgt. Er versuchte, sich für die Ohrfeige zu entschuldigen. «Dich seiner Schändlichkeit zu beugen hätte dein Leben um höchstens fünf Minuten verlängert. Unbesudelt stirbt es sich leichter. Wann werdet ihr endlich lernen, was Stolz ist? Das Indianermädchen hat ihm lieber ins Gesicht gespuckt, statt sich zu ergeben.»
Sie hörte auf zu weinen und blickte anklagend zu dem Mann empor: «Tristão, wie kannst du mich nicht erkennen? Ich habe mich schwarz machen lassen, damit du weiß sein kannst. Ein Schamane hat es getan, weit im Westen, wo man Berge sehen kann, deren Gipfel ganz aus Eis sind.»
Er kauerte sich neben ihr nieder. Seine Yamswurzel beulte die Hose zwischen seinen Beinen aus, seine alte Badehose. Er berührte ihre Haare, ihre glänzende Schulter, die Spitze ihrer Hüften, ihre lange, glatte Flanke, ihre muskulösen Oberschenkel: «Isabel? Bist du das?» Mit zitternden Fingerspitzen erkundete er ihre aufgeworfenen, vollen Lippen, die seltsame, doppelte Kontur,
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