Brasilien
untermauern wollte.
Ianopamoko berührte Isabel am Oberarm und ließ die Finger abwärts gleiten, um sie an ihre Haut zu erinnern. «Geliebte Herrin, ich fürchte, daß mir eine Verteidigung durch dich nichts mehr nützen würde. Du vergißt, wie sich dein Äußeres verwandelt hat. Wenn sie dich sehen, wird ihr erster Gedanke der sein, dich zur Sklavin zu machen, wenn nicht sogar als bösen Dämon zu erschlagen. Was die Esser des Gürteltierdarms nicht verstehen, das müssen sie töten. Der Christengott hat ihre Welt so eng gemacht, daß sie nur mit dem Schwert und diesem schrecklichen Eifer darin leben können. Heute nacht werden wir miteinander schlafen, und morgen, in aller Frühe, sehe ich nach, was mit dem Dorf passiert ist.» Die sanfte Haut des sepiabraunen Mädchens, auf der die verwobenen Spitzenmuster der Bemalung während der langen Reise ausgebleicht waren, irrte die ganze Nacht lang über Isabels Körper, wie ein leichter Regen, der zwischen den Blättern raschelt.
Als die Morgendämmerung sie weckte, war sie mit Tau bedeckt, und Ianopamoko war fort. Als der Sonnenstand die Mitte des Vormittags anzeigte, war Ianopamoko noch immer nicht zurück. Isabel schlich vorsichtig in Richtung des Dorfes, ihren Speer in der Hand, am Rand der Maniok- und Bohnenfelder entlang, bis sie zu der Stelle kam, wo die langgestreckte Hütte gestanden hatte und jetzt nur noch Aschenreste und verkohlte Stämme zu sehen waren, verstreute Palmblätter und Kalebassen, eingehüllt in den süßlichen Gestank des Todes. Die Körper von mehreren Indianern, mit Schwertern zerstückelt und von Tieren zerfetzt, hatten lange genug dagelegen, um nichts Menschenähnliches mehr an sich zu haben; sie waren eingetrocknet wie xarque. Auf der festgetretenen, gefegten Erde des Vorplatzes zwischen der Versammlungshütte und Antônios Haus fand Isabel die frische Leiche von Ianopamoko, deren grazile Arme vom Rumpf abgeschlagen worden waren. Der See von Blut, in dem der verstümmelte Körper lag, war teils noch flüssig und von einem schamlosen Hibiskusrot, dem die Spiegelung des blauen Himmels einen Purpurhauch verlieh. Wer hätte gedacht, daß Ianopamokos kleiner Körper so viel Blut enthielt? Eine schwirrende, wirbelnde Wolke aus Sandfliegen und Augenleckern nährte sich von dem gerinnenden See, ihr vielstimmiges Summen laut wie ein Triumphgesang. Überall auf Ianopamokos zartem, breitwangigem Gesicht, auch auf den offenen Augen, saßen die Insekten und flogen wieder auf und bildeten rasch wechselnde Muster, die ihrer verblichenen Bemalung ähnelten.
«Bei allen Wundern Gottes – eine Negerhure!» donnerte eine urtümliche Baritonstimme in ihrem Rücken auf portugiesisch. Isabel fuhr herum und sah José Peixoto, der mit erhobenem Schwert auf sie zusprang. Sein hutloses Gesicht war verzerrt und sonnenverbrannt, sein gepolsterter Brustpanzer schien sich aufzulösen und spuckte verfilzte Baumwollfasern nach allen Seiten. Er hatte soviel an Gewicht verloren und war unter dem Eindruck der jüngsten Ereignisse so gealtert, daß er seinem Bruder Antônio glich. Sie hob den Speer, aber schon hatte er ihn mit einem Schwertstreich in zwei Stücke gehauen, so knapp vor ihrem Gesicht, daß sie den Luftzug spürte.
«Was hat dich hierhergeführt, du schwarzes Malefiz?» brüllte er. «Steckst du wohl mit den Verrätern unter einer Decke, die sich mit meinem lästerlichen Bruder verbündet haben? Schwarz wie Hottentottenmilch, aber in deinen Augen dieses unheimliche Blau. Was ist da so vertraut und jungfernhold in deinem Blick, du Schlange? Gnade! Merda! Dieses verfluchte Indianerpack, wir hacken es in Stücke und hacken und hacken, und immer wieder erheben sie ihr Haupt – sie haben uns ihre höllischen Verbündeten gesandt, die schwarzen Teufel, wo wir doch nur um ihr ewiges Heil besorgt waren, diese gottverdammten bugres! »
Er war trunken, bemerkte sie, wenn nicht vom cachaça, dann vor Erschöpfung und Verzweiflung. Das Blut seiner Carijo-Mutter hatte nicht ausgereicht, um ihn gegen den Schrecken der Wildnis, wenn er ihm allein gegenüberstand, zu wappnen. Er führte Selbstgespräche wie ein Mann, der das Geheimnis eines Fluchs enträtselt hat, um dahinter einen neuen Fluch zu entdecken. Mit verschwommenen Augen starrte er Isabel an, dann war sein Entschluß gefaßt: «Auf dem Sklavenmarkt in Bahia würdest du ein Milreis bringen, negrinha, aber mir ist alles zum Feind geworden, was lebt. Ehe ich dein Rätsel aus der Welt schaffe, wirst du mir so
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