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Brasilien

Brasilien

Titel: Brasilien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
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unter dem Kinn und Bäumen aus Gebein auf den Köpfen und Wesen mit langen Mähnen, die ihre Beute mit der Nase aufsogen, weil sich lange, gewundene Zähne vor ihren Mäulern überkreuzten. Immer floh dieses Wild zum Horizont und führte die Menschen über einen schmalen Streifen Land, der auf beiden Seiten vom Ozean umgeben war – dem Ozean, den nicht Monan geschaffen hatte, sondern der von dem Regen übriggeblieben war, mit dem er das große Feuer seines Zorns über die Menschen vor Irin-Magé, dem Vater der ersten Maira, gelöscht hatte. Diese Menschen waren nicht genau das, was wir heute als Menschen bezeichnen, aber wir nennen sie so. Das Feuer wurde Tatá genannt. Die Wasser hießen Aman Atoupave. Monan hatte Menschen auf die Erde gesetzt, damit sie ihn preisen und für ihr Dasein dankbar sein sollten, aber statt dessen wollten sie nur ficken und cauim saufen. Das neue Land war unermeßlich groß, aber die Menschen brauchten es auf und erschlugen alles Getier und sich selbst gegenseitig und vergaßen Monan. Sie kamen zu einer neuen, schmalen Landbrücke zwischen den endlosen blauen Weiten von Aman Atoupave. Die Menschen überquerten sie, und niemand trat ihnen entgegen, um ihrem Vormarsch zu wehren. Viele hohe Bäume fanden sich in diesem neuen Land und Faultiere, die mit dem Kopf nach unten hingen und so lange schliefen, wie ein Mensch lebt, und große Gürteltiere mit Steinen in den Schwänzen und kleine Fische in den Flüssen, die eine Kuh schon aufgefressen hatten, ehe sie noch vor Schmerzen blökte. Die Menschen verteilten sich zwischen den Blumen. Sie jagten und fischten. Sie hackten Maniokwurzeln und gewannen Arzneien aus den Bäumen und woben Kleider aus Federn. Hier hatten sie Frieden. Hier hatten sie Raum. Hier waren die Menschen glücklich. An einem früheren Ort hatte Monan die Frau erfunden. Jetzt, an diesem Ort, ließ er den Menschen seine letzte und größte Segnung zuteil werden: Er erfand die Hängematte. Nur Tupan, der unsichtbar am Himmel donnerte, und Jurupari, der unsichtbar im Wald umging und stank, erinnerten die Menschen an die Zeit und daran, daß sich alle Dinge wandeln.
    Jeden Vormittag wurde der Vorgang wiederholt, und zwar jedesmal mit anderen Mustern, so daß die Zwischenräume von unbemalter, bleicher Haut immer winziger wurden. Nach jedem zermürbenden Auftragen einer neuen Schicht war Isabel lückenloser mit der Farbe von genipapo bedeckt. Am siebten Tag war sie überall an ihrem Körper, ausgenommen nur die Handflächen und Fußsohlen, die Haut unter den Fingernägeln und die Innenseite ihrer Augenlider, in einem schwärzlichen Braun gefärbt, das dunkler war als geröstete Kaffeebohnen, aber heller als ein starker Kaffeeaufguß. Selbst ihre Schamlippen, so stellte sie überrascht fest, hatten den purpurnen Farbton von genipapo angenommen. Ihr Affchengesicht mit den aufgeworfenen Lippen und der Stupsnase strahlte seine listige Lebenslust jetzt unverhüllter und umfassender aus. Ihr platinblondes Haar war Strähne für Strähne mit schwarzem Gummiharz eingerieben worden, wieder und wieder, bis es drahtig und kraus geworden war. In seiner neuen Ebenholzhütte zeigte ihr Körper die sehnige Muskulatur, die ihr die Arbeitsfron als dritte Frau in Antônios Harem eingetragen hatte – die Streckung eines geschwellten Oberschenkels und die harten Wölbungen von Wade, Hinterteil und Brust, die sich gegen den Raum stemmten und sich bewegen, ausgreifen, unter ihrer Haut rollen wollten. Nackt wie vorher, wirkte sie jetzt weniger nackt. Sie trug einen Glanz, eine hauchdünne, biegsame Schicht wie die dunkle Abscheidung eines Metalls in der Elektrolyse. Ihr Haar, das einst lose über ihren Rücken gehangen hatte, war jetzt kurz geschnitten und zu einem Kissen rund um ihren Schädel aufgerichtet wie Tejucupapos Kopfschmuck aus Papageienfedern. Ihr Äußeres verriet jetzt mehr von jenem Krieger, von dem Tejucupapo gesagt hatte, daß ihr Geschlecht ihn verberge.
    Ihre Augen waren immer noch graublau. «Die Augen sind die Fenster der Seele», sagte der Schamane zu ihr. «Wenn deine Seele schwarz wird, dann werden ihr die Augen folgen.»
    Zum Abschied gab er ihr eine Warnung mit: «Du mußt dir jetzt einen Beschützer suchen. Du bist nicht mehr Maira. Deine Haut hat aufgehört, magisch zu sein.»
    «Und deine Magie, Tejucupapo – können wir sicher sein, daß sie gewirkt hat … auch anderswo?»
    Sie zögerte, in Ianopamokos Gegenwart von dem Wunder zu sprechen, das sie erfleht hatte. Sie

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